Alt 19.06.12, 12:08
Standard Einbruch beim ZEW kein Beinbruch für die Börse
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Die Konjunkturerwartungen für Deutschland haben einen kräftigen Dämpfer erhalten. Die Zuspitzung der spanischen Bankenkrise und die Lage in Griechenland sorgten beim ZEW-Index für den stärksten Rückgang seit Oktober 1998. Nun liegt die Hoffnung der Investoren auf den Schultern der Notenbanken, den Karren aus dem Morast zu ziehen. Der deutsche Aktienmarkt gewinnt 0,4 Prozent auf 6.271 Punkte, der breiter gefasste Euro-Stoxx-50 gewinnt 0,2 Prozent auf 2.160. Alle europäischen Börsenplätze, bis auf Paris, notieren im Plus.

Die Konjunkturerwartungen von Finanzmarktanalysten und institutionellen Anlegern für Deutschland sind deutlich eingebrochen. Wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte, sank der Index auf minus 16,9 Punkte und fiel damit bereits das zweite Mal in Folge. "Die Erwartungen der Finanzmarktexperten warnen eindringlich vor einer allzu optimistischen Einschätzung der deutschen Konjunkturperspektiven in diesem Jahr", kommentierte ZEW-Präsident Wolfgang Franz.

Der warnende Fingerzeig aus dem Hause des ZEW wird an der Börse als Aufforderung an die Notenbanken interpretiert. "Die Anleger setzen ihre Hoffnungen auf die Zentralbanken", sagt ein Händler. Die zum Teil sich rasant eintrübende weltweite Wirtschaftslage in Kombination mit einer eskalierenden Schuldenkrise in der Eurozone erhöhten die Wahrscheinlichkeit, dass sich Zentralbanken und Politik bald zu massiven Eingriffen gezwungen sehen.

Damit tritt die am Abend startende zweitägige Sitzung der US-Notenbanksitzung stärker in den Fokus. Die Meinungen unter Marktteilnehmern, ob und in welcher Form die Federal Reserve neue geldpolitische Maßnahmen bekannt geben wird, gehen dabei weit auseinander. Die Societe Generale geht davon aus, dass US-Notenbankpräsident Ben Bernanke eine neue Runde quantitativer Lockerung bekannt geben wird. Die BNP Paribas rechnet dagegen erst für September mit neuen Maßnahmen.

Wie schwer es im Moment für Spanien ist, am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen, hat die Auktion von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von nur 12 Monaten belegt. Spanien muss den Gläubigern für ein Jahr nun gut 5 Prozent zahlen, nach knapp 3 Prozent bei der letzten Auktion. Im Vergleich: der Schuldner Deutschland muss in diesem Laufzeitenbereich 0,01 Prozent zahlen - also fast nichts. Spanien scheint damit auch alles Taktieren derzeit nicht viel weiter zu helfen. So werden am Donnerstag anstatt der ursprünglich geplanten zehnjährigen Anleihen, Papiere mit kürzeren Laufzeiten von zwei, drei und fünf Jahren angeboten, mutmaßlich wegen der inzwischen zu zahlenden 7 Prozent Zinsen für die Langläufer.

Nachdem die Renditen spanischer Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren am Vortag noch auf Rekordhoch notierten, kommen sie mit aktuell 7 Prozent leicht zurück. "Unabhängig von der Entwicklung in Griechenland ist Spanien das Hauptproblem für Europa", so Richard Perry, Chefstratege bei Central Markets. Die Situation sei bereits sehr kompliziert. Daher werde es sehr schwierig, einen Fahrplan zu erstellen, um die Probleme in Spanien in den Griff zu bekommen.

Im mexikanischen Los Cabos treffen sich zur Zeit die Staats-und Regierungschefs der zwanzig großen Industrie- und Schwellenländer. "Der Druck auf die Staats-und Regierungschefs ist groß, einen Plan zur Lösung der Krise vorzulegen", sagt Stan Shamu, Aktienstratege bei IG Markets. EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso hatte im Vorfeld weitere Schritte zur Lösung der Krise wie die Einführung einer Bankenunion in Aussicht gestellt.

Die Commerzbank verweist darauf, dass bereits erste Passagen der Abschlusserklärung bekannt geworden seien. Darin soll es heißen, dass "Länder mit genügend fiskalischem Spielraum bereit stünden, koordinierte fiskalpolitische Maßnahmen zu ergreifen, falls sich das wirtschaftliche Umfeld erheblich verschärfen sollte". Für die Commerzbank stellt eine solche Erklärung der G-20 nicht mehr als fiskalische Träumereien dar, da Länder wie China, Japan und auch die USA mit eigenen Problemen zu kämpfen hätten.

Die Krise in Südeuropa macht dem französischen Nahrungsmittelkonzern Danone zunehmend zu schaffen. Auch wegen der sinkenden Nachfrage im südlichen Teil des Kontinents erwarten die Franzosen sinkende Margen. Im zweiten Quartal sei insbesondere in Spanien die Nachfrage stärker eingebrochen. Die Aktie fällt in Paris um 7 Prozent.

Überraschend hatte in der Nacht der SAP-Wettbewerber Oracle gute Zahlen veröffentlicht. Ein Vergleich der Wettbewerber ist zunehmend schwieriger. Mit dem Kauf von Sun Microsystems vor rund zwei Jahren ist die Abhängigkeit Oracles vom Hardwaregeschäft gewachsen, während SAP sich auf Softwarelösungen konzentriert. SAP gewinnen 1,6 Prozent.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@dowjones.com

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