Alt 11.08.18, 00:09
Standard Türkei-Krise setzt auch Wall Street unter Druck
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NEW YORK (Dow Jones)--Die sich weiter zuspitzende Türkei-Krise hat zum Wochenausklang auch an der Wall Street zu Abgaben geführt. Die Lira brach, ausgelöst durch die diplomatischen Verspannungen mit den USA, regelrecht ein und markierte zum Dollar im Verlauf neue Rekordtiefs. Der Greenback kletterte im Tageshoch bis knapp an die Marke von 7 Lira heran. Weiter angeheizt wurde der Konflikt von US-Präsident Donald Trump, der die Zölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei nun verdoppeln will. Künftig werden bei Einfuhren von Aluminium 20 Prozent Zoll fällig, bei Stahl sind es 50 Prozent.

Einem Bericht der Financial Times zufolge sorgt sich auch die EZB-Bankenaufsicht um das Engagement einiger europäischer Geldhäuser in der Türkei. Zusammen mit dem weiter schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China erhöhten diese Entwicklungen die Unsicherheit unter den Investoren.

Der Dow-Jones-Index verlor 0,8 Prozent auf 25.313 Punkte. Der S&P-500 und der Nasdaq-Composite fielen um je 0,7 Prozent. Noch am Vortag waren die Indizes ihren Allzeithochs schon recht nahe gekommen, angetrieben von überzeugenden Unternehmensbilanzen und robusten Konjunkturdaten.

Das Umsatzvolumen war mit 826 (Donnerstag: 648) Millionen gehandelten Aktien etwas lebhafter als in den vergangenen Tagen. Auf 993 Kursgewinner kamen 1.944 -verlierer. Unverändert schlossen 123 Titel.

Der türkische Finanzminister Berat Albayrak, der zugleich Schwiegersohn Erdogans ist, betonte am Freitag bei der Vorstellung eines "neuen Wirtschaftsmodells" für die Türkei die Bedeutung der Unabhängigkeit der Zentralbank. Seine Äußerungen hatten jedoch keine Auswirkungen auf den Lirakurs.

Einige Punkte des Modells waren laut der Commerzbank vorher schon durchgesickert. Die Senkung der Wachstumsprognose auf 3 bis 4 Prozent sei zwar optimistisch, gehe aber zumindest in die richtige Richtung. Anders sei das bei der Teuerung, wo Albayrak bereits wieder von einstelligen Raten spreche, die "so schnell wie möglich" erreicht werden sollen. In der Realität sehe es wohl anders aus.

Die vor der Startglocke veröffentlichten US-Konjunkturdaten hatten keinen Einfluss auf das Geschehen. Die Verbraucherpreise legten im Juli insgesamt wie auch in der Kernrate um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat zu und trafen damit jeweils exakt die Prognose.

News Corp geben deutlich nach - Qualcomm reduziert Strafe in Patentstreit

Bei den Einzelwerten ging es für die Aktie des Medienkonzerns News Corp um 13,5 Prozent nach unten. Die Konsolidierung australischer Fernsehaktivitäten hat dem Konzern im vierten Geschäftsquartal zwar einen Umsatzschub, jedoch auch einen Nettoverlust beschert. Zu dem Konzern gehören unter anderem die New York Post, das Wall Street Journal und diese Nachrichtenagentur.

Qualcomm hat in einem Patentstreit in Taiwan um sein Lizenzierungsgeschäft einen Sieg errungen. Der US-Chipkonzern konnte die ursprüngliche Geldbuße um fast 700 Millionen Dollar reduzieren. Er erklärte sich bereit, mit taiwanischen Smartphone-Herstellern wie HTC zu verhandeln und im Land zu investieren. Die Aktie verlor in dem negativen Gesamtumfeld lediglich 0,4 Prozent.

Dropbox fielen um 9,8 Prozent. Die Zweitquartalszahlen des Datenspeicherdienstes waren überraschend gut ausgefallen. Auf dem Kurs lastet jedoch der zeitgleich mit der Veröffentlichung der Zahlen angekündigte Rücktritt des COO Dennis Woodside. Außerdem endet die Haltefrist für Dropbox-Aktien nach dem Börsengang früher als erwartet.

Schwächster Wert im Dow waren Intel mit minus 2,6 Prozent. Goldman Sachs hatte die Titel auf "Sell" von "Neutral" abgestuft.

Ölpreise mit Erholung - "Sicherer Hafen" Anleihen legt zu

In Zeiten erhöhter geopolitischer Verunsicherung wenden sich die Anleger den "sicheren Häfen" Anleihen und Dollar zu. Mit einem kräftigen Plus zeigten sich dabei deutsche Bundesanleihen. Aber auch für die US-Anleihen ging es nach oben. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen fiel um 6 Basispunkte auf 2,87 Prozent.

Der Dollar legte vor allem gegenüber der türkischen Lira zu. In der Spitze ging es hier bis auf 6,9700 Lira nach oben. Aber auch der Euro stand unter Druck und fiel im Verlauf bis auf 1,1387 Dollar, den tiefsten Stand seit über einem Jahr. Im späten Handel ging die Gemeinschaftswährung mit etwas über 1,14 Dollar um, nach 1,1550 Dollar am Vorabend. Der WSJ-Dollarindex stieg um knapp 1 Prozent.

Der feste Dollar belastete den Goldpreis. Die Feinunze ermäßigte sich um 0,1 Prozent auf 1.212 Dollar und profitierte damit nicht von der Türkei-Krise und dem Handelskonflikt. Insgesamt werde der Goldpreis seit einiger Zeit eher vom Dollar bestimmt, der wiederum von steigenden US-Zinsen nach oben getrieben werde. Als sicherer Hafen habe das Edelmetall dagegen an Bedeutung verloren, hieß es aus dem Handel.

Nach zwei Tagen mit Abgaben kam es bei den Ölpreisen zu einer Erholung. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI stieg um 1,2 Prozent auf 67,63 Dollar, Brent kletterte um 1,0 Prozent auf 72,81 Dollar. Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte ihre Prognose für die globale Ölnachfrage erhöht. Das linderte Befürchtungen, dass als Folge des Handelsstreits die chinesische Ölnachfrage zurückgehen könnte. Daneben erhielt der Markt Unterstützung von Spekulationen, dass wegen der US-Sanktionen gegen Iran weniger iranisches Öl auf den Markt kommen könnte. Die Akteure am Ölmarkt schienen sich nicht daran zu stören, dass in den USA in der laufenden Woche zehn weitere Ölförderanlagen den Betrieb aufgenommen haben. Die Zahl der "aktiven" Anlagen sei auf 869 gestiegen, teilte Baker Hughes, ein Ausrüster der Ölbranche, am Freitag mit.

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August 10, 2018 16:11 ET (20:11 GMT)

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