Alt 04.12.18, 21:47
Standard Angst vor Rezession drückt Dow um 800 Punkte
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NEW YORK (Dow Jones)--Die Aktienkurse an der Wall Street sind am Dienstag abgestürzt. Die Teilnehmer sahen die Erleichterungsrally vom Vortag als ungerechtfertigt an. Denn die Einigung zwischen den USA und China beim G20-Gipfel beschränke sich lediglich darauf, in den kommenden 90 Tagen auf weitere Strafzölle zu verzichten. Das Grundproblem des Handelsstreits sei nicht gelöst, bemängelten Händler. Die Skepsis erhielt Nahrung durch Tweets von US-Präsident Donald Trump, in denen er seine Bereitschaft zur Eskalation in dem Konflikt äußerte.

Für Schrecken sorgten aber vor allem auch Signale vom Anleihenmarkt. Die Zehnjahresrendite, die am Vortag erstmals seit September unter 3 Prozent gefallen war, sackte weiter ab. Sie reduzierte sich um weitere 5,6 Basispunkte auf 2,91 Prozent. Teilnehmer führten die festen Kurse auf die steigenden Sorgen über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaftt zurück.

Zugleich hat sich die Differenz zwischen der Zwei- und der Zehnjahresrendite auf den niedrigsten Stand seit 2007 verengt. Die Rendite zweijähriger Staatstitel übertrifft bereits die der fünfjährigen. Diese Daten werden von den Anlegern stark beachtet, denn jeder Rezession seit 1975 gingen inverse Zinskurven voraus, also Zweijahresrenditen, die die der zehnjährigen Titel übertrafen.

Hinzu kam auch noch der Absturz des Dow Jones Transportation Average, der als guter Konjunkturindikator gesehen wird. Der Index verlor 4,4 Prozent. "Wir erhalten erste Signale einer möglichen Rezession", sagte Chief Investment Officer Matt Peden von GuideStone Capital Management.

Der Dow-Jones-Index verlor 3,1 Prozent auf 25.027 Punkte, der S&P-500 sackte um 3,2 Prozent ab und der Nasdaq-Composite um 3,8 Prozent. Umgesetzt wurden an der Nyse 1.127 (Montag: 981) Millionen Aktien. Auf 492 (2.204) Kursgewinner kamen 2.548 (794) -verlierer, unverändert schlossen 40 (59) Titel.

Am Mittwoch findet an der Wall Street kein Handel statt, aufgrund des nationalen Gedenktages für den verstorbenen Ex-Präsidenten George H.W. Bush. Die Agenda der Konjunkturdaten ist am Dienstag leer.

Verhandlungen zwischen USA und China dürften schwierig bleiben

In den in der kommenden Woche anstehenden ersten Verhandlungen soll der als China-Kritiker bekannte Handelsbeauftragte des US-Präsidenten, Robert Lighthizer, das Zepter für die USA in die Hand nehmen, hieß es am Markt. "Dies verspricht kein ruhiges Fahrwasser für die bevorstehende Verhandlungsrunde zu werden", sagte Analyst Hao Zhou von der Commerzbank. Derweil soll US-Finanzminister Steven Mnuchin zu verstehen gegeben haben, dass Peking konkrete Versprechungen in den Verhandlungen eingehen müsse, ergänzte der Teilnehmer.

"Ich habe noch nicht mit vielen Leuten gesprochen, die wieder bereit sind in den Markt zu investieren", so Aktien-Händler Michael Antonelli von R.W. Baird & Co: "Der Handelskonflikt ist lediglich eine Ablenkung vom derzeit eigentlichen Problem - der sich abschwächenden Konjunktur."

Konjunktursensible Branchen unter Druck

Zu den besonders stark abverkauften Aktien gehörten Bankenwerte, für die sowohl niedrige Zinsen als auch eine inverse Zinsstruktur unattraktiv sind. Im Dow verloren Goldman Sachs 3,8 Prozent und JP Morgan 4,5 Prozent. Der Sektor insgesamt stürzte sogar um 4,7 Prozent ab. Daneben tendierten konjunkursensible Branchen wie Halbleiter (-5,2 Prozent), Transport (-4,4 Prozent), Automobile (-4,7 Prozent) oder Investitionsgüter (-4,5 Prozent) schwach. Unter letzteren fielen Caterpillar um 6,9 Prozent und Boeing um 4,9 Prozent. Am anderen Ende des Kurstableaus rangierten die defensiven Branchen wie Versorger (+0,2 Prozent) sowie Haushaltsgüter (-0,8 Prozent) und Lebensmittel (-1,5 Prozent).

Der Dollar konnte zwischenzeitliche Verluste gegen den Euro weitgehend aufholen. Der Euro stand nur noch bei 1,1340 Dollar nach einem Tageshoch bei 1,1421 Dollar. Dem Dollar als sicherem Hafen hilft das fragile Risikoumfeld. Andererseits spreche aktuell wenig für eine starke Erholung, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Das liege vor allem an den zuletzt eher taubenhaften Tönen aus den Reihen der US-Notenbank. Insbesondere Fed-Vizechef Richard Clarida scheine bemüht, den Markt auf ein langsames Auslaufen des Zinserhöhungszyklus vorzubereiten.

Auch das Pfund konnte seine Gewinne gegen den wieder erstarkten Dollar nicht halten. Zum Euro ging es indes fester um. Die britische Devise erhielt dabei von zwei Seiten Rückenwind. Zum einen hat im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um die Brexit-Erklärung der zuständige Generalanwalt die Ansicht vertreten, dass für Großbritannien eine einseitige Rücknahme möglich ist. Artikel 50 des EU-Vertrags zum Austritt aus der Union lasse dies zu. Daneben ist der britische Einkaufsmanagerindex für das Baugewerbe von 53,2 auf 53,4 gestiegen und hat sich damit den achten Monat in Folge über der Expansionsschwelle von 50 gehalten.

Öl-Rally erlahmt

Die Ölpreise gaben ihrer Tagesgewinne wieder vollständig ab, WTI verlor 0,1 Prozent auf 52,89 Dollar je Barrel. Brentöl gab ebenfalls um 0,1 Prozent nach auf 61,63 Dollar je Barrel. Anfang Oktober lag der Preis noch bei rund 85 Dollar. Vor dem am Donnerstag beginnenden Opec-Treffen mehren sich Spekulationen, dass dort Förderkürzungen vereinbart werden, zumal sich Saudi-Arabien und Russland darauf am Rande des G20-Treffens am vergangenen Wochenende weitgehend bereits verständigt haben. Dagegen drückte der wieder erholte Dollar auf den Preis.

Der Goldpreis knüpfte an seine jüngste Rally an. Die Feinunze verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 1.238 Dollar und notierte damit auf dem höchsten Niveau seit fünf Wochen. Das Edelmetall profitierte von der anhaltenden Unsicherheit an den Märkten, vor allem auch in Bezug auf den Brexit und die Verhandlungen zwischen den USA und China.

Cronos mit Käuferinteresse fest

Unter den Einzelwerten legten Cronos um 5,6 Prozent zu. Der Cannabis-Produzent verhandelt mit dem Tabakkonzern Altria über ein mögliches Investment des Marlboro-Herstellers in das kanadische Unternehmen. Noch sei aber keinerlei Übereinkunft erzielt worden, und es sei keineswegs sicher, dass die Gespräche in einer wie auch immer gearteten Transaktion münden würden, gab Cronos zu bedenken. Die Titel von Altria fielen um 2,4 Prozent.

Die Aktie des Apple-Zulieferers Cirrus Logic fiel um 1,9 Prozent. Das Unternehmen hatte den Ausblick für das dritte Geschäftsquartal aufgrund der jüngsten Schwäche des Mobilfunkmarktes gesenkt. Für die Apple-Aktie ging es um 4,4 Prozent nach unten.

Die Viertquartalsprognose von Delta Air Lines für den Umsatz je Einheit liegt mit einem Plus von 3,5 Prozent unter der Mitte der vorherigen Prognose von 3 bis 5 Prozent. Die Delta-Aktie verlor 5,3 Prozent.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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December 04, 2018 16:13 ET (21:13 GMT)

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