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FRANKFURT (Dow Jones) - Sehr fest ist der deutsche Aktienmarkt am Donnerstag aus dem Handel gegangen. Die überraschende Zinssenkung der EZB und gute Nachrichten aus Griechenland trieben den Markt. Nach einem Kurseinbruch zum Handelsstart erholte sich der DAX von seinem Tagestief in der Spitze um rund 360 Punkte. Das Börsenbarometer schloss 2,8% oder 168 Punkte höher bei 6.133 Zählern. Die Umsätze in DAX-Titeln auf Xetra waren sehr hoch. Umgesetzt wurden 225,5 (Vortag: 177,7) Mio Aktien im Wert von rund 5,07 (Vortag: 3,30) Mrd EUR.
Mit der Leitzinssenkung auf 1,25% nach zuvor 1,50% sorgte die EZB für Erstaunen. Gleich am ersten Arbeitstag von Mario Draghi als neuem EZB-Präsidenten hatten nur die wenigsten Marktteilnehmer damit gerechnet. Kritische Händler werteten ihn als ersten Schritt in Richtung einer EZB, die sich nicht länger den ehemaligen Stabilitäts-Vorstellungen der Bundesbank verpflichtet fühlt. Positiv vermerkt wurden jedoch die klare Sprache und der Hinweis auf eine bevorstehende "milde Rezession". "So deutliche Ankündigungen war man aus der EZB bisher nicht gewöhnt", so ein Händler. Draghi begründete den Zinsschritt denn auch mit deutlich niedrigeren Wachstumsaussichten des Euroraums. Eine deutliche Abwärtsrevision der Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2012 sei "sehr wahrscheinlich". Neben der EZB-Entscheidung stand ausschließlich Griechenland im Blick. Im Tagesverlauf wirkten Medienberichte als Kurstreiber, Premier Papandreou stehe unmittelbar vor einem Rücktritt. Dies weckte Hoffnungen auf eine Absage der Volksabstimmung. Am Abend machte Papandreou selbst einen Rückzieher und sagte die Abstimmung ab, wenn eine gemeinsame Not-Regierung mit der Opposition gebildet werden könne. Eine Volksabstimmung hätte wahrscheinlich die Ablehnung der Sparpläne und damit den Bankrott Griechenlands zur Folge gehabt. Händler führten dies auf klare Worte aus der EU zurück. Auf ihrem dem G-20-Gipfel vorgeschalteten Krisengipfel in Cannes hatten Frankreich und Deutschland Mittwochnacht einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone nicht ausgeschlossen. Auch sollten Hilfszahlungen eingefroren werden. Keine Rolle spielten vor diesem Hintergrund US-Konjunkturdaten: Der ISM-Index für das Dienstleistungsgewerbe lag leicht unter der Erwartung, Auftragseingänge und wöchentliche Arbeitsmarktdaten fielen besser aus. Auch die Sitzung der US-Notenbank (Fed) vom Vorabend spielte keine Rolle. Fed-Chef Bernanke hatte keine neuen geldpolitischen Maßnahmen bekanntgegeben. Quartalszahlen der Einzelunternehmen gingen in dieser "Polit-Börse" oft unter. adidas schlossen nach zunächst deutlichen Verlusten 0,3% höher bei 51,52 EUR. Die Marge des Sportartikelherstellers ist unter Druck geraten. Metro sprangen trotz schwacher Zahlen um 9% auf 36,56 EUR. "Es ist weiter der mögliche Verkauf von Kaufhof, der seit vorgestern die Aktie treibt", sagte ein Händler. Die Aktie habe sich seit November 2010 halbiert, daher sei die Kursreaktion so hoch ausgefallen. Nach besser als erwartet ausgefallenen Ergebnissen stiegen BMW um 4,6% auf 60,61 EUR. MAN legten um 7% zu auf 67,46 EUR, VW um 2,9% auf 130,85 EUR. Hier hatte China die Zustimmung zur MAN-Übernahme durch VW erteilt. Damit sind VW mit ihren Plänen zur Übernahme einer Mehrheit am Lkw-Hersteller am Ziel. Für den Wolfsburger Autohersteller ist dank Chinas Erlaubnis die letzte Hürde beseitigt, einen europäischen Lkw-Giganten zu formen. HeidelbergCement stiegen nach über Erwartung liegenden Zahlen 3,5% auf 33,54 EUR. Etwas bremsend wirkte hier die Umsatzwarnung von KHD Humboldt Wedag. Der Ausrüstungsproduzent für die Zement-Branche warnte vor einem schwächeren Zementverbrauch in Schwellenländern. Lufthansa setzten ihre Rally fort und stiegen 5,5% auf 10,39 EUR. Kurstreiber war abermals der bevorstehende Verkauf ihrer Problemtochter British Midland (bmi). Im MDAX zogen nach guten Quartalszahlen SGL Carbon um 4,4% auf 47,27 EUR an. Nach schwachen Daten verloren Rheinmetall 7,6% auf 35,12 EUR. Die schwache Nachfrage nach Verteidigungsgütern belastet das Unternehmen; zudem wurde der Börsengang der Automotive-Sparte aufgrund der Turbulenzen an den Finanzmärkten abgesagt. Eine starke Entwicklung des TV-Geschäfts ließ ProSieben um 13,2% auf 16,68 EUR schießen. Ebenfalls nach Zahlen notierten Fuchs Petrolub 1,6% fester bei 34,56 EUR. Im TecDAX ging es für Pfeiffer Vacuum nach ihrem Geschäftsbericht um 7,2% nach unten auf 64,01 EUR. Drägerwerk verloren 0,8%, Qiagen legten nach gemischten Zahlen 3,9% zu. Für eine Hausse im SDAX-Titel Bauer sorgte die Aussicht auf einen Großauftrag für die Sanierung des Mossul-Damms im Irak. Mit einem Volumen von 1,9 Mrd EUR wäre es nach Unternehmensangaben der größte Auftrag der Firmengeschichte. Bauer haussierten knapp 18% auf 20,50 EUR. DJG/mod/cln Copyright (c) 2011 Dow Jones & Company, Inc. | ||
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