Alt 13.04.12, 11:50
Standard Gegenwind aus Italien und Spanien
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FRANKFURT (Dow Jones) - Nach einem kaum veränderten Start kommen die Kurse an Europas Börsen bis Freitagmittag unter Druck. Der DAX verliert 0,9 Prozent auf 6.684 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es um 1,3 Prozent auf 2.323 Punkte nach unten. Ein Grund für die plötzliche miese Stimmung: Italiens Industrieproduktion ist im Februar um 0,7 Prozent zurückgegangen. Erwartet wurde für das unter einem Schuldenberg ächzende Land jedoch ein kleines Plus von 0,1 Prozent. Der Mailänder Leitindex verliert 1,5 Prozent.

Noch deutlicher kommen mit einem Minus 2,1 Prozent die Kurse in Madrid unter die Räder. Gleichzeitig steigt die Prämie für Versicherungen gegen den Ausfall fünfjähriger Staatsanleihen der Iberer wieder in die Nähe des Rekordhochs von 487 Basispunkten. Die Kreditinstitute des Landes haben sich im März 227,6 Milliarden Euro bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geliehen. Das war ein Allzeithoch und könnte die Vermutung bestätigen, dass die Geldhäuser ihr Pulver aus den Dreijahrestendern der EZB bereits verschossen haben.

Damit dürfte auch die Refinanzierung Spaniens schwieriger werden, denn traditionell sind die heimischen Kreditinstitute die größten Käufer von Schuldtiteln des Landes. Unter Druck stehen europaweit vor allem Automobilwerte, die im Schnitt 1,4 Prozent verlieren und Bankentitel, für die es Mittel um 1,6 Prozent nach unten geht. Software-Aktien leiden indes unter einer Umsatzwarnung der indischen Infosys.

Damit tritt das vorbörsliche Hauptgesprächsthema unter den Marktteilnehmern - die Entwicklung der als weltweite Wachstumslokomotive geltenden Volkswirtschaft Chinas - in den Hintergrund. In den ersten drei Monaten des Jahres erhöhte sich das chinesische BIP um 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies war die schwächste Zunahme seit dem Auftaktvierteljahr 2009 und ein deutlicher Dynamikverlust nach einem Plus von 8,9 Prozent im vierten Quartal 2011. Noch dazu lag der Anstieg der Wirtschaftsleistung damit unter der Markterwartung einer Zunahme um 8,3 Prozent.

Industriemetalle und Rohstoffwährungen geben nach

Börsianer nahmen die Enttäuschung allerdings relativ gelassen auf. "Das offizielle BIP-Ziel der chinesischen Regierung liegt bei einem Plus von 7,5 Prozent", sagt etwa Lee Kok Joo, Chef-Researcher bei Phillip Securities in Singapur. Damit sei noch ein ordentlicher Puffer nach unten vorhanden. Das vergleichsweise schwache Wirtschaftswachstum schüre die Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen durch die chinesische Notenbank, ergänzt Deng Wenyuan, Analyst bei Soochow Securities in Suzhou. Kein Wunder also, dass die Indizes quer durch Asien ausnahmslos zulegten. Noch dazu hat sich der Test einer Langstreckenrakete durch das nordkoreanische Regime in der Nacht als wahrer Rohrkrepierer erwiesen. Damit hat sich die Sorge vor einer abermaligen Eskalation der Lage auf der koreanischen Halbinsel wieder etwas gelegt.

Dessen ungeachtet geben die Notierungen für Industriemetalle wie das als guter Konjunkturindikator geltende Kupfer um rund ein Prozent nach. Auch Rohstoffwährungen wie der Australische Dollar fallen zum Greenback etwas zurück. Allerdings hatte der so genannte "Aussie" wegen überraschend guter Arbeitsmarktdaten vom fünften Kontinent zuvor auch ordentlich zur US-Landeswährung angezogen. Der Euro gibt ebenfalls etwas zum Greenback nach und verbilligt sich auf 1,3155 von 1,3200 Dollar vor Veröffentlichung des BIP aus China.

Kein "Risk-off-Signal" von der US-Berichtssaison

Ebenfalls kein "Risk-off-Signal" kam von der US-Berichtssaison zum ersten Quartal. Nach Handelsschluss an Wall Street hat sich am Vorabend der Internet-Gigant Google in die Bücher für das Auftaktvierteljahr sehen lassen und dabei sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Ergebnisseite die Markterwartungen übertroffen. Für Unmut sorgten allerdings die Pläne des Managements für einen Aktiensplit. Statt einer Dividende sollen Aktionäre einen neuen, nicht stimmberechtigten Anteilschein erhalten. Die Aktie ging dann auch nur mit einem Plus von 0,1 Prozent aus dem nachbörslichen Geschäft.

Am Nachmittag dürfte sich das Interesse auf die erste Veröffentlichung der Ergebnisse der Umfrage der Universität Michigan zur Stimmung der US-Verbraucher im April richten. Volkswirte prognostizieren einen verglichen mit März unveränderten Stand von 76,2 Punkten. Michael Carey von der Credit Agricole begründet die erwartete Stagnation mit der "etwas eingetrübten Arbeitsmarktlage und den volatilen Aktienmärkten". Daneben wird mit J.P. Morgan die erste US-Großbank Zahlen für das erste Quartal vorlegen. Analysten rechnen mit einem Gewinn von 1,15 Dollar je Aktie.

L'Oreal-Umsatz stützt Beiersdorf und Henkel

Im DAX sind vor allem Beiersdorf (plus 0,7 Prozent) und Henkel (plus 0,6 Prozent) gefragt. Die beiden deutschen Konsumgüterhersteller profitieren von unerwartet guten Geschäften beim Wettbewerber L'Oreal . Mit 5,64 Milliarden Euro lag der Umsatz der Franzosen im ersten Quartal um 100 Millionen Euro über der Konsensprognose der Analysten. "Der weltweite Kosmetikmarkt bleibt stark, und die Trends sind günstig für alle Marken", hieß es von CEO Jean-Paul Agon. "Das untermauert die Wachstumserwartungen für die gesamte Branche", sagt ein Händler. In Paris geht es für L'Oreal um 2,0 Prozent nach oben.

Am anderen Ende des DAX geben SAP um 2,4 Prozent nach. "Die Nervosität vor den Zahlen von SAP, die alle Welt heute erwartet, nimmt zu. Das kann man auch an den Umsätzen ablesen, bislang sind schon mehr als ein Drittel des sonstigen Tagesumsatzes umgegangen", sagt ein Börsianer. In die Suppe gespuckt habe die indische Infosys, deren Umsatzwarnung für das am 1. April begonnene Geschäftsjahr die Aktie um neun Prozent habe wegsacken lassen. In Paris kommen die Aktien von Cap Gemini (minus 3,3 Prozent) ebenfalls unter die Räder.

Im MDAX rutschen Stada um 2,8 Prozent ab. Die Analysten von J.P. Morgan empfehlen die Aktien des Generikaherstellers nur noch "Neutral" zu gewichten. Zuvor plädierten sie für ein "Übergewichten". Zur Begründung verwiesen sie auf die gute Kursentwicklung seit Jahresbeginn.

DJG/jej/kko

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