Alt 29.06.12, 12:09
Standard Erleichterungsrally nach EU-Gipfelbeschlüssen
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Die überraschend auf dem EU-Gipfel in Brüssel beschlossenen direkten Hilfen für spanische und italienische Banken sorgen an den europäischen Börsen für Freudensprünge. Die Indizes legen deutlich zu, gestützt von kräftigen Kursgewinnen bei Bankenaktien, und auch der Euro macht einen Satz nach oben. Am wichtigsten aber: Die Renditen an den Anleihemärkten sinken deutlich. Der Euro-Stoxx-50 steigt um 2,4 Prozent auf 2.210 Punkte, der DAX gewinnt 2,1 Prozent auf 6.280 Punkte.

Der jüngste Anstieg der Renditen spanischer und italienischer Anleihen auf dauerhaft nicht refinanzierbare Niveaus war es, der den Stein in Brüssel letztlich ins Rollen brachte. Spanien und Italien drohten unter der zuletzt stetig gestiegenen Zinslast zusammenzubrechen und hatten deswegen auf dem Gipfel ihre Zustimmung zum bereits vereinbarten 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspaket von Sofortmaßnahmen abhängig gemacht.

So sollen die Banken der Eurozone nun direkten Zugriff auf die Mittel des Rettungsschirms ESM bekommen, sobald eine einheitliche Aufsicht installiert ist. Außerdem sollen die Ansprüche des ESM nicht vorrangig vor denen anderer Gläubiger behandelt werden. "Die Senioritätsfrage hat die Anleger sehr beschäftigt, und die Nachricht scheint der Grund für die Rally an den Märkten zu sein", sagt Marktstratege Hamish Pepper von Barclays. Spanien und Italien seien die Gewinner des Gipfels und zwar auf Kosten von Deutschland, befindet Devisenmarktexperte Sean Callow von Westpac.

An den Anleihemärkten in Europa sorgen die Nachrichten für die erhoffte Entspannung. Nachdem die Renditen für spanische Benchmarkanleihen am Vortag zwischenzeitlich in den kritischen Bereich von 7 Prozent gestiegen waren liegen sie aktuell bei 6,60 Prozent. Die Zehnjahresrendite Italiens sinkt auf 6,00 Prozent. Bei Zinsniveaus um die 7 Prozent, die als dauerhaft nicht finanzierbar gelten, waren Irland und Portugal unter den Rettungsschirm der EU geschlüpft.

Es sind allerdings auch skeptische Stimmen zu den Beschlüssen zu hören. "Die direkte Banken-Rekapitalisierung kann zu einer Vergemeinschaftung der Staatsschulden durch die Hintertür verkommen", bewertet Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann die Ergebnisse. In Ländern, in denen die Geschäftsbanken im großen Umfang Staatsanleihen kaufen, könnten die fiskalischen Probleme so auf den Bankensektor abgewälzt werden. Dieser erhalte dann Kapital vom Rettungsschirm ESM - womöglich ohne makroökonomische Auflagen.

Am Devisenmarkt haben die auf Druck Spaniens und Italiens erreichten Beschlüsse den Euro von 1,2448 Dollar auf im Tageshoch 1,2628 Dollar nach oben getrieben. Inzwischen kommt er aber wieder etwas zurück und wird bei 1,2575 Dollar gehandelt. "Da die Erwartungen an den EU-Gipfel gering waren, kommen diese Neuigkeiten nun überraschend", so Devisenstratege Masafumi Yamamoto von Barclays Capital. Auch an den Rohstoffmärkten fallen die Kursreaktionen positiv aus, Öl und Gold legen zu.

An den Aktienmärkten sind Bankenaktien erwartungsgemäß die Tagesfavoriten und hier vor allem jene aus Spanien und Italien. Der Euro-Stoxx-Subindex der Banken schnellt um knapp 4 Prozent nach oben, sein Stoxx-Pendant legt um 2,3 Prozent zu. Italienische und spanische Bankenaktien verzeichnen Aufschläge von bis zu fünf Prozent. Der Leitindex in Madrid steigt um 2,4 Prozent, in Italien geht es für den breiten Markt um 2,6 Prozent nach oben. Griechische Bankenaktien gewinnen sogar bis zu 16 Prozent.

Zu den wenigen Verlierern unter den Einzeltiteln gehören die Aktien von adidas. Sie verlieren 2 Prozent. Belastet wird die Stimmung für die Aktie von enttäuschend ausgefallenen Geschäftsergebnissen des großen Konkurrenten Nike. Die Nike-Aktie war daraufhin im nachbörslichen US-Handel am Donnerstag um über 12 Prozent eingebrochen.

Im MDAX sind Kuka stark gefragt, die Papiere verteuern sich ohne neue Nachrichten um gut 6 Prozent. "Institutionelle Anleger steigen über Kuka in den Roboter-Markt ein", sagt ein Händler. Dieser sei ein "Wachstumsmarkt", an der Börse gebe es aber nur relativ wenige Titel, mit denen in den Markt investiert werden könne.

Kontakt zum Autor: thomas.rossmann@dowjones.com

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