Alt 29.02.12, 19:46
Standard XETRA-SCHLUSS/Leichter - Bernanke drückt EZB-Tender in Hintergrund
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FRANKFURT (Dow Jones) - Mit einem deutlichen Rutsch ins Minus hat sich der deutsche Aktienmarkt am Mittwoch aus dem Handel verabschiedet. Ein verheißungsvoller Tag mit vielen Hoffnungen auf den neuen Drei-Jahres-Tender der EZB ging damit nach hinten los. Der DAX verlor 0,5 Prozent oder 32 Punkte auf 6.856. Händler machten vor allem gute US-Daten und Aussagen von US-Notenbank-Chef Bernanke für die Verluste verantwortlich. "Die Wahrscheinlichkeit für ein neues Quantitative Easing in den USA sinkt, umgekehrt wird nun in Europa wie wild Geld gedruckt", sagte ein Händler mit Verweis auf den EZB-Tender. Der Dollar setzte darauf zu einem Höhenflug an. Gold, Silber, Euro und Öl standen hingegen gleichzeitig unter Druck.

Diese Anlagen waren als "Inflations-Schutz" gekauft worden, um einem durch Gelddrucken geschwächten Dollar zu entkommen. "Dieser Inflations-Hedge wurde heute nachmittag aufgelöst", so ein anderer Händler. In Zukunft werde ein QE3 in den USA wohl wesentlich geringer als erwartet oder sogar ganz ausfallen, bzw die Zinsen dort leicht steigen. Auch US-Anleihen standen daher unter Druck.

Fed-Chef Bernanke hatte unter anderem auf eine höhere Zunahme der Beschäftigung und einen stärkeren Rückgang der Arbeitslosenquote verwiesen. "Beschäftigung ist das A und O für die Fed, um ein QE3 zu rechtfertigen", so der Händler. Die zweite Komponente Inflation spiele auch eine Rolle in den Fed-Entscheidungen, sei aber unter Kontrolle. Zusammen mit den besseren Wirtschaftsdaten der USA sei damit das reale US-Wachstum besser als erwartet. "Kapitalumschichtungen in US-Anlagen sind dann die Folge", so der Händler. Durch einen steigenden Dollar würden zudem Europas Aktien unattraktiver.

Die guten US-Daten des Tages unterstrichen, dass die US-Wirtschaft unterschätzt worden ist: US-BIP und der Chicago-Einkaufsmanager-Index legten stärker als erwartet zu. Vor allem die wichtige Job-Komponente im Index stieg deutlicher an. Der Chicago-Index stieg auf 64,0 im Februar nach 60,2 im Januar. Die Prognose lag nur bei 61 Indexpunkten. Die Neuen Orders zogen auf 69,2 nach 63,6 an, die Job-Komponente sprang deutlich auf 64,2 nach zuvor 54,7 an. Das US-BIP zum vierten Quartal wurde anstelle bisheriger 2,8 Prozent auf ein annualisiertes Wachstum von 3,0 Prozent erhöht.

In den Hintergrund trat dagegen der neue Drei-Jahres-Tenders der EZB. Eine reichliche Inanspruchnahme sei bereits eingepreist gewesen, hieß es im Handel. Der Tender habe mit 530 Milliarden Euro die Schätzung von rund 500 Milliarden Euro lediglich erfüllt und habe damit keine Überraschung geboten. Er bewegt sich damit auch nur leicht über dem Dezember-Tender von 489 Milliarden Euro. Wie die EZB mitteilte, erhielt sie von 800 Banken Gebote über 529,531 Milliarden Euro, die alle voll bedient wurden. Die Banken zahlen nach Fälligkeit einen Zins, der dem durchschnittlich während der Laufzeit herrschenden EZB-Hauptrefinanzierungssatz entspricht. Derzeit liegt der EZB-Leitzins auf dem Rekordtief von 1,00 Prozent.

Europas Bank- und Versicherungs-Aktien drehten nach den Bernanke-Aussagen teilweise ins Minus. Nach der EZB-Tender-Zuteilung hatte die Branche noch über 1 Prozent im Plus gelegen. Deutsche Bank fielen um 0,1 Prozent auf 35,05 Euro, Allianz um 0,6 Prozent auf 91,03 Euro, Commerzbank hielten sich 1,5 Prozent im Plus bei 1,88 Euro.

Lufthansa legten dank des Gerichtsverbots eines Fluglotsenstreiks am Frankfurter Flughafen um 0,8 Prozent auf 10,42 Euro zu. Zudem hat die Lufthansa im Frachtgeschäft den Kerosinzuschlag erhöht. Das Arbeitsgericht Frankfurt ist mit dem Verbot am Dienstagabend einem Antrag des Flughafenbetreibers Fraport, der Lufthansa und der Deutschen Flugsicherung gefolgt. Dagegen hat die Gewerkschaft GdF wiederum Berufung eingelegt. Fraport fielen indes weitere 1,8 Prozent auf 46,17 Euro.

RWE verteuerten sich um 1,7 Prozent auf 34,20 Euro, nachdem der französische Broker Exane BNP die Aktie auf "Outperform" von "Neutral" hochgestuft hat.

Aktien von Hochtief brachen um 5 Prozent auf 52,41 Euro ein. Deutschlands größter Baukonzern streicht angesichts eines dreistelligen Millionenverlusts für 2011 die Dividende. Im laufenden Jahr will Hochtief wieder schwarze Zahlen schreiben und die Aktionäre "angemessen" beteiligen. Auch die Papiere des Baudienstleisters Bilfinger Berger gaben um 1,1 Prozent auf 73,50 Euro nach. Die Deutsche Bank hat die Anlageempfehlung für die Aktie auf "Halten" von "Kaufen" gesenkt.

Einen kräftigen Kurseinbruch von zeitweise über 10 Prozent mussten Praktiker hinnehmen. Das Unternehmen will einen Zins-Schnitt für seine Anleihe. Statt 5,875% will die Baumarktkette nur noch 1,0% zahlen. "Die Frage ist, warum die Anleihehalter da mitziehen sollte", sagte ein Händler. Die Aktien brachen um 7,4 Prozent auf 2,08 Euro ein.

DJG/mod/raz

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