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Was nicht sein konnte, ist nun Gewissheit: Europa befindet sich im Krieg. Haben wir uns so sehr in Putin getäuscht? Der Mann, der im Jahr 2001 im Deutschen Bundestag eine Rede größtenteils auf deutsch hielt und die folgenden Sätze formulierte:
"Unter der Wirkung der Entwicklungsgesetze der Informationsgesellschaft konnte die totalitäre stalinistische Ideologie den Ideen der Demokratie und der Freiheit nicht mehr gerecht werden. Der Geist dieser Ideen ergriff die überwiegende Mehrheit der russischen Bürger. Gerade die politische Entscheidung des russischen Volkes ermöglichte es der ehemaligen Führung der UdSSR, diejenigen Beschlüsse zu fassen, die letzten Endes zum Abriss der Berliner Mauer geführt haben. Gerade diese Entscheidung erweiterte mehrfach die Grenzen des europäischen Humanismus, sodass wir behaupten können, dass niemand Russland jemals wieder in die Vergangenheit zurückführen kann." Redemanuskript Putin 2001 im Bundestag Zwanzig Jahre ist das her. Heute haben wir es mit einem völlig anderen Putin zu tun: Statt Investitionen in die Wirtschaft wurde ins Militär investiert, Putin möchte die Welt von vor seiner damaligen Rede wieder herstellen. Wir haben eine der längsten Friedenszeiten in Europa erleben dürfen mit dem Resultat, dass wir für die nun über uns hereingebrochene Situation völlig unvorbereitet sind. Müssen wir aufrüsten, um Putin in die Schranken zu weisen? Waffen, die gebaut werden, finden meistens eine Anwendung. Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen 70 Jahren so wenig wie möglich gebaut. Oder bleiben wir bei Appellen an die Vernunft? Die sind bislang wirkungslos verklungen und nach den jüngsten Äußerungen Putins ist nicht auszuschließen, dass er sich weitere Länder holen wird, solange seine kräftemäßige Überlegenheit besteht. Sogar die Nuklear-Karte hat er gespielt. Eine Reaktion "das wird er schon nicht machen" verbietet sich. Wir müssen diese Drohung so nehmen, wie sie gemeint ist: ernst. An den Aktienmärkten führte der erste Schritt Russlands, die Anerkennung von Donezk und Luhansk als Volksrepubliken und die Zusage einer "Friedensmission", zu einem Ausverkauf, der den DAX am Montag von 15.200 auf 14.500 Punkte führte. Dienstag und Mittwoch folgte eine leichte Gegenbewegung, als jedoch am Donnerstag das gesamte Ausmaß der Ambitionen Putins offenbart wurde, brach der DAX weiter auf 13.800 Punkte ein. Damit wurde ziemlich genau der Bereich angesteuert, den ich in meinem Jahresausblick als mögliches Jahrestief im Frühjahr definiert hatte: 13.750 Punkte. Es passierte allerdings deutlich schneller als von mir erwartet. Der Ausverkauf trifft insbesondere Bereiche, die von den Energiepreisen abhängig sind: Der Chemiesektor ist um 6,4% eingebrochen, BASF (-13%), Lanxess (-14%) und Covestro (-11%) wurden ausverkauft. Auch im Logistikbereich (-5,6%) führten die Entwicklungen zu einem Ausverkauf, angeführt von der Dt. Post mit -9%. Im Einzelhandel (-5,2%) hat es besonders die Metro (-12%), aber auch Global Fashion (-9%), Hornbach Holding, Puma und Adidas (je -8%) getroffen. Und natürlich zählt auch die Automobilbranche (-5,0%) zu den Verlierern: Knorr Bremse -14%, Traton -13%, Continental -11%, BMW und Dürr je -10% und Stabilus -9%. Die Energieversorgung Europas steht zur Disposition. Wir haben die Wahl zwischen mehreren schlechten Alternativen und müssen schauen, wie wir die Versorgungssicherheit dennoch gewährleisten können. An steigenden Energiepreisen wird wohl kein Weg vorbei führen, daher der Ausverkauf. Gestiegene Energiekosten werden die Inflation weiter in die Höhe treiben. Vielleicht erleben wir gerade den Schwenk von "transitory" (vorübergehend) zu "persistent" (hartnäckig). Die Notenbanken könnten sich der Quadratur des Kreises gegenüber sehen: Die Inflation kann nur mit drastischen Zinserhöhungen gebremst werden, doch gleichzeitig könnte die Konjunktur in eine Rezession stürzen und eher niedrige Zinsen benötigen. Daher gehörten auch die Finanztitel (-6,1%) in dieser Woche zu den Verlierern. Die Deutsche Bank und die Commerzbank gaben je 14% ab, Grenke Leasing und GFT Technologies je 10% und die Dt. Pfandbriefbank 9%. Weitere Verlierer aus anderen Bereichen sind Siemens (-8%), Gerresheimer (-13%) und HeidelbergCement (-11%). Diese Geschäftsmodelle gelten ebenfalls als energieintensiv. Größter Wochenverlierer ist die Aktie von Uniper (-20%), das Unternehmen führt das konventionelle Geschäft der E.On fort, während sich E.On nur noch auf erneuerbare Energien konzentriert. Uniper ist eng mit Russland verknüpft und könnte daher starke Einbußen verzeichnen müssen. Zudem haben Wachstumsunternehmen mit hohem Bewertungsniveau nochmals kräftig Federn gelassen: United Internet -10%, Delivery Hero, 1&1 und About You Mode je -9%. Auf der Gewinnerseite stehen einzelne Unternehmen, die Lösungen in der derzeitigen Situation versprechen: Verbio BioEnergie +11% und Nordex +9% werden politischen (schnellere Zulassungen) und wirtschaftlichen (höhere Preise) Rückenwind für ihre Energieerzeugung erhalten. Da bereits erste Meldungen von Cyberangriffen Russlands die Runde machen, wird Secunet Security Network (+16%) für die Sicherung der Telekommunikationsnetzwerke, sowie ggfls. auch unserer Stromnetzwerke zu Hilfe geholt werden. Aber auch Rheinmetall (+9%) wird Rüstungsaufträge erhalten, mit denen die Verteidigungsmöglichkeiten verbessert werden sollen. Schauen wir uns mal an, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (24.02.2022) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 33.829 -0,6% -6,9% DAX 14.567 -3,2% -8,3% Nikkei 26.477 -2,4% -8,0% Shanghai A 3.617 -1,1% -5,2% Euro/US-Dollar 1,13 -0,6% -0,7% Euro/Yen 130,14 -0,1% -0,5% 10-Jahres-US-Anleihe 1,98% 0,04 0,47 Umlaufrendite Dt 0,06% -0,04 0,34 Feinunze Gold $1.885 -0,5% 3,3% Fass Brent Öl $96,90 4,0% 23,0% Kupfer $9.913 -1,4% 2,3% Baltic Dry Shipping $2.187 16,0% -1,4% Bitcoin $39.239 -2,3% -16,5% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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