Alt 05.07.12, 18:35
Standard XETRA-SCHLUSS/Zinssenkung der EZB löst Abverkauf aus
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FRANKFURT--Eigentlich wollte die Europäische Zentralbank (EZB) mit der Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf historisch niedrige 0,75 Prozent einen Wachstumsimpuls für die europäische Wirtschaft liefern. Als die Meldung der die Zinssenkung über die Ticker lief, notierte der DAX mit 6.641 Punkten auf seinem Tageshoch. Wie an der Leine gezogen fiel er in Folge um 165 Punkte. Zum Schluss stand ein Minus von 0,4 Prozent auf 6.535,56 Punkte auf der Börsenuhr. Umgesetzt wurden in DAX-Titeln auf Xetra rund 178,8 (Vortag: 101,7) Millionen Aktien im Wert von rund 3,66 Milliarden Euro.

Nicht nur das EZB-Präsident Mario Draghi einem weiteren Dreijahrestender eine klare Absage erteilte, auch zu möglichen Anleihekäufen von Staatsanleihen aus der Europeripherie sagte er kein Wort. Daraufhin schossen die Renditen in Spanien und Italien kräftig in die Höhe. Dies wird an der Börse in der Regel dahingehend gewertet, dass Anleger ihr Vertrauen verlieren. Die Suche der Investoren nach Absicherung ihrer Bestände ließen gleichzeitig die Preise für Kreditausfallversicherungen für diese Staatsschulden in die Höhe klettern. Nutznießer waren die Bundesanleihen, die Rendite der zehnjährigen Titel kam um 6 Basispunkte auf 1,39 Prozent zurück.

Als "vor dem Hintergrund der aktuellen Situation vertretbar" stufte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, die Zinssenkung der EZB ein. Allerdings sei von der Maßnahme keine Wunderheilung zu erwarten. Einen nennenswerten konjunkturellen Effekt werde diese Zinssenkung von "nahe Null" auf "noch näher Null" nicht haben".

"Die EZB kann lediglich Zeit kaufen", so Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Die Geldpolitik der EZB könne weder die dringend erforderlichen Strukturreformen in den Euro-Staaten ersetzen, noch das verloren gegangene Vertrauen in die Staatsfinanzen beheben.

Der Abverkauf am deutschen Aktienmarkt wurde begleitet von einem kräftigen Wertverfall in der Gemeinschaftswährung. Per se reagiert eine Währung immer mit einem Abschlag auf eine Zinssenkung, da ein möglicher Zinsvorteil gegenüber anderen Währungen wegfällt. Am Nachmittag gab es zudem noch gute Daten vom US-Arbeitsmarkt.

Dies verspricht nicht nur positives Überraschungspotenzial für den wichtigen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag, zudem zeigt es, dass die US-Wirtschaft in der Lage ist, Arbeitsplätze zu schaffen. Zu der Euroschwäche kam somit noch eine Dollar-Stärke, der Euro beschloss den Handel in Europa bei 1,2386 Dollar.

Die Erleichterung darüber, dass die nunmehr drei Jahre währende Übernahmesaga von VW und Porsche zu einem Ende gekommen ist, honorierte die Börse mit einem Plus von 5,1 Prozent auf 134,50 Euro in den VW-Vorzügen. Die Kuh sei nun endlich vom Eis, kommentierte ein Händler erleichtert die vor allem vom VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech betriebene Übernahme. Die Experten von Morgan Stanley erwarten, dass der Deal den Gewinn je Aktie von VW im kommenden Jahr um etwa sechs Prozent nach oben treiben wird. Die Porsche-Aktie schloss dagegen nach anfänglichen Gewinnen mit einem Abschlag von 1,2 Prozent.

Einen kleinen Dämpfer hatte Merck KGaA einzustecken. Der deutsche Pharma- und Spezialchemiekonzern muss seine Hoffnungen begraben, das erfolgreiche Krebsmittel Erbitux auch gegen Magenkrebs auf zu den Markt zu bringen. In einer Studie für eine ergänzende Indikation hat das Mittel beim Hauptziel versagt. Als kleine Enttäuschung, aber kein Beinbruch, wertete Edouard Aubery von equinet den negativen Ausgang. Die Aktie schloss mit einem Abschlag von 2,3 Prozent bei 78,14 Euro.

Jahrelange wettbewerbswidrige Preisabsprachen im Schienenbereich kommen die Hersteller nun teuer zu stehen. Das Bundeskartellamt verhängte nun Bußgelder in Höhe von insgesamt 124,5 Millionen Euro, der Großteil entfällt mit 103 Millionen Euro auf ThyssenKrupp. Für die Kartellsünder kann das Fehlverhalten aber noch teurer werden: Die Deutsche Bahn fordert vollen Schadenersatz. Keine gute Nachricht für die Aktie von ThyssenKrupp, die mit einem Minus von 2 Prozent bei 13,42 Euro aus dem Handel ging.

Die Ausdehnung des Filialnetzes hat sich bei Fielmann auch im zweiten Quartal positiv auf Umsatz und Gewinn ausgewirkt. Europas größter Optiker steigerte in den ersten sechs Monaten 2012 die Einnahmen auf rund 551 Millionen Euro und verbesserte den Vorsteuergewinn auf etwa 89 Millionen Euro. Die Analysten von equinet monierten die Profitabilität von Fielmann, die aufgrund höherer Marketing- und Personalkosten enttäuscht habe. Die hohen Marketing-Aufwendungen sollten nicht zum Standard werden, mahnten sie an. Die Fielmann-Aktie gab um 0,1 Prozent auf 75,30 Euro nach.

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