Alt 10.08.18, 11:14
Standard Türkeikrise erreicht Europa - DAX knickt um 1,5% ein
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FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte befinden sich im frühen Handel am Freitag auf Talfahrt. Die Rückkehr von Systemrisiken, ausgehend von der sich zuspitzenden Lage in der Türkei, und der davon verursachte starke Rücksetzer des Euro sorgen für starke Verunsicherung. Vor allem die Kurse der Banken stehen unter Druck wegen Sorgen um die finanziellen Engagements der Geldhäuser in türkischen Schuldtiteln bzw deren Verbindungen mit türkischen Banken.

Der DAX fällt um 1,5 Prozent zurück auf 12,480 Punkte und hat damit die untere Unterstützung der einwöchigen Seitwärtsspanne nach unten durchbrochen. Für den Euro-Stoxx-50 geht es um 1,3 Prozent abwärts auf 3.449 Zähler.

Der Euro knickte am Morgen um rund 1 Cent gegenüber dem Dollar ein und ist mit gut 1,1450 Dollar so billig wie zuletzt vor gut einem Jahr. "Problematisch ist, dass Charttechniker jetzt eine Kopf-Schulter-Formation im Euro-Dollar sehen, die den Euro weltweit auf die Verkaufslisten setzt", meint ein Händler, der mit weiter fallenden Eurokursen rechnet.

Teilnehmer sprechen von einer "Flucht in sichere Häfen", zu dem neben dem Dollar auch bundesdeutsche Staatsanleihen zählen. Deren Kurse springen auf Zweiwochenhochs. Als Auslöser wird ein Bericht der Financial Times angeführt, wonach die Türkei-Krise nun auch die EZB-Bankenaufsicht umtreibt. Genannt werden konkret die Banken BNP Paribas, Unicredit und BBVA. Deren Kurse fallen um bis zu 3,7 Prozent. Andere Bankenaktien werden in Sippenhaft genommen wegen der befürchteten Systemrisiken. Deutsche Bank verlieren 3,2 Prozent, der Stoxx-Bankenindex kommt um 1,4 Prozent zurück.

In Istanbul, wo die Börse sich erneut widerstandsfähig zeigt und knapp behauptet tendiert, geht es für die Bankenaktien Yapi und Garanti um gut 2 Prozent nach unten.

Lira im freien Fall

Mit der türkischen Lira geht es derweil dramatisch bergab. Der Dollar machte zwischenzeitlich einen Satz von 5,55 Lira am Vorabend auf erstmals überhaupt über 6 Lira. Am türkischen Anleihemarkt ist das Zinsniveau für Papiere mit zwei Jahren Laufzeit mittlerweile auf über 20 Prozent gestiegen, ein klares Anzeichen für massiven Stress und zunehmende Spekulationen über drohende Finanzprobleme des Landes. Der türkische Finanzminister hat derweil für Freitag die Vorstellung eines neuen Wirtschaftsmodells angekündigt. Demnach soll wohl zunächst die Wachstumsprognose etwas zurückgenommen werden. So soll die Wirtschaft zukünftig nicht mehr mit 5,5 sondern nur mit 3 bis 4 Prozent wachsen.

Neben Bankenaktie geraten auch Einzelwerte aus anderen Branchen in den Türkei-Sog. Der Kurs des Außenwerbers Ströer aus dem MDAX verliert 4,7 Prozent. Ströer ist die Nummer Eins im türkischen Markt für Außenwerbung. Bei Ströer waren bereits die jüngsten ansonsten guten Quartalszahlen durch das große Türkei-Engagement verhallt.

Unter Druck stehen auch Europas Chipaktien nach einer Abstufung des Sektors durch Morgan Stanley. Die Analysten geben dem Sektor nur noch eine "In line"-Einstufung nach zuvor "Attractive". In Asien schnitten Chipwerte darauf unterdurchschnittlich ab. Unter anderem fallen STMicro um 2,5 Prozent, Infineon um 1,8 Prozent und ASML um 1,4 Prozent. Zur Begründung verweist Morgan Stanley auf die Schwäche bei Speicherchips und Auftragsfertigern.

"Das könnte das nächste große Investmentthema werden, nämlich das Zurückfahren von Investitionen", warnt ein Händler. Denn auch in anderen Branchen wie bei den Investitionsgüterherstellern lasse das Momentum bei den Auftragseingängen teilweise nach. Dazu passt auch, dass der Stoxx-Rohstoffindex mit einem Minus von 1,9 Prozent größter Verlierer ist.

Kurseinbruch bei K+S

Bei den Einzelwerten ragen K+S mit fast 11 Prozent Minus hervor. Das Unternehmen hat gewarnt, die kursierenden Gewinnschätzungen in diesem Jahr nicht zu erreichen. Die Enttäuschung darüber ist besonders groß, weil zuletzt Konkurrenzunternehmen aus den USA und Kanada mit ihren Geschäftszahlen eher noch positive Fantasie geschürt hatten.

Die Aktie des Autozulieferers Hella verliert nach Bekanntgabe des Nettoergebnisses knapp 3 Prozent. Hella habe die Marge zwar wie erhofft gesteigert, allerdings sieht das Unternehmen sie im nächsten Jahr nur auf dem aktuellen Niveau.

Bei Hapag-Lloyd ist das Quartal nicht so schlecht wie befürchtet ausgefallen, hier geht es um 0,1 Prozent nach oben. Bechtle springen im TecDAX nach einem erhöhten Ausblick um 5 Prozent.

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August 10, 2018 04:19 ET (08:19 GMT)

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