Alt 16.07.20, 15:10
Standard Spannungen mit USA lassen China-Börsen einbrechen
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TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones)--Trotz guter US-Vorgaben ist es am Donnerstag an den Börsen in Ostasien und Australien nach unten gegangen. Die Spannungen zwischen den USA und China wegen des umstrittenen Sicherheitsgesetzes für Hongkong lasteten auf der Stimmung, wie Händler sagten. Darüber träten die Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus in den Hintergrund. Auch die überraschend starke Erholung der chinesischen Wirtschaft vermochte die Kurse nicht zu stützen.

An der Börse in Tokio fiel der Nikkei-225 um 0,8 Prozent auf 22.770 Punkte. Ein etwas festerer Yen verstärkte den Druck besonders auf Aktien exportorientierter japanischer Unternehmen.

Noch deutlicher ging es an den chinesischen Aktienmärkten nach unten, wo der Ausverkauf im späten Handel Fahrt aufnahm. In Schanghai brach der Composite-Index um 4,5 Prozent ein. In Shenzhen und an der Chinext betrugen die Kursverluste durchschnittlich 5,2 respektive 5,9 Prozent. Angeführt wurden die Verlierer von Aktien der Lebensmittel- und Getränkebranche sowie des Dienstleistungssektors. Beobachter verwiesen auf die Sanktionen, die die US-Regierung gegen Vertreter Chinas verhängt hat. China hat daraufhin Vergeltungsmaßnahmen angedroht.

Chinas Wirtschaft wächst - Einzelhandel hinkt hinterher

In dieser Gemengelage spielte es keine Rolle, dass das chinesische Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal mit 3,2 Prozent zum Vorjahr stärker gestiegen war als erwartet. Volkswirte hatten im Schnitt ein Wachstum von 2,6 Prozent vorhergesagt. Verglichen mit dem ersten Quartal erholte sich das BIP sogar um 11,5 Prozent von dem durch die Pandemie bedingten Einbruch. Allerdings zeigten überraschend schwache Daten zum Einzelhandel, dass dieses Segment in China immer noch schwächelt.

Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass die Politik die Märkte ein wenig zu zähmen versuche, sagte Sylvia Sheng, Strategin bei JP Morgan Asset Management in Hongkong. In der vergangenen Woche hatte ein bullischer Artikel in einer staatsnahen chinesischen Zeitung die Anleger noch zum Kauf animiert und den chinesischen Börsen zu einer Serie von Kursgewinnen verholfen.

Der Hang-Seng-Index gab im späten Handel in Hongkong um gut 2 Prozent nach. In diesem Umfeld verlief der Börsengang der China Bohai Bank vergleichsweise gut. Im späten Handel notierten die Titel bei 4,72 Hongkong-Dollar. Der Ausgabepreis hatte 4,80 Hongkong-Dollar betragen.

In Südkorea hielten sich die Anleger mit Käufen zurück, nachdem die Bank of Korea (BoK) im Anschluss an ihre Zinssitzung eine düstere Konjunkturprognose veröffentlicht hatte. Die Notenbank hält es für wahrscheinlich, dass die heimische Wirtschaft noch stärker schrumpft als um die bisher prognostizierten 0,2 Prozent. Ihren geldpolitischen Kurs bestätigte die BoK erwartungsgemäß. Der Kospi fiel um 0,8 Prozent.

Im australischen Sydney sank der S&P/ASX-200 um 0,8 Prozent. Im Juni war die Arbeitslosenquote in Australien so hoch wie zuletzt vor 22 Jahren. Beobachter warnen, dass die Arbeitslosigkeit infolge der neuerlichen Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in den kommenden Monaten noch steigen könnte. Überdies dürfte der australische Finanzminister Josh Frydenberg bei der Vorstellung seines Haushaltsplans am 23. Juli ein Rekorddefizit vermelden, nachdem Australien zur Linderung der Pandemie-Folgen massive Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft ergriffen hat. Derweil meldete der Bundesstaat Victoria, wo kürzlich die Einschränkungen wegen der Pandemie wieder verschärft worden waren, eine rekordhohe Zahl an Neuinfektionen.

Infosys haussieren in Mumbai nach guten Zahlen

Leicht nach oben ging es mit den Kursen im indischen Mumbai, wo der Sensex im Verlauf um 0,5 Prozent zulegte. Gesucht waren Technologiewerte wie die Aktien des IT-Unternehmens Infosys. Dieses hat überzeugende Zahlen zum ersten Geschäftsquartal vorgelegt, was die Aktie um gut 9 Prozent nach oben trieb. Rückenwind erhielt sie auch von einer positiven Analystenstudie: Nomura hat Infosys auf Buy von Neutral hochgestuft.

Trotz der negativen Tendenz der chinesischen Börsen feierte die Aktie des Chipherstellers SMIC in Schanghai ein glanzvolles Börsendebüt. Sie startete mit einem Plus von 246 Prozent über dem Ausgabepreis in den Handel am Star Market, einem chinesischen Pendant zur US-Technologiebörse Nasdaq, und behauptete den Großteil ihrer Gewinne auch im weiteren Verlauf. In Hongkong ist die Aktie schon länger gelistet. Dort fiel sie am Donnerstag um rund 25 Prozent, hat aber seit Jahresbeginn Kursgewinne von 221 Prozent vorzuweisen. Das rege Interesse an der Aktie unterstreicht nach Meinung von Beobachtern das Bestreben Chinas, sich wegen der zunehmenden Spannungen mit den USA unabhängig von der US-Chipindustrie zu machen.

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July 16, 2020 04:41 ET (08:41 GMT)

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