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SCHRITTE DER BODENBILDUNG.
So, da war sie nun endlich, die lang erwartete Korrektur – oder soll ich lieber sagen, das Korrektürchen? Denn die 7%, die der DAX von Montag früh bis Dienstag mittag verlor, ist nicht gerade viel, wenn man die vorhergehenden 27,5% Kursrallye anschaut. Aber so ist das in einem Bullenmarkt: Man bekommt kaum die Chance noch aufzuspringen. Noch ehe die Kurse eine nennenswerte Korrektur erfahren können, springen schon wieder Anleger auf, die den ersten Schwung der Rallye verpasst hatten und treiben die Kurse noch höher. Selbstredend war am Montag bis zum Dienstag Vormittag das Gerede groß, dass nun wieder die Marke von 3.666 Punkten beim DAX in Angriff genommen und nach unten durchbrochen werde. Robbie Williams singt in seinem Song „Tripping": „First they ignore you, then laugh at you and hate you. Then they fight you, then you win" – „zuerst ignorieren sie Dich, dann lachen sie Dich aus und hassen Dich. Dann bekämpfen sie Dich, dann hast Du gewonnen." Mit meiner Bodenbildungsprognose, mit der ich mich Ende Februar und Anfang März weit aus dem Fenster gelehnt hatte, ist mir genau das widerfahren: Zunächst habe ich einen Artikel für einen Vertragspartner verfasst, der diesen dann nur gekürzt abgedruckt hat. Das ist natürlich ärgerlich, wenn ich meine Analyse sorgfältig darlege und am Ende zum Schluss komme, dass der Boden erreicht ist. Beim Abdrucken wurde die Schlussfolgerung jedoch weggelassen, denn die Meinung des Herausgebers war genau das Gegenteil: Weltuntergang, wie so ziemlich alle sogenannten Experten Ende Februar. Nun gut, da wurde ich also ignoriert. Als die Kurse dann zu steigen begannen, trafen mich plötzlich LKW-Ladungen (bildlich gesprochen) von Hass-E-Mails und von E-Mails, in denen meine analytischen Fähigkeiten ausgelacht wurden. Ihr Autor könne niemals den Argumenten von Nouriel Roubini und anderen hoch bezahlten sogenannten Experten standhalten und Ihr Autor hätte ohnehin keine Ahnung. Die damit einhergehende Fäkalsprache erspare ich Ihnen an dieser Stelle. Nun gut, da wurde ich also ausgelacht und beschimpft. Jetzt fehlt nur noch, dass man mir irgendetwas vorwirft. Bitte jetzt nicht mehr voll einsteigen, denn die Gefahr einer stärkeren Korrektur ist nun stets gegeben. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass mir vorgeworfen wird, ich hätte beim DAX 4.600 zum Kauf geraten, wenn der DAX aufgrund einer stärkeren Korrektur nochmals auf 4.200 abrutschen sollte. Das fehlt noch für meine persönliche Statistik. Für die volkswirtschaftliche Statistik fehlt noch der Aufschwung. Bislang haben wir Kursanstiege erlebt, die einzig und allein aufgrund des Umstandes erfolgten, dass wir keine Weltwirtschaftskrise, keine Depression erhalten, sondern lediglich eine Rezession, die mit heftigen Konjunkturprogrammen und Liquiditätsausweitungen aufgefangen werden kann. Es fehlen noch eindeutige Zeichen für einen bevorstehenden Aufschwung. BELASTUNGSTEST DER 19 BANKEN BEREITS LANGWEILIG Nächste Woche werden die Ergebnisse der Belastungstests der 19 großen Banken der USA erwartet. US-Finanzminister Tim Geithner hat diesen Test ins Leben gerufen, um die Verfassung des Finanzsektors vor dem Hintergrund weiterer eventueller Probleme besser abschätzen zu können. Bislang gibt es noch keine offizielle Stellungnahme zu den Ergebnissen, aber jede Menge Gerüchte. Und zwar so viele Gerüchte, dass ich ein überraschendes Ergebnis nicht mehr erwarte. Alle Möglichkeiten wurden in den vergangenen Tagen bereits an der Börse durchgekaut, mit entsprechend steigenden oder fallenden Kursen. Die Veröffentlichung der Test-Ergebnisse wird Gewissheit schaffen und das allein ist bereits gut für die Börse. Ich will hier nicht in die Verbreitung von Gerüchten einstimmen, die teils einzelnen Banken das Ende voraussagen und teils ein Bestehen aller 19 Banken Glauben machen wollen. Sondern ich will mit etwas Abstand betrachten, wie das Ergebnis aussehen müsste, damit es nach dem Geschmack von Geithner und Obama ist. Es geht beispielsweise nicht, dass nach mehreren Wochen Stresstest plötzlich das Ergebnis veröffentlicht wird, dass über die Hälfte der Banken praktisch insolvent ist und staatliche Hilfe benötigt. Dann würde der Dow Jones am nächsten Tag 20% tiefer eröffnen. Es ist auch nicht zu erwarten, denn in den vergangenen Wochen konnten viele Banken die steigenden Kurse nutzen, um ihre Bilanzen aufzubessern, so dass die wirklich schlimmen Liquidationsengpässe inzwischen weitgehend behoben sein dürften. Es kann meines Erachtens aber auch nicht sein, dass alle 19 Banken vom Finanzministerium als kerngesund dargestellt werden. Das wäre unglaubwürdig. Das würde die Aussagekraft des Belastungstests in Frage stellen. Es kann doch nicht sein, dass der Finanzsektor die Weltwirtschaft in eine Rezession zieht, vorübergehend sogar in eine Depression, und dass kurz nachdem ein paar staatliche Hilfsmittel geflossen sind alle Finanzinstitute wieder mit dicken Gewinnen aufwarten können. Bei aller Vernunft, das kann auch Obama seinem Volk nicht vermitteln. Also wird es ein paar Banken geben, die den Test nicht bestehen. Und dann wird es wichtig sein, wie mit diesen Problemfällen umgegangen wird. Springt der Staat ein? Oder schickt man die Banken in die Insolvenz? Oder forciert man Lösungen innerhalb der Branche? Ich erwarte, wie Sie sich nach dieser Einführung denken können, dass es ein paar Zwangshochzeiten geben wird. Damit kann gezeigt werden, dass der Belastungstest wirklich kritische Banken ausfiltern konnte. Damit kann gleichzeitig gezeigt werden, dass die Finanzbranche inzwischen wieder in der Lage ist, mit solchen Problemfällen aus eigener Kraft fertig zu werden. Wenn es dann soweit ist, dürfte ein solcher Ausgang kaum für Überraschung sorgen. Es ist dann lediglich ein Damoklesschwert weniger, das über den Märkten schwebte. Ein potentielles Argument für die Bären weniger. Nun, in der abgelaufenen Woche haben die Bären dieses Argument bis zum Exzess genutzt und konnten für die leichte Korrektur sorgen. Schauen Sie sich die Wochenbewegung der wichtigsten Indizes selbst einmal an: INDIZES (23.04.2009) Dow Jones: 7.957 | -2,1% DAX: 4.538 | -3,0% Nikkei: 8.707 | -2,2% Euro/US-Dollar: 1,320 | 1,2% Euro/Yen: 127,71 | -1,2% 10-Jahre-US-Anleihe: 3,07% | 0,1 Umlaufrendite Dt: 2,92% | -0,1 Feinunze Gold USD: $911,40 | 5,0% Fass Crude Öl USD: $46,51 | -7,6% Baltic Dry Shipping I: 1.897 | 12,8% Wie erwartet ist der Ölpreis nun auch wieder unter 50 USD/Fass gerutscht. Die Korrektur dürfte noch ein wenig weiter gehen. Völlig überraschend und bislang von noch niemandem bemerkt, ist der heftige Goldpreisanstieg. Es ist fast so, als interessiere sich niemand mehr für Gold und völlig unbemerkt ist der Preis je Feinunze um satte 5% nach oben gesprungen. Suchen Sie mal nach Erklärungen für den jüngsten Goldpreisanstieg: Es gibt keine. Den einzigen Erklärungsansatz habe ich von einer amerikanischen Charttechnikerin erhalten, die in der jüngsten Korrektur die Ausbildung der rechten Schulter einer umgekehrten Schulter-Kopf-Schulter Entwicklung sieht. Für Nicht-Charttechniker: Das ist unglaublich bullish! Ich hatte zu Preisen unter 870 USD/Unze zum Nachkaufen von Gold aufgerufen, nun können wir der Entwicklung gelassen zuschauen. Die Frachtkosten, gemessen am Baltic Dry Index, steigen wieder an. Gerade rechtzeitig für meinen Geschmack, denn während Börse und Ölpreis korrigieren, zeigen die anziehenden Frachtkosten doch eine Wiederbelebung des Welthandels an. Zusätzlich wird an diesem Wochenende der Schifffahrtsverkehr auf der Elbe steigen, denn Ihr Autor wird dort ein Papierschiffchen mit wertvoller Fracht auf Reisen schicken. Hamburger kennen diesen Brauch. Ich werde bei dieser Gelegenheit auf die Beladung der „echten" Frachtschiffe achten, denn auch daraus können wir Rückschlüsse auf die aktuelle Vitalität des Welthandels ziehen. Die Stimmung unter den Anlegern und Analysten hat sich in der abgelaufenen Woche deutlich eingetrübt. Hier die entsprechenden Sentimentdaten: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 03.-10. Apr (202): 62% / 38% 10.-17. Apr (104): 56% / 44% 17.-24. Apr (168): 54% / 46% ANALYSTEN KAUF Fresenius SE, Merck, Wincor Nixdorf ANALYSTEN VERKAUF MLP, Nobel Biocare, Arcandor PRIVATANLEGER: Aktuell 50,6%% Bullen (-10%!, 79 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 4.565 PRIVATANLEGER KAUF Arques, Q-Cells, Software AG PRIVATANLEGER VERKAUF Deutsche Bank, Wells Fargo, PNC Financial Serv. Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Sowohl die professionellen Analysten, als auch die privaten Anleger haben in der abgelaufenen Woche einen kräftigen Schwenk zum Pessimismus vollzogen. Ich sehe darin noch einen weiteren Beleg dafür, dass die überfällige Korrektur am Montag und Dienstag bereits einen Großteil der notwendigen Bereinigung vorgenommen hat. BOB TOLL SPRICHT VON BALDIGEM BODEN BEI US-IMMOBILIEN Toll Brothers ist ein Bauunternehmen in den USA, das insbesondere Luxushäuser baut und verkauft. Bob Toll, Gründer und Chef des Unternehmens, war frühzeitig pessimistisch über den Immobilienmarkt, wandelte seine Meinung vor einem halben Jahr in eine verhaltene Zuversicht, denn er sah die Preise als tief genug an, um erste Nachfrager auf den Markt zu rufen. Dies geschah seither und nun, in dieser Woche hat Bob Toll verlauten lassen, dass sein Unternehmen eine deutliche Bestandsreduzierung vermelden kann und dass die Nachfrage kräftig angezogen sei. Seiner Einschätzung nach werden die Preise am US-Immobilienmarkt in diesem Sommer einen Boden bilden. Hätten Sie das für möglich gehalten? Hätten Sie geglaubt, dass irgendwann nochmals irgendjemand Interesse an einem Haus in den USA haben könnte? Nun, die USA sind ein Einwanderungsland mit wachsender Bevölkerungszahl und als ein solches ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein etwaiger Häuserüberschuss aufgebraucht ist. Das scheint nun bald der Fall zu sein. Wissen Sie, was dann mit den bis zur Bedeutungslosigkeit abgeschriebenen Immobilienderivaten im Bestand der US-Banken und Broker passieren wird? Sie werden an Wert zulegen – „überraschend"! Also: Der Bankensektor wurde durch Geithner & Bernanke gerettet. Der Immobiliensektor sieht nun auch erste Anzeichen der Rettung. Der Welthandel (Frachtkosten, Rohstoffpreise) ist inzwischen ebenfalls weit von seinem Tief entfernt. Wie sieht es eigentlich im Technologiesektor aus? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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