Alt 04.07.13, 12:14
Standard Vorsichtiger Optimismus vor Mario Draghis Auftritt
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Es ist mal wieder Notenbanktag. Die Finanzmärkte setzen auf die Unterstützung der Europäischen Zentralbank und zeigen sich kurz vor deren Sitzung in Frankfurt von ihrer freundlichen Seite. Der DAX, der in den vergangenen beiden Tagen knapp zwei Prozent verloren hat, erholt sich um 0,6 Prozent auf 7.880 Punkte. Nach dem starken Zinsanstieg portugiesischer Anleihen am Vortag sorgt zudem die erfreuliche Aufnahme spanischer und französischer Bondemissionen durch Investoren für etwas Erleichterung. Der Euro-Stoxx-50 steigt um 0,8 Prozent auf 2.591 Punkte.

In Lissabon, wo die Börse am Vortag wegen der politischen Spannungen in der Regierung um mehr als 5 Prozent eingebrochen war, erholt sich der Leitindex um 2,3 Prozent. Die portugiesischen Renditen kommen zwar von ihren Höchstständen deutlich zurück, ziehen aber bis zum Mittag wieder etwas an. Zehnjährige Portugalanleihen rentieren aktuell mit 7,4 Prozent.

Bereits kurz vor der EZB treffen sich die Notenbanker in London. Sie dürften das aktuelle Zinsniveau von 0,50 Prozent bestätigen und auch an den Wertpapierkäufen von 375 Milliarden Pfund Sterling nichts ändern. Das Pfund Sterling neigt am Mittag gegen den Euro und den US-Dollar zur Schwäche.

Über das Wohl und Wehe an Europas Börsen dürfte am Donnerstag jedoch erst die EZB-Sitzung und die anschließende Fragerunde mit deren Präsident Mario Draghi um 14.30 Uhr MESZ entscheiden. "Inzwischen rechnet der Markt (...) wohl bereits mit einem sehr taubenhaften Kurs der EZB, was es Draghi schwer machen dürfte, die Erwartungen zu übertreffen, es sei denn, er senkt direkt die Zinsen", sagt Christoph Rieger von der Commerzbank. Zwar gebe es noch immer Spielraum für Zinssenkungen; die jüngst erfreulichen Einkaufsmanager-Indizes aus der Eurozone sprächen jedoch gegen einen solchen Schritt.

Enttäuscht also Mario Draghi die Märkte, dann könnten den Börsen und auch der Euro wieder den Rückwärtsgang einlegen. Die Gemeinschaftswährung pendelt zum US-Dollar nach der Erholung vom Vortag unentschlossen um die Marke von 1,30. Zum Yen hat der Euro leicht abgewertet. "Ein zu zurückhaltendes Auftreten (des EZB-Präsidenten) könnte schnell zu Enttäuschung führen", merkt die Metzler Bank an. In diesem Fall dürfte der Euro erneut verkauft werden.

Am Euro-Rentenmarkt bewegen sich Bundesanleihen kaum von der Stelle, auch hier lautet das Motto Abwarten. Zehnjährige französische Staatspapiere geben trotz der guten Aufnahme der neuen Anleihen im Volumen von knapp 8 Milliarden Euro leicht nach. Im Interbankenhandel mit Euro-Liquidität fließt unverändert Geld ab. Am Mittwoch waren es per Saldo fast 18 Milliarden Euro weniger als am Dienstag. Christoph Rieger von der Commerzbank rechnet auch wegen dieser Abflüsse mit einem starken verbalen Entgegenkommen der EZB gegenüber den Finanzmärkten, die auf die Karte Liquidität setzen.

In den USA feiert man den Unabhängigkeitstag, die Börsen sind geschlossen. An den europäischen Handelsplätzen führt der Automobilsektor mit einem Plus von 2 Prozent die Gewinner an. "In den USA läuft der Absatz weiter gut und in China stabilisiert sich die Lage", sagt ein Händler. Die Kursgewinne reichen von 1,1 Prozent bei BMW über 2,2 Prozent für Renault bis zu 8,4 Prozent für Peugeot-Citroen. Letztere profitiert vor allem davon, dass Goldman Sachs die Aktie auf eine Kaufliste genommen hat.

Auch Bankenaktien sind gesucht, sie verteuern sich im Schnitt um 0,8 Prozent. Hier dürften Investoren auf die Unterstützung durch die EZB setzen. Die Banken sind wegen geringen Eigenkapitals auf die Liquiditätsspritzen der Zentralbank dringend angewiesen.

Gegen diesen Aufwärtstrend setzen Commerzbank-Aktien den freien Fall fort, sie fallen um 2,4 Prozent auf ein neues Rekordtief. "Die Baisse nährt die Baisse", sagt ein Händler zum anhaltenden Kursverfall. "Das ist die Macht der Kapitalerhöhung", sagt ein weiterer Händler. Bei der jüngsten Kapitalerhöhung im Mai wurden 555 Millionen neue Aktien zugeteilt. Und selbst diese Späteinsteiger müssen nach nur gut zwei Monaten schon einen Wertverlust von rund einem Viertel hinnehmen.

Erst hat sich der Pharmagroßhändler Celesio von seinem Vorstandsvorsitzenden Markus Pinger verabschiedet, und nun verabschieden sich die Anleger von der Aktie: Sie verliert 8,6 Prozent und avanciert damit zum größten Kursverlierer unter Deutschlands Standardwerten. Der Aufsichtsrat entschied, den ehemaligen Nivea-Manager mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Grund seien "unterschiedliche Auffassungen zur Führung des Unternehmens".

Kontakt zum Autor: benjamin.krieger@dowjones.com
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