Alt 27.06.12, 11:41
Standard Niedrige Erwartungen an Gipfel stützen Börsen
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FRANKFURT--Im Vorfeld des mutmaßlich richtungsweisenden EU-Gipfels ab Donnerstag dominieren an den Finanzmärkten in Europa weiter Skepsis und Vorsicht. Dass die Börsen trotzdem leicht zulegen, dürfte nicht zuletzt an der niedrigen Erwartungshaltung liegen. Da kaum jemand mit einem Befreiungsschlag in der Eurozone-Schuldenkrise rechnet, gibt es fast nur positives Überraschungspotenzial. Allerdings können die Indizes zum Mittag ihre Gewinne aus dem frühen Handel nicht ganz behaupten. Der DAX steigt noch um 0,2 Prozent auf 6.149 Punkte, der Euro-Stoxx-50 legt um 0,5 Prozent auf 2.138 Punkte zu.

Bei den Sektoren geben die zyklischen Rohstoff- und Chemieaktien stärker um über 1 Prozent nach. Größte Gewinner sind Versicherer und Versorger, deren Subindizes um gut 1 Prozent zulegen. Händler rechnen im weiteren Verlauf mit einem volatilen Geschäft in engen Spannen. "Die Anleger werden sich vor dem EU-Gipfel kaum aus der Deckung wagen", heißt es.

Vor Beginn des EU-Gipfels haben sich die Positionen der einzelnen Staaten zunehmend verhärtet. Während Bundeskanzlerin Merkel angeblich die Einführung von Euro-Bonds zu ihren Lebzeiten ausschließt, hat der italienische Premier Mario Monti mit seinem Rücktritt gedroht, sollte es bei dem Thema der gemeinschaftlichen Haftung für die Schulden in der Eurozone keine deutlichen Fortschritte geben. "Die Märkte haben in der Zwischenzeit die Hoffnung an den Gipfel aufgegeben", sagt ein Analyst.

Am Devisenmarkt verläuft die Entwicklung ähnlich wie an den Börsen; der Euro bewegt sich in einer engen Spanne volatil seitwärts und steht knapp unter 1,25 Dollar. Nach oben dürfte beim Wochenhoch von 1,2530 US-Dollar Schluss sein, erwartet Devisenexperte Christopher Vecchio von DailyFX. Eine Unterstützung sieht er im Bereich 1,2480 bis 1,2440 Dollar.

Die herrschende Nervosität macht sich auch am Anleihemarkt bemerkbar: Die Renditen spanischer und italienischer Anleihen verharren auf den zuletzt wieder erhöhten Niveaus und signalisieren keine Entspannung. Auch die Auktion italienischer Schatzwechsel sorgt nicht für Beruhigung. Zwar konnte Italien bei den sechsmonatigen Schatzwechseln das geplante Volumen von 9 Milliarden Euro platzieren, doch legte die Rendite im Vergleich zur vorangegangenen Versteigerung auf 2,971 von 2,136 Prozent deutlich zu.

An den Börsen sorgt nicht nur die Unsicherheit im Vorfeld des EU-Gipfels für Zurückhaltung. Auch die sich eintrübende Weltwirtschaft kommt zunehmend bei den Unternehmen an. Jüngstes Indiz ist die Gewinnwarnung von Infineon. Auch Siemens und Salzgitter haben sich zuletzt eher vorsichtig geäußert. Die Aktie von Infineon verliert nach dem Kurseinbruch am Vortag weitere 2,7 Prozent.

Die heftige Kappung der erwarteten Gewinnmargen bei Infineon hat viele Analysten zu teilweise kräftigen Senkungen ihrer Kursziele getrieben. Überraschung und Enttäuschung kennzeichnen die Einschätzungen, nachdem das Unternehmen noch vor wenigen Wochen angesichts gut gelaufener Geschäfte Konstanz bei Umsatz und Margen in Aussicht gestellt hatte.

Die Salzgitter-Aktie büßt nach der Gewinnwarnung für das Stahlgeschäft 7 Prozent ein, für die Titel von ThyssenKrupp geht es im Sog um 1,5 Prozent nach unten. Dass Thyssen Goldman Sachs und Morgan Stanley strategische Optionen für Steel Americas prüfen lässt, stützt die Aktie kaum. "Dass Thyssen Lösungen sucht, ist bekannt", meint ein Händler. Der Markt wisse aber auch, dass die Problemlösung in Brasilien schwierig sei.

Im Fokus steht daneben die Commerzbank-Aktie. Sie gewinnt 0,1 Prozent auf 1,33 Euro. Marktteilnehmer sehen die geänderte Prioritätensetzung bei der Restrukturierung positiv: Die Bank will sich entgegen der bisherigen Planung vollständig aus dem Geschäft mit gewerblichen Immobilien und der Schiffsfinanzierung zurückziehen. Es sei konsequent, sich von Verlustbringern zu trennen, heißt es.

Im MDAX stehen die Lanxess-Papiere unter Druck und verlieren 5,8 Prozent. Händler begründen dies mit der Gewinnwarnung des britischen Spezialchemie-Konkurrenten Yule Catto, der von einem schwierigen Marktumfeld spricht.

Kontakt zum Autor: thomas.rossmann@dowjones.com

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