Alt 28.06.12, 17:48
Standard XETRA-SCHLUSS/Märkte packt zum EU-Gipfel die Angst
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FRANKFURT--Zum EU-Gipfel in Brüssel ist der deutsche Aktienmarkt unter Druck gekommen. Der DAX verlor 1,3 Prozent auf 6.150 Punkte. Vordergründig überraschten die Abgaben, denn die Erwartungen an den Gipfel sind denkbar gering. Allerdings gab es am Morgen noch einen Dämpfer. So soll zwar über eine europäische Bankenaufsicht und auch die mögliche Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) diskutiert werden. Eine Beschluss dazu wird es nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen aber nicht geben.

Ohnehin sind die politischen Fronten verhärtet. Eine Einigung über zentrale Themen im Umgang mit der Finanzkrise scheint in weiter Ferne zu liegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt weiter jede Form einer Vergemeinschaftung von Schulden ab und fordert Strukturreformen. Die Länder der Peripherie halten dagegen, dass zunächst eine Stabilisierung der dortigen Anleihemärkte erreicht werden müsse. Und dies erfordere eine Vergemeinschaftung der Schulden, sprich die Einführung von Euro-Bonds.

Wie angespannt die Lege ist, zeigten die Aussagen der Politiker. Mit teilweise dramatischer Rhetorik appellierten Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und Italiens Premier Mario Monti unmittelbar vor dem Treffen an die 27 Staats- und Regierungschefs, jetzt schnelle Hilfe aus dem Rettungsschirm ESM für die angeschlagenen Banken zu überweisen. Ansonsten drohe eine "Katastrophe", wie Monti formulierte. "Dann fährt der Euro eben zur Hölle", fügte er hinzu.

Eine gelungene Auktion fünf- und zehnjähriger italienischer Staatsanleihen brachte keine Entspannung. Zwar konnte fast das geplante Maximalvolumen am Markt platziert werden, doch legten die Renditen erneut zu. Erst am Mittwoch hatte Italien für kurz laufende Titel deutlich höhere Zinsen akzeptieren müssen.

Bankenaktien erlitten die stärksten Verluste, da eine Lösung der Schuldenkrise auf dem Gipfel nicht absehbar ist. Damit drohen den Finanzmärkten auch in Zukunft schwierige Zeiten. Die Aktie der Deutschen Bank verlor 4,5 Prozent auf 26,91 Euro. Noch schlimmer erwischte es die Titel der Commerzbank, die 7,2 Prozent auf 1,25 Euro abgaben. Die Bank hatte mit Hilfe ihrer Mitarbeiter das eigene Kernkapital gestärkt. Allerdings trennte sich ein Großteil der Angestellten sofort wieder von den Aktien, die sie als variablen Teil ihrer Bonusvergütung für das Jahr 2011 erhalten hatten.

Der Banken-Sektor litt zusätzlich unter einem Zinsmanipulationsskandal. Barclays muss deshalb 363 Millionen Euro Strafe zahlen. Der Kurs der Barclays-Aktie brach um 15,5 Prozent ein. Laut einem Medienbericht werden die Ermittlungen auch auf andere Banken ausgedehnt.

Chemieaktien litten unter Ängsten, dass die abflauende weltweite Konjunktur auch auf den Sektor durchschlagen könnte. So gehen die Analysten der Citigroup bei Lanxess von einer schwierigen Abschätzbarkeit der Ertragsentwicklung aus und haben ihre Schätzungen daher gesenkt. Die Aktie von Lanxess verlor 2,1 Prozent auf 46,63 Euro, die von BASF fiel um 2,3 Prozent auf 51,89 Euro. Bei den Aktien von Infineon und Salzgitter wirkten die Gewinnwarnungen der Unternehmen nach.

Recht stabil zeigte sich dagegen der Automobilsektor. Die Daimler-Aktie büßte nur 0,1 Prozent auf 33,82 Euro ein und entwickelte sich damit deutlich besser als der Gesamtmarkt. Vom Kapitalmarkttag des Unternehmens kam, anders als von einigen Analysten befürchtet, keine Gewinnwarnung für die Lkw-Sparte.

Bei der Rhön-Klinikum-Aktie setzte sich die Talfahrt fort, nachdem die geplante Übernahme der Krankenhauskette durch Fresenius zu scheitern droht. Kurz vor Ablauf des Übernahmeangebots hatte sich der private Klinikkonzern Asklepios 5,01 Prozent des Klinikbetreibers gesichert. Beobachter befürchten, dass Fresenius es nun nicht mehr schaffen könnte, die selbst gesteckte hohe Annahmeschwelle von 90 Prozent plus eine Aktie zu erreichen. Die Aktie von Rhön-Klinikum fiel um weitere 5,7 Prozent auf 17,47 Euro.

Kontakt zum Autor: michael.fuchs@dowjones.com

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