Alt 10.10.09, 20:23
So tickt die Börse: 1001 Gründe für die Rallye
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Wie erwartet machten die Börsen nach dem nunmehr achten „Korrektürchen“ ziemlich genau bei 3-5% Kursverlust wieder kehrt und es folgten Anschlusskäufe, die sämtliche Börsen wieder kräftig nach oben katapultierten. Dow Jones, DAX und Nikkei sind allesamt wieder kräftig ins Plus gerückt.

Schauen Sie sich die Wochenperformance selbst einmal an:

INDIZES (08.10.2009)

Dow Jones: 9.786 | 3,2%
DAX: 5.716 | 4,6%
Nikkei: 10.016 | 3,5%
Euro/US-Dollar: 1,475 | 0,8%
Euro/Yen: 131,03 | -0,3%
10-Jahre-US-Anleihe: 3,26% | 0,0%
Umlaufrendite Dt: 2,91% | 0,0%
Feinunze Gold USD: $1.048,50 | 4,3%
Fass Crude Öl USD: $72,41 | 4,1%
Baltic Dry Shipping I: 2.647 | 12,3%



Ich glaube, der Schlüssel zu den hier zu sehenden Zahlen liegt im US-Dollarverfall. Der US-Dollar fällt und im Umkehrschluss steigt der Preis für das in US-Dollar bewertete Fass Öl. Je weniger der US-Dollar wert ist, desto mehr muss man davon für ein Fass Öl auf den Tisch legen.

Nur so ist zu erklären, dass der Ölpreis steigt, obwohl OPEC nun schon mehrfach die Förderquoten MANGELS NACHFRAGE gesenkt hat. Die OPEC hat nicht einen bestimmten Zielpreis ausgegeben, sondern senkte die Förderquoten, weil zuviel Öl gefördert wurde! Und dennoch steigt der Ölpreis. Hier ist wieder einmal zu sehen, dass der Ölpreis weniger von Angebot und Nachfrage abhängt, als vielmehr von den Markterwartungen der Futures-Händler. Und die erwarten einen steigenden Ölpreis, weil der US-Dollar fällt.

Nun sehen eine Reihe anderer Rohstoffhändler den steigenden Ölpreis und folgern umgehend daraus, dass der Welthandel anziehen muss – denn sonst würde der Ölpreis ja nicht steigen. Und wenn der Ölpreis schon steigt, weil der Welthandel anzieht, dann kann es nicht mehr lange dauern, bis Kupfer, Sojabohnen und Orangensaft ebenfalls ansteigen. Also kauft man Futures auf diese Rohstoffe und eh Sie sich versehen ist der gesamte Rohstoffmarkt am steigen.

Nun brauche ich nicht mehr zu erwähnen, dass natürlich auch die Aktien der Ölkonzerne und anderer Rohstoffunternehmen steigen. Das Ergebnis sehen Sie diese Woche: 3,2% Plus beim Dow Jones, 4,6% beim DAX und 3,5% Plus in Japan.

Und all das nach der verheerenden Arbeitslosenzahl aus den USA vom vergangenen Freitag! Die USA haben eine „Jobless Recovery“, eine Konjunkturerholung ohne Jobs. Das ist gefährlich, denn es ist ein Zeichen dafür, dass die Konjunkturprogramme umgehend verpuffen, ohne Arbeitsplätze und damit eine nachhaltige Nachfrage zu schaffen.

In Washington sind daher diese Woche einige Alarmglocken losgegangen (sprichwörtlich für Berater, die nunmehr auf dieses Problem lautstark aufmerksam machen). Und vielleicht ist der Anstieg an den Börsen allein schon die Erleichterung, dass die Arbeitsmarktprobleme nun in Washington ernst genommen werden.

Oder ... ist es vielleicht immer noch nichts weiter als die Korrektur der Übertreibung nach unten, die zu so lächerlich niedrigen Kursen im März dieses Jahres geführt hatte, weil unzählige Hedgefonds liquidiert und ihre Bestände unlimitiert auf die Märkte geworfen wurden? Ich denke, auch das ist ein Faktor.

Völlig unbeeindruckt von diesen Entwicklungen hat der Goldpreis nunmehr neue Rekordhöhen erklommen. Mit 1.054 USD/Unze wurde diese Woche ein neues Allzeithoch geschrieben. Im nächsten Kapitel habe ich eine überraschend einfache Möglichkeit für Sie gefunden, von der Goldpreisrallye zu Preisen von Anfang dieses Jahres zu profitieren.

Welche Anlagemöglichkeiten gibt es denn überhaupt? Nun, da wäre einmal die Immobilie, aber da rechnet man ja auf absehbare Zeit bestenfalls mit einer Stabilisierung der Preise. Von Preisanstieg kann da keine Rede sein.

Dann gibt es noch die Anleihen: Staatsanleihen zahlen inzwischen nicht einmal mehr 3%, für Festgeld oder Termingeld erhalten Sie noch weniger. Vor dem Hintergrund des immer wieder aufgefahrenen Schreckensgespenstes Inflation ist das nun wirklich keine ernst zu nehmende Alternative.

Diese Woche hat EZB Chef Trichet wie erwartet ein Festhalten an der lockeren Zinspolitik verkündet. Auf absehbare Zeit ist also in Europa mit keiner Zinsanhebung zu rechnen.

Heute hat hingegen sein US-Kollege Bernanke überraschend verlauten lassen, dass die Zeit der lockeren Zinspolitik in den USA nur noch so lange währen werde, wie notwendig. Bei einem Anziehen der Wirtschaft werde er, Bernanke, die aufgeblähte Bilanz der US-Notenbank schrumpfen lassen und den Überschuss an liquiden Mitteln aus der Wirtschaft ziehen. Ich wünsche ihm dabei viel Erfolg.

Und auch wenn ich im Rahmen des Tradingmonats eine hochverzinsliche Unternehmensanleihe vorgestellt habe, so ist ein Kauf dieser Anleihe wahrlich nicht für den langfristig orientierten, sicherheitsbewussten Anleger zu empfehlen. Es ist nichts weiter als eine Spekulation.

Bleibt das Gold als alternative Anlagemöglichkeit. Doch das wirft weder Zinsen noch Dividende ab, im Gegenteil: Es kostet noch Lagergebühren. Und schlimmer noch: Es notiert schon auf Allzeithochs.

Na, und wenn Sie nach dieser Aufzählung noch nicht wissen, warum die Aktienbörse so sehr steigt und steigt, dann kann ich Ihnen auch nicht mehr helfen. Vielleicht sollte ich es mal ganz platt ausdrücken: Sie steigt, weil die Leute nicht wissen, wohin sonst mit ihrem Geld.

Auch das Sentiment ist wieder extrem gut, schauen Sie selbst:

SENTIMENTDATEN

ANALYSTEN:
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
18.-25. Sep (169): 71% / 29%
25.9.-2.10. (143): 66% / 34%
02.-09. Okt (176): 73% / 27%

ANALYSTEN KAUF
Telefonica, Syngenta, Allianz

ANALYSTEN VERKAUF
Hypo Real Estate, Royal Bank of Scotland

PRIVATANLEGER:
Aktuell 60% Bullen (+2,5%, 80 Stimmen)
Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 5.551

PRIVATANLEGER KAUF
Washington Mutual, Conergy, Leoni

PRIVATANLEGER VERKAUF
Commerzbank, Hypo Real Estate


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel

Während die Analysten nach wie vor Catch-up spielen, also ihre Kursziele der Realität anpassen, bevor die Quartalsergebnisse veröffentlicht werden, sind auch die Privatanleger wieder optimistischer geworden. 60% sind bullisch gestimmt, das ist eine recht durchschnittliche Markterwartung, wenn man berücksichtigt, dass die Neigung der Menschen eher zum Positiven geht. Werte bis 65% halte ich für verhalten optimistisch, da mache ich mir also noch keine Sorgen über den Kontraindikator des Taxifahrers (wenn selbst der Taxifahrer Aktienempfehlungen mit seinem Fahrgast bespricht, dann sollten Sie all Ihre Aktien verkaufen, denn es gibt keine weitere Bevölkerungsschicht mehr, die noch für eine zusätzliche Nachfrage nach Aktien sorgen kann).

ALCOA MIT ÜBERRASCHENDEM GEWINN

Bei allen oben genannten Faktoren gibt es einen weiteren Überraschungsfaktor: Der Aluminiumhersteller Alcoa hat überraschend einen kleinen Gewinn ausgewiesen. Überraschend nicht, weil der Markt gleichzeitig so schlecht ist, sondern überraschend weil Alcoa seit vielen Jahren ein Garant für Enttäuschungen war. Wenn die Preise für Aluminium stiegen, dann hatte Alcoa gegenläufige Absicherungsgeschäfte und konnte davon nicht profitieren. Wenn die Preise fielen, war Alcoa nicht abgesichert. Davon abgesehen wird dem Unternehmen alles andere als ein Kostenbewusstsein nachgesagt.

So galt für viele Jahre: Ja nicht auf Alcoa hören, es ist kein repräsentatives Quartalsergebnis. Und so war die Überraschung groß, als Alcoa nun plötzlich erstmalig seit einem Jahr einen Gewinn ausweisen konnte.

Auf dieser Euphorie-Welle reitet nun die Wallstreet. Dahinter steckt übrigens ein Deutscher: Klaus Kleinfeld. Sie kennen ihn vielleicht noch von Siemens, dort werden noch immer Schadensersatzforderungen gegen Kleinfeld diskutiert. Kleinfeld hat sich schon bei Siemens einen Namen als konsequenter Kostenstreicher gemacht. Die Kritik an ihm war schon damals: Er bringe nicht das Geschäft vorwärts, sondern er wisse nur wie man spart. Nun, offensichtlich war das derzeit genau das Richtige für Alcoa.

Eine Taube macht noch keinen Sommer, ich würde Alcoa dennoch nicht anfassen. Und für meine Erwartung einer überaus positiven Berichtssaison fehlen mir noch ein paar verlässliche Unternehmen.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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