Alt 23.08.19, 21:52
Standard Eskalation im Handelsstreit schickt Aktien auf Talfahrt
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NEW YORK (Dow Jones)--US-Präsident Donald Trump hat am Freitag US-Notenbankgouverneur Jerome Powell die Show gestohlen - sehr zum Leidwesen von Anlegern an der Wall Street. Denn die geriet mit einer neuen Eskalationsrunde im Handelsstreit massiv unter Druck. Zunächst hatte die Ankündigung chinesischer Gegenmaßnahmen auf jüngst angekündigte US-Importzölle auf chinesische Waren die US-Börsen belastet - wenn auch nur moderat. US-Präsident Donald Trump kündigte dann seinerseits aber neue Vergeltungsschritte gegen China an. Gleichzeitig forderte er US-Firmen zur sofortigen Suche nach Alternativen zu China auf. Daraufhin stürzten die Aktienkurse ab. Dass laut Peter Navarro, Berater des Weißen Hauses, die Gespräche mit China fortgesetzt werden sollen, hob die Stimmung nicht.

Der Dow-Jones-Index stürzte um 2,4 Prozent auf 25.629 Punkte ab, S&P-500 und Nasdaq-Composite rauschten um 2,6 bzw. 3,0 Prozent nach unten. Dabei kamen auf 424 (Donnerstag 1.425) Kursgewinner 2.536 (1.519) -verlierer, während 67 (85) Titel unverändert aus dem Handel gingen. Auch nicht gerade zur Aufhellung der Stimmung geeignet war ein Einbruch der Neubauverkäufe im Juli, der heftiger als ohnehin befürchtet ausgefallen war. Die mit Spannung erwartete Rede von US-Notenbankpräsident Jerome Powell auf dem Notenbankertreffen in Jackson Hole ging angesichts der Eskalation im Handelsstreit völlig unter, zumal auch keine klare geldpolitische Richtung aus den Aussagen herauszulesen war.

"Powell hält sich alle Optionen offen", kommentierte ein Händler. Präsident Trump sah das womöglich genauso und verschärfte seine Angriffe gegen Powell nochmals massiv und bezeichnete den Fed-Chef als "Feind". Trump hatte zuvor deutliche Zinssenkungen gefordert. Am Zinsterminmarkt wurde eine Zinssenkung um mindestens 25 Basispunkte im September im Anschluss an die Powell-Rede wieder mit 100 Prozent eingepreist, zuvor waren es nur 95,8 Prozent gewesen. Allerdings war nicht ganz sicher, ob nicht auch die Trump-Aussagen zu dieser Gewissheit am Markt beigetragen hatten.

"Wenn die Spannungen derart eskalieren, können wir stets einen Ausverkauf bei Aktien beobachten. Aber ich würde argumentieren, dass diese Eskalation ein anderes Kaliber von Vergeltungsmaßnahmen aufweist, wenn Unternehmen aufgefordert werden, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen", sagte Chefmarktstratege Art Hogan von National Securities mit Blick auf die Trump-Forderungen an US-Unternehmen. Angesichts der Eskalation im Handelsdisput verloren die Aussagen der übrigen Fed-Vertreter, die sich zu Wort gemeldet hatten, jede Bedeutung.

Flucht in Sicherheit

Mit den Trump-Aussagen wertete der US-Dollar massiv ab - vor allem gegenüber den klassischen Fluchtwährungen Franken und Yen. Der ICE-Dollarindex sank um 0,4 Prozent. Am Markt machten Spekulationen die Runde, die Finanzministerium könnte eine seit Jahrzehnten geübte Zurückhaltung aufgegeben haben und am Devisenmarkt zu Lasten des Greenback interveniert haben oder planen, es zu tun. Der Euro stieg angesichts der Dollarschwäche auf 1,1148 Dollar nach einem Tagestief bei 1,1052 Dollar.

Mit der Flucht in vermeintliche Sicherheit in unsicheren Zeiten zog der Goldpreis um 2,0 Prozent auf 1.529 Dollar an und stieg auf ein frisches Sechsjahreshoch - auch gestützt von Dollar-Schwäche und sinkenden Marktzinsen. Die vierte Woche in Folge verzeichnete das Edelmetall Aufschläge, seit Monatsbeginn hat sich Gold um rund 7 Prozent verteuert.

Gesucht waren auch US-Renten, die Rally bei den Notierungen ließ die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen um 10 Basispunkte auf 1,51 Prozent abstürzen. Die zweijährige Fälligkeit rentierte gar 11,2 Basispunkte niedriger bei nur noch 1,51 Prozent. Damit drohte sich die Zinsstrukturkurve zwischen beiden Laufzeiten wieder invers zu zeigen und damit Rezessionsgefahr zu signalisieren.

Angesichts der trüben Konjunkturaussichten wegen der sich immer schneller drehenden Spirale im Handelskonflikt war Erdöl nicht gefragt. Händler sprachen von massiven Nachfragesorgen - auch weil China offenbar ab dem 1. September einen Zoll auf Rohöl erwägt. Trotz der Dollar-Schwäche verbilligte sich ein Fass der US-Sorte WTI um 2,1 Prozent auf 54,17 Dollar, für Nordseeöl der Sorte Brent ging es um 1,0 Prozent auf 59,34 Dollar nach unten.

Ausverkauf bei Technologiewerten

Wegen der Trump-Forderungen auf eine Beendigung der Geschäfte mit China stellten Technologie- und Halbleiterwerte die größten Verlierer am Aktienmarkt. Ihre Sektorindizes sackten wegen der hohen China-Korrelation um jeweils über 4 Prozent ab. Apple stürzten um 4,6 Prozent ab. FedEx, Amazon und United Parcel Service gaben um bis zu 3,9 Prozent nach. Trump hatte diese Unternehmen bei seinen Forderungen gegen China explizit genannt.

Unter den Einzelwerten stemmten sich Salesforce mit plus 2,2 Prozent gegen den Markttrend. Der US-Softwareentwickler hatte mit seinen Zweitquartalszahlen positiv überrascht und den Ausblick erhöht. Die Papiere von HP verloren dagegen 5,9 Prozent. Der PC- und Druckerhersteller hatte neben den Geschäftszahlen für das dritte Quartal mitgeteilt, dass CEO Dion Weisler aus familiären Gründen zurücktritt. Die Geschäftszahlen hatten beim Nettoergebnis die Markterwartungen übertroffen, beim Umsatz dagegen leicht verfehlt. Insbesondere das hochmargige Druckersegment entwickelte sich schwach.

Die Hasbro-Aktie sank um 8,9 Prozent. Der Spielzeugkonzern gab die Übernahme von Entertainment One für 4 Milliarden US-Dollar bekannt. Der US-Chipkonzern Qualcomm muss zunächst nichts an seinen Geschäftspraktiken ändern. Er hatte sich erfolgreich gegen ein Urteil zugunsten der Federal Trade Commission (FTC) gewehrt. Ein Bundesberufungsgericht hatte das für das Unternehmen negative Urteil vom Mai gestoppt. Die Titel sanken mit dem schwachen Gesamtmarkt um 4,7 Prozent. Nach schwachen Geschäftszahlen unter Markterwartung brachen die Einzelhandelstitel von Foot Locker um 18,9 Prozent ein.

Kontakt zum Autor: florian.faust@wsj.com

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August 23, 2019 16:18 ET (20:18 GMT)

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