Alt 04.11.20, 22:17
Standard Kräftiges Plus - Nach Wahl kein radikaler Kurswechsel erwartet
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NEW YORK (Dow Jones)--Trotz des zunächst unklaren Ausgangs der US-Wahl hat die Wall Street am Mittwoch ihre Gewinnserie fortgesetzt, auch wenn die Kurse kurz vor der Schlussglocke von ihren Tageshochs zurückkamen. Anleger reagierten erleichtert darauf, dass wohl kein radikaler politischer Kurswechsel zu erwarten ist, unabhängig davon, wer zum Präsidenten gewählt wird.

Der Dow-Jones-Index gewann 1,3 Prozent auf 27.848 Punkte. Der S&P-500 legte um 2,2 Prozent zu, der Nasdaq-Composite kletterte um 3,9 Prozent. Auf 1.756 (2.480) Kursgewinner kamen 1.338 (585) -verlierer. Unverändert gingen 58 (85) Titel aus dem Handel.

Angeführt wurde der Markt vom Pharmasektor, der 4,5 Prozent im Plus lag. Der Sektor profitierte nach Angaben von Beobachtern davon, dass es bei der US-Wahl nicht zu einer "Blauen Welle" gekommen ist. Bei einer Blauen Welle hätten die Demokraten Ausgaben im Gesundheitsbereich leichter kappen können.

Gefragt waren auch Technologiewerte mit Kursgewinnen von durchschnittlich 3,8 Prozent. Hier stütze die Erleichterung darüber, dass das Risiko einer stärkeren Regulierung der Branche nach der Wahl wohl abgenommen habe, hieß es.

Verkauft wurden aufgrund drastisch gesunkener Anleiherenditen hingegen Banken- und Finanzwerte. Rohstoff- und Versorger-Aktien waren ebenfalls nicht gefragt.

Wohl keine Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Kongress

Zwar waren noch nicht alle Stimmen ausgezählt, doch sah es danach aus, dass weder Republikaner noch Demokraten von den Wählern ein eindeutiges Mandat für einen radikalen Kurswechsel bekommen haben. Die Demokraten dürften im Repräsentantenhaus auch künftig die Mehrheit haben, während der Senat weiter von den Republikanern kontrolliert werden dürfte. Gleichzeitig ließen die bisher ausgezählten Stimmen den Schluss zu, dass die Chancen des demokratischen Kandidaten Joe Biden auf den Wahlsieg gestiegen waren.

Für die Märkte wäre eine "gespaltene" Regierung besser, als wenn beide Häuser des Kongresses von ein und derselben Partei kontrolliert würden, meinte Mark Travis von Intrepid Capital. Er hält das Zustandekommen eines weiteren Konjunkturpakets auch bei einer republikanischen Mehrheit im Senat für möglich. Gleichzeitig wäre das Risiko von Steuererhöhungen geringer. Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft wären auch dann wichtig, wenn Biden die Wahl gewinne. Sorge bereite ihm ein möglicher Lockdown, so Travis. Dieser wäre unter einem Präsidenten Biden eher wahrscheinlich, vermutete er.

Keinen Impuls setzten die US-Konjunkturdaten. Die Unternehmen haben im Oktober deutlich weniger Stellen geschaffen als erwartet. Es entstanden im Vergleich zum Vormonat nur 365.000 Stellen, so der Arbeitsmarkt-Dienstleister Automatic Data Processing Inc (ADP). Analysten hatten ein Plus von 600.000 Jobs erwartet. Das Handelsbilanzdefizit für September lag im Rahmen der Erwartungen. Die Einkaufsmanagerindizes von Markit und ISM für das nichtverarbeitende Gewerbe wiesen keinen einheitlichen Trend auf. Der ISM-Index sank im Oktober überraschend deutlich, während sein von Markit ermitteltes Pendant stärker als erwartet stieg. Beide lagen aber klar im expansiven Bereich.

Die Blicke der Anleger dürften aber schon auf das Ergebnis der Sitzung der US-Notenbank am Donnerstag gerichtet sein. "Ohne ein neues US-Konjunkturprogramm liegt der Ball nun wieder bei der Fed", sagt Chris Gaffney von der TIAA Bank. "Vielleicht wird die Fed die Wirtschaft stärker unterstützen müssen, als es mit einem Konjunkturprogramm nötig gewesen wäre", ergänzt der Teilnehmer.

Dollar büßt Gewinne wieder ein

Der Dollar gab anfängliche Gewinne wieder ab. Der Dollar-Index sank um 0,1 Prozent. Das Ergebnis bleibe ungewiss, was die Aussicht auf einen langen und umkämpften Wahlausgang erhöhe und den "sicheren Hafen Dollar" tendenziell stützen sollte, hieß es. "Ein zweites Trump-Mandat wird sich wahrscheinlich weiter als positiv für den Dollar erweisen, während ein Biden-Sieg den Greenback dazu zwingen könnte, einen Teil seiner Erholung abzugeben", merkte die Unicredit an.

Die Ölpreise zogen im Gefolge der Aktienkurse kräftig an. Stützend wirkte der Rückgang der US-Rohöllagerbestände, den die staatliche Energy Information Administration gemeldet hatte. Analysten hatten mit einem Anstieg der Vorräte gerechnet. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI erhöhte sich um 4,0 Prozent auf 39,15 Dollar, Brent legte um 3,8 Prozent auf 41,23 Dollar zu.

Eine deutliche Reaktion war bei den US-Anleihen zu beobachten, wo die Renditen auf 0,94 Prozent sprangen, bevor sie dann wieder unter 0,80 Prozent fielen. Anleger hätten wohl die Hoffnung auf ein Konjunkturpaket aufgegeben und stattdessen auf eine längerfristig lockere Geldpolitik der US-Notenbank und niedrige Zinsen gesetzt, hieß es. Die Rendite zehnjähriger Papiere fiel um 12,3x Basispunkte auf 0,77 Prozent.

Der Goldpreis sank um 0,3 Prozent auf 1.904 Dollar je Feinunze. Investoren seien mit großen Gold-Positionen in die Wahl gegangen und verkauften nun das Edelmetall angesichts der bestehenden Unsicherheiten und schichteten in den liquideren Dollar um. "Wir haben mehr Ungewissheit als gedacht, und solange diese bestehen bleibt, wird sich der Dollar in einer guten Position befinden, während Gold zu kämpfen haben wird", hieß es von der Saxo Bank.

Biogen haussieren - Neue Chance für Alzheimer-Medikament?

Im Pharmasektor sprangen die Aktien von Biogen um 44 Prozent nach oben. Vertreter der US-Gesundheitsbehörde FDA hatten sich positiv zum Alzheimer-Medikament Aducanumab geäußert, über das ein FDA-Ausschuss am Freitag beraten wird. Biogen und die japanische Eisai arbeiten seit 2017 gemeinsam an der Entwicklung des Medikaments, die Anfang vergangenen Jahres nach Rückschlägen während der Phase-III-Studie vorübergehend eingestellt und Ende 2019 wieder aufgenommen wurde.

Die Aktien der Fahrdienstleister Uber und Lyft verteuerten sich um 14,6 und 11,3 Prozent. Im US-Bundesstaat Kalifornien haben die Wähler zeitgleich mit der Präsidentschaftswahl in einem Volksentscheid dafür gestimmt, dass die Fahrer der beiden Unternehmen rechtlich auch künftig als selbständige Subunternehmer gelten. Vor der Abstimmung hatten die beiden Titel unter Druck gestanden, weil es nach Ansicht von Beobachtern das Geschäftsmodell der Unternehmen gefährdet hätte, wenn sie die Fahrer hätten anstellen müssen.

Die Berichtssaison trat mit dem ungewissen Wahlausgang etwas in den Hintergrund. Die Aktien von Super Micro Computer schossen um 22,3 Prozent nach oben. Die Server- und Datenspeicher-Gesellschaft übertraf mit ihren Erstquartalszahlen die Markterwartungen und überraschte auch mit dem Ausblick positiv. Das Unternehmen rechnet auch angesichts der Corona-Krise mittelfristig mit einem beschleunigten Wachstum.

RealNetworks verloren 14,4 Prozent. Das Unternehmen, das Techniklösungen im Bereich digitaler Medien anbietet, verbuchte in der dritten Periode bei fortgesetzten Aktivitäten einen Verlust.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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November 04, 2020 16:11 ET (21:11 GMT)

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