Alt 12.06.20, 18:55
Standard Wall Street mit wackeliger Erholung
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NEW YORK (Dow Jones)--Nach dem höchsten Absturz seit März am Vortag erholt sich die Wall Street am Freitag leicht. Fundamental habe sich nichts geändert. Die Konjunkturaussichten blieben trübe und der Absturz des Vortages habe die zu hoch geflogenen Börsenhoffnung wieder ein Stück weit an die Realität angepasst. Die Warnungen der US-Notenbank vor einer nur trägen Konjunkturerholung sei ein Weckruf gewesen, heißt es im Handel. Die Chefökonomin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Gita Gopinath, blies indes ins gleiche Horn wie US-Notenbankgouverneur Jerome Powell zuvor. Sie sieht die Erholung der globalen Konjunktur langsamer als zunächst prognostiziert vonstattengehen.

Doch auch die Optimisten melden sich schon wieder zu Wort. Sie verweisen auf die Unterstützung der Zentralbanken. Die gewaltige Liquiditätsflut der Zentralbanken, aber auch der Regierungen werde früher oder später wenigstens zum Teil den Weg an die Börse finden, heißt es. Gestützt wird diese Sicht von besser als vorausgesagt gestimmten US-Verbrauchern. Der an der Universität Michigan berechnete Index stieg deutlicher als erwartet. Bis zum Mittag US-Ostküstenzeit steigt der Dow-Jones-Index um 1,9 Prozent auf 25.610 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite klettern um 1,6 bzw. 1,5 Prozent.

"Es ist normal, dass der Markt am nächsten Tag eine Erholung probiert. Ich fürchte aber, diese ist eine Totgeburt, denn das Sentiment wird von den IWF-Kommentaren weiter eingetrübt (...)", warnt Chefmarktanalyst Naeem Aslam von Avatrade. Die Argumente pro und contra Aktien bleiben weitgehend unverändert. Den wirtschaftlichen Schäden durch die Coronapandemie und der Sorge vor einer zweiten Welle stehen die Hoffnung auf eine rasche Erholung der Ökonomie und die überschießende Liquidität gegenüber.

Öl und Gold teurer

Am Devisenmarkt gewinnt der ICE-Dollarindex 0,2 Prozent - gestützt vom überraschend positiven Verbrauchervertrauen. Der Euro fällt auf 1,1250 Dollar nach einem Tageshoch bei 1,1341 Dollar. Derweil nehmen die Erwartungen an den Euro laut Bank of America zu. Fondsmanager hätten zuletzt mehr Positionen auf einen steigenden Euro aufgebaut, so das Haus. Optimistisch seien sie wegen des geplanten Wiederaufbaufonds und der Entspannung der Peripherie-Spreads, die auch von den Käufen der Europäischen Zentralbank profitierten. Seit Mitte Mai hat der Euro rund 5 Cent gegen den Dollar gutgemacht.

Der Ölpreis erholt sich leicht von den jüngsten Abgaben. Das Barrel der Sorte WTI steigt um 0,1 Prozent auf 36,39 Dollar, Brent gewinnt 1,2 Prozent auf 39,01 Dollar.

Gold ist trotz der gestiegenen Risikofreude gesucht. Damit wird auch das Gros der jüngsten Aufschläge verteidigt. Das Edelmetall ist auch wegen der expansiven Geldpolitik der Notenbanken gefragt und dient als Inflationsschutz. Dazu passend sind die US-Importpreise im Mai spürbar gestiegen, nachdem im April noch klar nachgegeben hatten. Ökonomen hatten eine wenige deutliche Zunahme im Mai prognostiziert. Allerdings trug vor allem die Ölpreisentwicklung zu der Erhöhung bei. Denn ist die Entwicklung der Importpreise ein Indiz für die US-Inflation. Die Feinunze gewinnt 0,4 Prozent auf 1.734 Dollar.

Dagegen stehen Anleihen im Schatten des Aktienmarkts, zumal Anleger nach zwei Rallytagen Gewinne mitnehmen. Die Zehnjahresrendite steigt mit fallenden Notierungen um 2,0 Basispunkte auf 0,69 Prozent.

Adobe nach Zahlen aufwärts

Unter den Einzelaktien verteuern sich Adobe um 4,6 Prozent. Der Software- und Cloud-Konzern hat im zweiten Geschäftsquartal mehr verdient als erwartet, weil er davon profitierte, dass viele Beschäftigte wegen der Corona-Pandemie von zuhause aus arbeiteten. Dass der Umsatz im zweiten Quartal und der Ausblick auf das laufende Quartal unter den Erwartungen lagen, störte Anleger ebenso wenig wie der Umstand, dass Adobe ihre Jahresziele zurückzog.

Die Aktie von Lululemon baut die Vortagsverluste um weitere 5,7 Prozent aus, nachdem sie bis zur Schlussglocke am Donnerstag um 4,7 Prozent gefallen war. Der Hersteller von Yogabekleidung hatte im ersten Geschäftsquartal einen überraschend deutlichen Umsatzeinbruch verzeichnet und rechnet frühestens im vierten Quartal mit einer Erholung.

Die Analysten von Goldman Sachs sind weniger pessimistisch, was den Autoabsatz im laufenden Jahr angeht. Gleichzeitig stufen die Experten die Tesla-Aktie zurück auf "Neutral" von "Buy", während sie die Aktie von General Motors auf "Buy" von "Neutral" hochstufen. Tesla büßen 3,2 Prozent ein, GM ziehen um 4,5 Prozent an. Aktien von Johnson Controls steigen um 2,4 Prozent. Der Gebäudetechnikspezialist will wieder eigene Aktien zurückkaufen.

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June 12, 2020 12:36 ET (16:36 GMT)

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