Alt 28.06.12, 12:00
Standard Verstärkter Verkäufsdruck vor EU-Gipfel
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Ausverkauf am europäischen Aktienmarkt vor EU-Gipfel: Im Vorfeld des mit Spannung und mittlerweile auch geringen Hoffnungen auf einen Durchbruch erwarteten EU-Gipfel gehen die Anleger auf Nummer sicher. Die wichtigsten Aktienindizes in Europa geben deutlich nach und behaupten damit die Gewinne aus dem frühen Donnerstagshandel nicht. Der Euro-Stoxx-50 verliert 1,2 Prozent auf 2.139 Punkte, der DAX reduziert sich um 1,8 Prozent auf 6.118 Zähler. Am Devisenmarkt kommt der Euro vor dem EU-Gipfel etwas unter Druck. Nach einer zwischenzeitlich Erholung auf 1,2520 Dollar fällt er auf 1,2426 Dollar bis zum Mittag zurück.

Die ohnehin bereits niedrigen Erwartungen an den Gipfel haben am Morgen einen weiteren Dämpfer erhalten. So soll in Brüssel zwar über eine europäische Bankenaufsicht und auch die mögliche Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) diskutiert werden, es soll dazu aber nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen keinen Beschluss geben. Deutschland sei der Überzeugung, dass man "bei der Aufsicht der Banken einen Schritt weitergehen" und zu einem europäischen System kommen müsse.

Jedoch seien die Einzelheiten sehr komplex, zum Beispiel "welche Rolle die EZB spielen soll", wie die Aufsicht mit den nationalen Aufsehern verknüpft werden soll oder für welche Banken sie gilt. Die Komplexität der Materie spreche dafür, dass auf dem Gipfel lediglich Aufträge erteilt würden, um Modelle zur Lösung einzelner Fragen vorzuschlagen, heißt es.

Im Vorfeld des Gipfels scheinen die politischen Fronten verhärtet, eine Einigung über zentrale Themen im Umgang mit der Finanzkrise noch immer in weiter Ferne. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt weiterhin jede Form einer Vergemeinschaftung von Schulden ab und fordert Strukturreformen. Die Länder der Peripherie halten dagegen, dass zunächst eine Stabilisierung der dortigen Anleihemärkte erreicht werden müsse. Und dies erfordere eine Vergemeinschaftung der Schulden, sprich die Einführung von Euro-Bonds.

Der italienische Ministerpräsident Mario Monti warnt gar vor einer möglichen "Katastrophe" für die EU, sollten die Mitgliedsländer keine gemeinsame Linie finden.

Die Akteure am Finanzmarkt befürchten, dass sich die Politiker nur auf das absolute Minimum einigen werden, um ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu verhindern. Am Anleihemarkt ziehen die Renditen Spaniens und Italiens wieder an, was die pessimistischen Erwartungen unterstreicht. Die Zinsen spanischer Benchmarkanleihen steigen in Richtung der 7 Prozentmarke. Auf diesem Niveau schlüpften Irland und Portugal unter den Rettungsschirm der EU.

Auch die Auktion fünf- und zehnjähriger italienischer Staatsanleihen schafft keine Entspannung. Zwar konnte fast das geplante Maximalvolumen am Markt platziert werden, doch legten die Renditen erneut zu. Erst am Mittwoch hatte Italien für kurz laufende Titel deutlich höhere Zinsen akzeptieren müssen.

Den Euro sehen viele Experten ungeachtet des mittlerweile recht geringen Enttäuschungspotenzials auf dem Gipfel tendenziell weiter auf dem Weg nach Süden. Fabian Eliasson, Devisenexperte von Mizuho Bank rechnet mit einem weiter nachgebenden Euro, solange keine dauerhafte Lösung gefunden wird. David Woo von der Bank of America-Merrill Lynch sieht den Euro wegen der geringen Aussichten auf einen Durchbruch in den kommenden Wochen auf 1,20 Dollar fallen. "Das Auseinanderdriften von Frankreich und Deutschland ist Besorgnis erregend", so der Experte.

Das schwache Sentiment an den Aktienmärkten zeigt sich vor allem bei Bankenaktien. Der entsprechende Sektorindex verliert 2,0 Prozent. "Ich werte das als Nervosität im unmittelbaren Vorfeld des EU-Gipfels", sagt ein Händler. Es sei jetzt schon absehbar, dass die Probleme im Bankensektor, nämliche die unzureichende Kapitalisierung und die verhängnisvolle Verschränkung zwischen dem Sektor und den eigenen Staaten, nicht gelöst würden. Damit drohten den Finanzmärkten auch in Zukunft schwierige Zeiten. Die Aktien der Deutschen Bank verlieren 3 Prozent.

Favorisiert werden in dem von großer Unsicherheit geprägten Umfeld Aktien aus den eher defensiven Sektoren Gesundheit und Nahrungsmittel. Relativ stabil hält sich auch der Automobilsektor, wenngleich auch dieser nach einem festeren Start ins Minus gedreht hat. Die Daimler-Aktie büßt 0,5 Prozent ein und notiert damit deutlich besser als der Gesamtmarkt. Vom Kapitalmarkttag des Unternehmens kam anders als von einigen Analysten erwartet keine Gewinnwarnung für die Lkw-Sparte. "Das ist erst einmal eine positive Überraschung", so ein Händler.

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