Alt 03.07.12, 12:07
Standard Freude über Gipfel-Ergebnisse hält an
Beitrag gelesen: 365 x 

An den europäischen Finanzmärkte hält die Freude über die Beschlüsse des EU-Gipfels aus der Vorwoche weiter an. Vor allem Maßnahmen zur direkten Finanzierung der Banken sorgen weiter für eine positive Reaktion. Dazu gesellt sich die Hoffnung auf mögliche unterstützende Maßnahmen durch die großen Notenbanken. Insbesondere von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird am Donnerstag mehrheitlich eine Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 0,75 Prozent erwartet.

Der Euro-Stoxx-50 steigt am Mittag um 0,5 Prozent auf 2.302 Punkte, der DAX legt um 0,7 Prozent auf 6.541 Punkte zu. Seit den Beschlüssen in Brüssel hat das deutsche Börsenbarometer damit schon über 400 Punkte gewonnen.

Auch positive Konjunktursignale tragen zur guten Stimmung in Europa bei. Nach zwei rückläufigen Monaten hat das Wachstum in der chinesischen Dienstleistungsbranche im Juni wieder an Tempo gewonnen. Der Dienstleistungssektor ist in China zwar nicht so bedeutend wie das Verarbeitende Gewerbe, aber er signalisiert zumindest, dass der Abschwung nicht alle Bereiche des Landes erfasst hat.

Händler sprechen von einem insgesamt ruhigen Geschäft. "Vor dem US-Feiertag am Mittwoch und der EZB-Sitzung am Donnerstag wird hier nicht viel passieren", meint ein Händler.

Nach den EU-Gipfelbeschlüssen zur Bankenrettung wird weithin erwartet, dass die EZB mit einer Zinssenkung ihren Teil zur Lösung der Schulden- und Konjunkturkrise leistet. Daneben richten sich die Blicke auch bereits auf den Freitag und die Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten - ein weiterer Grund, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Sollten die US-Daten schwach ausfallen, dürfte das die Spekulationen über weitere Schritte der US-Notenbank zur Stützung der Wirtschaft anheizen, so die Erwartungen am Markt. Am Montag hatte bereits der enttäuschend ausgefallene ISM-Index des Verarbeitenden Gewerbes der USA entsprechende Hoffnungen entfacht.

Am Anleihemarkt macht sich die Zuversicht weniger bemerkbar. Die Renditen der spanischen und italienischen Anleihen bewegen sich kaum weiter nach unten. Mit 6,33 Prozent liegt die spanische Zehnjahresrendite aber deutlich unter den Höchstständen von jenseits der 7-Prozent-Marke aus der Vorwoche.

Auch der Euro profitiert anders als die Aktienkurse nicht mehr vom EU-Gipfel und wird aktuell knapp unter der Marke von 1,26 Dollar gehandelt. Bereits am Montag hatte die Euphorie nach den Beschlüssen des EU-Gipfels nachzulassen begonnen, nun kommt die erwartete Zinssenkung als Belastungsfaktor hinzu. "Die Gemeinschaftswährung hat einen Teil ihrer deutlichen Gewinne nach dem Gipfel wieder abgegeben und dürfte vor der EZB-Zinsentscheidung am Donnerstag weiter verlieren", kommentiert Devisenexperte Michael Boutros von DailyFX.

"Ich glaube ein Teil des Marktes geht davon aus, dass die EZB etwas konkreteres tun wird, etwa die Anleihemärkte Spaniens und Italiens am langen Ende zu stützen", sagt Steven Englander, Währungsstratege bei der Citigroup. "Sollten die Gipfel-Ergebnisse die EZB zu Maßnahmen zur Stützung der Bondmärkte ermutigen, könnte das ein durchschlagender Erfolg werden", betont Chefvolkswirt Holger Schmieding von der Berenberg Bank. "Wenn sie sich dagegen zurückhält, könnte die Krise im Sommer eskalieren, bis die EZB schließlich doch noch einlenkt", sagt Schmieding weiter.

An den Börsen ist der Rücktritt von Barclays-Chef Bob Diamond das erste Gesprächsthema. Der Skandal um Manipulationen auf dem Interbankenmarkt hat damit weitere personelle Konsequenzen, nachdem am Montag bereits Chairman Marcus Agius angekündigt hatte, seinen Hut zu nehmen. Er hat dies allerdings inzwischen wieder revidiert, um einen Nachfolger für Diamond zu finden.

Teilnehmer zeigen sich von dem Rücktritt überrascht, zumal am Mittwoch eigentlich eine parlamentarische Anhörung von Diamond geplant war. Die Barclays-Aktie ist nach einem Minus von fünf Prozent im frühen Handel inzwischen ins Plus gedreht und gewinnt 3,4 Prozent. "Mit dem Abgang von Diamond hat sich die Bank letztlich einen Gefallen getan", sagt ein Händler zur Kursentwicklung. "Der Schritt ist gut für das Ansehen des Hauses. Wäre er nicht erfolgt, hätte die britische Regierung strikter gegen Barclays vorgehen können", fügt der Teilnehmer hinzu. Der Stoxx-Bankensektor gewinnt 0,7 Prozent.

Im Fokus steht auch die E.ON-Aktie, nachdem der Energiekonzern in den Verhandlungen um die langfristigen Gaslieferverträge mit dem russischen Gasmonopolisten Gazprom einen Erfolg erzielt hat. Wegen der rückwirkenden Anpassung der Preiskonditionen für Gaslieferungen ab dem vierten Quartal 2010 erwartet das DAX-Unternehmen nun einen positiven Effekt auf das Halbjahresergebnis von etwa einer Milliarde Euro. Die Aktie kommt nach einem Freudensprung aber von ihrem Tageshoch schon wieder etwas zurück. "Das ist zwar eine schöne Nachricht, aber eben nur ein Einmaleffekt", sagt ein Händler. An den anderen Probleme des Konzerns wie der Entwicklung der Strompreise ändere sich dadurch nichts. Nach der guten Entwicklung des Wertes in den vergangenen Wochen sei auch schon einiges eingepreist. Die E.ON-Aktie steigt um 1,8 Prozent auf 17,53 Euro

Unter den weiteren Branchen werden Autowerte favorisiert, sie gewinnen im Schnitt 1,2 Prozent. Der Index der Versicherer steigt um 1,3 Prozent. Daneben zeigt sich der Rohstoffsektor mit einem Plus von 1,6 Prozent. Hier wird zur Begründung auf steigende Metallpreise verwiesen. Schlusslichter sind in dem wieder von mehr Risikofreude geprägten Umfeld als defensiv geltende Sektoren Versorger, Telekommunikation und Einzelhandel.

Kontakt zum Autor: thomas.rossmann@dowjones.com

DJG/ros/reh

Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
 Es ist 02:19 Uhr.
Top 



copyright: imagine Grafik - DTP - Webdesign - [AGB / Datenschutz]