Alt 19.05.10, 16:09
Standard XETRA-MITTAG/Sehr schwach - Regulierungsschritte schrecken ab
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FRANKFURT (Dow Jones) - Der deutsche Aktienmarkt reagiert am Mittwoch auf die Nachricht vom deutschen Alleingang bei ungedeckten Leerverkäufen mit deutlichen Abschlägen. Nach dem Ausverkauf am Vormittag pendelt der DAX am Mittag in einer engen Spanne um die 6.000-Punktemarke. Bis 13.38 Uhr MESZ gibt der DAX 2,2% oder 138 auf 6.018 Punkte nach. "Weltweit reagieren die Börsen negativ auf das deutsche Leerverkaufsverbot", so ein Marktteilnehmer. "Das politische Signal ist verheerend, weil es zeigt, dass es keine Koordination in der Euro-Zone gibt", so ein weiterer Händler.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bis zum 31. März 2011 ungedeckte Leerverkäufe in Aktien der zehn führenden deutschen Finanzinstitute und in Schuldtiteln von Staaten der Eurozone sowie bestimmten Credit Default Swaps (CDS) untersagt. Von dem Verbot betroffen sind Aktien der Aareal Bank, Allianz, Commerzbank, Deutschen Bank, Deutschen Börse, Deutschen Postbank, Generali Deutschland, Hannover Rückversicherung, MLP und Munich Re.

Der Euro ist nach Bekanntgabe des deutschen Leerverkaufsverbots unter erheblichen Abgabedruck geraten. Im asiatischen Geschäft hat die Einheitswährung bei 1,2143 USD ein neues Vierjahrestief markiert. Im Handel war von regelrechten Verkaufswellen die Rede. Die neuen Regulierungen führten dazu, dass Anleger ihre Euro-Vermögenswerte weiter zurückfahren. Am Mittag notiert der Euro bei 1,2183 USD.

"Geradezu lächerlich mutet das Verbot von CDS-Geschäften an", so ein Händler. 90% des Handels fänden in den USA und in London statt. Die Verbote seien auch insofern problematisch, weil sie als Signal gesehen werden könnten, dass weitere Turbulenzen drohten. Schließlich seien nicht nur Bankaktien, sondern auch Staatsanleihen von dem Verbot betroffen. "Die Politik lenkt von den wirtschaftlichen Problemen ab", so ein weiterer Händler.

Am Nachmittag könnten die US-Verbraucherpreise und Realeinkommen sowie das Protokoll der US-Notenbank die Märkte bewegen. Auch die US-Öllagerbestände dürften diesmal von Bedeutung sein, da überbordende Bestände im Lagerort Cushing den Ölpreis unter 69 USD gedrückt haben. "Möglicherweise wird hier schon die nächste Rezession eingepreist", so ein Marktbeobachter.

Deutsche Finanzaktien entwickeln sich sehr schwach, halten sich allerdings deutlich besser als in Resteuropa, wo der Sektor 3% verliert. Händler meinen, das Verbot ungedeckter Leerverkäufe könnte "ganz kurzfristig" zu einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung der betroffenen Titel führen. "Der Effekt wird aber schnell verpuffen", so der Händler. Allianz verlieren 2,2% auf 82,91 EUR, Deutsche Bank 2,3% auf 48,67 oder Munich Re 2,1% auf 104,25.

Dem schwachen Trend können sich Commerzbank entziehen, die nur 0,2% leichter bei 6,02 EUR notieren. Die Commerzbank liebäugelt mit einer früheren Rückzahlung der SoFFin-Hilfe. Eine Kapitalerhöhung, die sich die Bank bei ihrer am Berichtstag stattfindenden Hauptversammlung genehmigen lassen will, ermögliche eine eventuell vorzeitige und vollständige Rückzahlung der SoFFin-Hilfe.

Analyst Martin Peter von der LBBW geht davon aus, dass die eingeführten Einschränkungen bei ungedeckten Leerverkäufen von Finanztiteln und Staatsanleihen in Deutschland sich kaum auf das Geschäft der Deutschen Börse auswirken werden. Die entsprechenden Handelsumsätze auf den Plattformen des Börsenbetreibers seien vernachlässigbar. Die Maßnahme wirke sich daher nicht auf seine Bewertung der Aktie aus. Die Anteilsscheine der Deutschen Börse verlieren 3,3% auf 53,25 EUR.

Gut halten sich SAP; die Aktie verliert 0,3% auf 35,28 EUR. Händler meinen, die Entwicklung um "Business ByDesign" stützt das Sentiment. Wie ein SAP-Sprecher in Frankfurt sagte, soll die Mietsoftwarelösung pro Monat und Anwender 133 EUR bzw 149 USD kosten. Im Juli 2010 soll das Volumengeschäft starten - deutlich später als ursprünglich einmal geplant.

Im Fokus stehen zudem Unternehmen mit Umstufungen. So haben HSBC und Bank of America-Merrill Lynch BMW heruntergestuft. Die Aktien verlieren 4,9% oder 2,00 EUR auf 37,70 EUR. Das Unternehmen schüttet daneben 0,30 EUR an die Aktionäre aus. VW verlieren 3,6% auf 68,66 EUR und Daimler 4% auf 40,24 EUR.

Nach dem Leerverkaufsverbot rückt laut Händlern nun die Diskussion um eine mögliche Transaktionssteuer in den Blick. "Sollte auch sie im deutschen Alleingang kommen, können hier einige schließen", so ein Händler. Negativ wäre sie unter anderem für Wertpapierhandelshäuser und Direktbanken. Die im SDAX gelistete comdirect verliert 3,1% auf 7,28 EUR.

DJG/thl/hru

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