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„Das ist alles nur ein Short Squeeze, so etwas gab es auch bei der 13 Jahre dauernden Japan-Krise 1990 bis 2003" höre ich immer wieder Bären rufen. Und „Mit den vielen Rettungsaktionen laufen wir in eine sichere Hyperinflation wie in der Weimarer Republik". Aber die Stimmen werden leiser, Verunsicherung mischt sich in den Tonfall.
Immerhin hat der DAX seit meiner Ankündigung der Bodenbildung für 2009 um 18% zugelegt. Und die Themen, die wir hier im Heibel-Ticker seit Monaten durchkauen, sind plötzlich in aller Munde: Wiedereinführung der Uptick Rule, strenge Umsetzung des Verbots von ungedeckten Leerverkäufen (naked shorting), Aufweichung von Mark-to-Market, usw. Mary Shapiro, die neue Chefin der US-Börsenaufsicht SEC macht Ernst, sie lässt sich bei diesen Themen nicht von den Quant-Fonds und Hedgefonds einlullen, die gebetsmühlenartig für freie, unregulierte Finanzmärkte plädieren. Wo uns die Deregulierung der Bush-Administration hingeführt hat, haben wir in den vergangenen zwei Jahren gesehen. Nach TARP kommt TALF – wer soll da noch den Überblick behalten: US-Finanzminister Paulson hatte das „Troubled Asset Relief Program" ins Leben gerufen, das „Problematische Vermögenswerte Entlastungsprogramm". Fast alle Banken hatten im Zuge der Immobilien- und Finanzkrise Probleme mit der Eigenkapitalausstattung bekommen und da der Markt es als Schwäche ansieht, wenn Banken Staatshilfen in Anspruch nehmen, hat Paulson jede Bank verpflichtet, aus dem 750 Mrd. USD TARP-Programm Eigenkapitalspritzen zu akzeptieren. Sie erinnern sich, die Bank of America hat daraufhin großkotzig ein chinesisches Unternehmen gekauft, um dem Markt zu zeigen, dass sie auch ohne Regierungshilfe solide finanziert ist. Inzwischen entspannt sich die Lage an den Finanzmärkten und Bank of America sowie Goldman Sachs haben angekündigt, das TARP-Geld, zu dessen Annahme sie gezwungen wurden und auf das sie jetzt sogar noch Zinsen zahlen müssen, so bald wie möglich zurückzuzahlen. Für heute Nachmittag hat Präsident Obama die Vorstände der größten US-Banken zu sich nach Washington zitiert. Citigroup CEO Vikram Pandit, Goldman Sachs Chairman Lloyd Blankfein, JP Morgan Chase Chairman Jamie Dimon und Morgan Stanley Chairman John Mack sind dabei. Aber auch die Bank of America, State Street, PNC Financial Services, Fannie Mae, Freddie Mac, US Bancorp, Wells Fargo, Northern Trust und die Bank of New York Mellon senden ihre Chefs ins Weiße Haus. Es ist nichts Neues, dass Washington mit den Bankenchefs kommuniziert, doch bislang geschah diese meist in Einzelgesprächen und ohne Information der Öffentlichkeit. Obama möchte sich wohl auf das G20-Treffen in London vorbereiten. Darüber hinaus erwarte ich jedoch noch eine andere Meldung, die vielleicht erst in den Folgetagen ausgegeben wird ... beziehungsweise eben das Ausbleiben einer Meldung: Ich erwarte nicht, dass Goldman Sachs und die Bank of America ihre TARP-Gelder vorzeitig zurückzahlen werden. Genau wie jede Bank gezwungen wurde, das Geld zu nehmen, weil die freiwillige Inanspruchnahme ein Zeichen der Schwäche gewesen wäre, so wäre jetzt die Nicht-Rückzahlung ein Zeichen der Schwäche, wenn dies bereits erste Banken bewerkstelligen können. Das Zeichen der Stärke von Goldman Sachs und der Bank of America würde als Schwäche all derer ausgelegt werden, die es eben noch nicht können. Also vermute ich, dass Obama oder Geithner heute darum bitten werden, keine vorzeitigen Rückzahlungen vorzunehmen, bis sich die Situation an den Finanzmärkten etwas mehr stabilisiert hat. Soweit zum Thema TARP. Nun zum neuen Programm TALF – „Troubled Asset Security Loan Facility", also dem Programm zum Beleihen der problematischen Vermögenswerte durch die Regierung. Damit wird es den Banken, aber auch Hedgefonds und Institutionellen Anlegern, ermöglicht, Vermögenswerte wie Immobilienderivate, aber auch Kreditkartenderivate und diverse weitere verbriefte Papiere als Sicherheit für einen Kredit zu hinterlegen. Damit ist de facto der illiquide Markt für toxische Derivate ad hoc wieder liquide, denn man kann sich ja für diese Papiere bei der Regierung Kapital beschaffen, mit dem man dann weiterarbeiten kann. Dieses Programm hat gleich zwei Wirkungen: 1. Banken mit toxischen Derivaten in der Bilanz können diese bei der Regierung als Sicherheit für einen Kredit hinterlegen. Die Regierung bietet diese Sicherheiten weiter zum Kauf an. 2. Wer glaubt, dass diese toxischen Derivate in Zukunft einmal mehr wert sein werden, als sie heute aufgrund der mark-to-market Regel in den Bilanzen stehen, der kann sich von der Regierung weitere solche toxische Derivate kaufen – oder kauft sie direkt bei den Banken. Die dann im eigenen Bestand befindlichen Papiere können dann wieder beliehen werden. Die Liquidität wird durch solche Spekulationen kaum beeinträchtigt. Es wird also ein Markt für die toxischen Derivate hergestellt, eine Forderung, die ich vor vielen Monaten im Heibel-Ticker ausformulierte. Der DAX ist bereits um 18% nach oben geschossen. Was glauben Sie: Werden wir nochmals tiefere Tiefstände sehen, als vor drei Wochen bei 3.600 Punkten? Oder wird durch die jüngsten Entwicklungen langsam das Vertrauen in die Märkte zurück kehren? Nun, schauen wir erst einmal auf die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich: INDIZES (26.03.2009) Dow Jones: 7.924 | 7,1% DAX: 4.259 | 5,3% Nikkei: 8.626 | 8,6% Euro/US-Dollar: 1,355 | -1,1% Euro/Yen: 132,77 | 2,8% 10-Jahre-US-Anleihe: 2,73% | 0,1 Umlaufrendite Dt: 3,02% | 0,1 Feinunze Gold USD: $935,20 | -3,0% Fass Crude Öl USD: $53,78 | 4,0% Baltic Dry Shipping I: 1.714 | -4,5% Die Aktienbörsen sind kräftig angestiegen. Der DAX bleibt schon zum dritten mal in Folge hinter seinen Brüdern aus Japan und den USA zurück. Das liegt in meinen Augen an dem verhältnismäßig harten Geldpolitik-Kurs, den die EZB im Unterschied zu Japan und den USA fährt. Der feste Euro macht es der Exportnation Deutschland schwer, auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Goldpreis verharrt zwischen 950 und 920 USD/Oz. Die Angst vor der Verstaatlichung ist in den USA zumindest (anders als in Deutschland) vom Tisch. Es wird zwar noch eine ganze Reihe von Insolvenzen geben, aber alle Banken, die heute nach Washington eingeladen sind, müssen keinen wachsenden Staatseinfluss fürchten, solange sie mit Obama kooperieren. Aus Angst vor Verstaatlichungen in großem Umfang war der Goldpreis gestiegen, nun ist diese Angst eingedämmt. Aber auch die Angst vor einer weltweiten Depression à la 1929-1932 wird immer kleiner. Die Finanzmärkte beginnen wieder zu funktionieren und in den Hagel von schlechten Jahresberichten hören wir immer häufiger, dass es jedoch nicht noch schlimmer werden sollte. Allein das reicht schon aus, um Hoffnung zu schüren. Und sie wissen ja: Die Börse läuft der Wirtschaft um 6-9 Monate voraus. Wenn also in 6-9 Monaten, gegen Ende diesen Jahres, die ersten positiven Meldungen aus der Wirtschaft kommen, dann ist es zu spät, um in DAX, Dow Jones und Nikkei zu investieren. Der Löwenanteil des Kursanstiegs wird dann gelaufen sein. Auch auf den Immobilienmärkten sind erste Anzeichen der Besserung in Sicht. Nicht dass die Preise steigen würden, das wird noch eine Weile dauern. Aber zu den heute gehandelten Preisen finden wieder Umsätze statt: Es werden die Zwangsversteigerungen gekauft, die Anzahl der Hauskäufe, egal ob neu oder gebraucht, ist im Februar sprunghaft angestiegen. Es wird einige Monate dauern, bis das Überangebot an Häusern abgearbeitet ist. Also erwarten Sie nicht zu schnell schon wieder steigende Preise. Doch immerhin können wir bereits ansteigende Transaktionszahlen verzeichnen, was die Voraussetzung dafür ist, dass die große Anzahl an leer stehenden Häusern in den nächsten Monaten einen Bewohner findet. Der Ölpreis steigt und die Frachtkosten (Baltic Dry) fallen. Diesen Widerspruch kann ich derzeit nicht auflösen, ich habe schon letzte Woche darauf hingewiesen. In meinen Augen muss der Ölpreis weiter steigen, ich hatte ein Ziel von 70 USD/Fass ausgegeben, weil zu viele Erschließungsprojekte zum Ölpreis unter 40 USD/Fass aufgekündigt wurden. Es wird nicht genug Öl für eine anziehende Weltwirtschaft geben. Auf der anderen Seite stehen die Araber, die zu einem Ölpreis von 130 USD/Fass und höher langfristige Bauprojekte starteten, die sich mit einem Ölpreis um 50% niedriger nur durch mehr Ölförderung finanzieren lassen, was wiederum den Ölpreis weiter drücken dürfte. In Sachen Disziplin der OPEC erwarte ich also noch ziemlichen Ärger, der den Ölpreis drücken dürfte. Doch das dauert vermutlich noch eine Weile. Die Transportkosten sind meinen Informationen zufolge fast ausschließlich aufgrund des chinesischen Konjunkturprogramms angestiegen: In China wurden plötzlich wieder Projekte geplant und langfristige Versorgungsverträge eingegangen. Vielleicht ist der aktuelle Preisrückgang nichts weiter als eine kurze Konsolidierung des zuvor heftigen Preisanstiegs (Verdreifachung). Ich werde es weiter beobachten. Die Rallye ist nun drei Wochen und 18% alt. Mal sehen, wie sich die Stimmung inzwischen entwickelt hat: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 07.-13. Mär (187): 53% / 47% 13.-20. Mär (171): 55% / 45% 21.-27. Mär (149): 49,5% / 50,5% ANALYSTEN KAUF Allianz, Lanxess ANALYSTEN VERKAUF Metro, Siemens, Peugeot PRIVATANLEGER: Aktuell 45% Bullen (-22%!, 86 Stimmen) Bisheriges Tief war Ende November bei 35% Bullen Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 4.140 PRIVATANLEGER KAUF Solarworld, Porsche, Barclays PRIVATANLEGER VERKAUF Conergy, Commerzbank, Volkswagen Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Nun, nach einem euphorischen Ergebnis vor einer Woche, ist nun wieder Ernüchterung eingekehrt – oder Skepsis. Die Bullen befinden sich auf dem Rückzug, die eingangs aufgezählten Argumente Short Squeese und Hyperinflation haben den Optimismus wieder überrannt. Vor einer Woche habe ich eine bevorstehende Konsolidierung in Aussicht gestellt. Ich werde im kommenden Kapitel untersuchen, ob diese Konsolidierung schon stattgefunden hat, oder noch nicht. Dem Kursanstieg würde ich auf den ersten Blick entnehmen, dass noch keine Konsolidierung stattgefunden hat. Doch den Sentiment-Daten zufolge ist der Optimismus inzwischen stark zurück gekommen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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