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Sind Aktien ein guter Kauf?
In einem emotionslosen Umfeld könnte die allgemeine Antwort auf diese Frage „Ja“ lauten, denn die globalen Aktienmärkte notieren immer noch deutlich unter den Höchstständen, die im Januar 2022 erreicht wurden. Mit Aktien ist das allerdings so eine Sache – wenn sie auf breiter Ebene einen Rückschlag erlitten haben und günstiger zu haben sind, geht diese Entwicklung zumeist mit sinkendem Interesse einher. Diese Einstellung verstärkt sich, wenn alternative Anlagemöglichkeiten wieder in einem attraktiveren Licht erscheinen, beispielsweise im festverzinslichen Bereich. Aktuell bieten US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit rund vier Prozent Zinsen, bei 10-jährigen Bundesanleihen sind es immerhin 2,5 Prozent. Um Aktien und Anleihen zu vergleichen, verwenden einige Experten eine Kennzahl namens Gewinnrendite, welche das Gewinn-Kurs-Verhältnis ausdrückt. Im Grunde also die umgekehrte Variante zum weithin bekannten Kurs-Gewinn-Verhältnis oder KGV. Gewinnrendite unter Druck Die Gewinnrendite soll eine grobe Annäherung an die langfristig erwartete Kursrendite von Aktien sein. Zum größten Teil lag diese Annäherung im neuen Jahrtausend deutlich höher als das, was Anleiheinvestoren an Zinsen erwarten konnten. Aktuell ist dieser Unterschied allerdings deutlich geschrumpft. In den USA übersteigt die Gewinnrendite des S&P 500 die Renditen der 6-Monats-Schatzwechsel nur noch um etwa einen halben Prozentpunkt, der niedrigste Stand seit Anfang 2001. Der Abstand zu den 10-jährigen Staatsanleihen ist zwar noch etwas höher, befindet sich allerdings ebenso auf dem niedrigsten Stand seit 2007. Ist es also doch gerechtfertigt, die Attraktivität der Aktienmärkte grundlegend in Frage zu stellen? Mit Vorsicht genießen Vergleicht man die Fremdkapitalkosten der Unternehmen mit den erwarteten Gewinnrenditen, erhält man einen groben Anhaltspunkt dafür, ob das aktuelle Zinsumfeld Investitionen unterstützt. Derselbe Vergleich kann auch zeigen, ob die Kreditaufnahme zur Finanzierung eines Aktienrückkaufs rentabel ist. Aber die Theorie, dass die Gewinnrendite eine Annäherung an die langfristigen Renditen der Aktienmärkte darstellt, ist leider sehr unscharf. In Wirklichkeit schütten Aktien auch Dividenden aus, Unternehmen investieren in neue Wachstumsbereiche und Innovationen sorgen für zusätzliche Dynamik. Die Gewinnrendite sagt darüber nicht wirklich etwas aus. Wir sind daher der Meinung, dass ein Vergleich der Gewinnrendite mit der Anleiheverzinsung – isoliert betrachtet - nicht wirklich zeigt, ob Aktien oder Anleihen eine bessere Anlage sind - und das ohne Berücksichtigung all der Faktoren, die unserer Meinung nach bei Entscheidungen über die Vermögensaufteilung eine Rolle spielen sollten, einschließlich der langfristigen Ziele der Anleger, des Cashflow-Bedarfs, des Zeithorizonts und der Schwankungsverträglichkeit. Fazit Der historische Vergleich zwischen Gewinnrenditen im Aktienmarkt und den Renditen langfristiger Anleihen zeigt auf, dass signifikante Abstände zwischen den beiden zwar interessant sein mögen, aber keine Vorhersage künftiger Renditen zulassen. In den 90er Jahren hatten die Gewinnrenditen beispielsweise einen schweren Stand gegenüber den Anleihezinsen, dennoch war es eine fantastische Zeit für Aktienanleger. Tendenziell gelingt es den Aktienmärkten vor allem dann zu glänzen, wenn die Erwartungen niedrig angesiedelt sind. Und ungeachtet des Zinsniveaus verfügen Aktienmärkte über langfristige Renditevorteile, die sich nicht so einfach wegdiskutieren lassen. Den aktuellen Kapitalmarktausblick von Grüner Fisher Investments können Sie unter www.gruener-fisher.de kostenlos anfordern. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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