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Die Angst vor steigenden Zinsen und Konjunktursorgen haben am Donnerstag in ganz Ostasien die Finanzmärkte erschüttert. Besonders heftige Kursverluste verzeichnete einmal mehr die Tokioter Börse, die zusätzlich von der Rally des Yen belastet wurde. An der Börse in Schanghai mussten nach der dreitägigen Feiertagspause die schwachen chinesischen Wirtschaftsdaten vom Wochenende verarbeitet werden. In Sydney bremsten überraschend gute Arbeitsmarktdaten die Talfahrt.
Die Ungewissheit darüber, wann die US-Notenbank ihre quantitativen Lockerungen zurückfahren wird, zehrt weiter an den Nerven der Anleger. Die massiven Anleihekäufe der Federal Reserve waren die eigentliche Ursache der Rally, die die Aktienbörsen weltweit in den zurückliegenden Monaten erlebten. Die Tokioter Börse erhielt einen zusätzlichen Schub, als der jetzige Ministerpräsident Abe noch während des Wahlkampfs massive geldpolitische Lockerungen ankündigte, mit denen er Japan aus der seit 15 Jahren andauernden Deflation herausführen wollte. Inzwischen mehren sich jedoch die Stimmen, die den Erfolg der "Abenomics" genannten Politik des Ministerpräsidenten in Zweifel ziehen, zumal auch die Renditen japanischer Anleihen in den vergangenen Wochen unerwartet deutlich gestiegen sind. Der Nikkei-225 erlebte einen weiteren Schwarzen Donnerstag und brach um 6,4 Prozent ein. Bereits am 30. Mai war der Index um über 7 Prozent eingebrochen. In den vergangenen beiden Wochen hat der Index mehr 20 Prozent verloren, womit er sich nun in einem Bärenmarkt befindet. Händler trauen sich kaum Prognosen zu, wo der Markt seinen Boden finden wird. Alles hänge davon ab, dass die US-Notenbank endlich Gewissheit schaffe, sagte Shigeo Sugawara, Investmentmanager bei Sompo Japan Nipponkoa Asset Management. Drei Zentralbanken der asiatisch-pazifischen Region sind unterdessen deutlich geworden und dürften dabei auch ihre jeweiligen Währungen im Blick gehabt haben, die zuletzt tendenziell unter Druck standen. Die Reserve Bank of New Zealand ließ ihren Leitzins am Donnerstag unverändert. Ihr Gouverneur Wheeler äußerte sich besorgt wegen der Inflation. Vor allem die Immobilienpreise sind als Folge der Erdbeben in Neuseeland und des dadurch notwendigen Wiederaufbaus kräftig gestiegen. Auch die Bank of Korea bestätigte ihr Leitzinsniveau. Die Währungshüter sehen Zeichen für eine Erholung der Wirtschaft. Ferner erhöhte die indonesische Notenbank den Leitzins, um die Inflation einzudämmen und die heimische Währung zu stärken. Die Indonesische Rupie hatte zuletzt darunter gelitten, dass sich Ausländer aus Indonesien zurückzogen. Der Dollar setzte seine Talfahrt zum Yen ungebremst fort und fiel auf den niedrigsten Stand seit Anfang April. Im Handel war von einem Teufelskreis die Rede. "Der Nikkei stürzt ab, weil der Dollar zum Yen fällt und der Dollar gibt zum Yen immer weiter nach, weil der Nikkei abrutscht", sagte Devisenexperte Atsushi Hirano von der Royal Bank of Scotland. Ein Ende dieser Spirale sei gegenwärtig kaum in Sicht, zumal das Treffen der japanischen Notenbank gerade erst ohne neue Beschlüsse zu Ende gegangen sei. Zudem habe Ministerpräsident Abe seinen sogenannten "dritten Pfeil" seiner Wachstumsstrategie abgeschossen, ohne dass sich an der erhöhten Volatilität bei Dollar/Yen etwas geändert habe. Aktuell kostet der Greenback rund 94,15 Yen. Am Mittwoch notierte der Dollar im Hoch noch knapp über 97 Yen. Der starke Yen drückte die Aktienkurse exportorientierter Unternehmen. Kyocera verloren 7,1 Prozent. Verkauft wurden auch zinssensible Aktien wie Finanz- oder Immobilienwerte. Aktien von Stromversorgern zeigten relative Stärke. Laut einem Medienbericht können möglicherweise mehr Kernkraftwerke als erwartet nach einer Überprüfung durch die zuständige Behörde wieder ans Netz gehen. Seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima sind mehrere japanische Atomkraftwerke abgeschaltet, weshalb das Land zur Deckung seines Energiebedarfs verstärkt Öl und Erdgas importieren muss. Kansai Electric Power sanken um 0,3 Prozent. In Schanghai fiel der Shanghai Composite um 2,8 Prozent, in Hongkong der HSI um 2,4 Prozent. Die am Wochenende veröffentlichten Konjunkturdaten zum Wirtschaftswachstum und zu den Im- und Exporten hatten Zweifel an der Binnenkonjunktur und der weltweiten Nachfrage nach chinesischen Produkten geweckt. Unter anderem fällt der Kurs von SAIC Motor um 4,1 Prozent. Aktien des Versicherers Ping An Insurance verloren 3,4 Prozent. Die Börse in Sydney hielt sich mit einem Minus von 0,6 Prozent besser als die übrige Region, nachdem überraschend gute australische Arbeitsmarktdaten veröffentlicht worden waren. Nach Meinung von Goldman Sachs könnte die australische Börse schon bald den Boden erreicht haben. Der Markt sei bisher schlechter gelaufen als andere Börsen, sagte Analyst Richard Coppleson. Er verwies auf attraktive Dividendenrenditen, den schwächeren Australischen Dollar und die Aussicht auf eine neuerliche Zinssenkung der australischen Notenbank. Etwas gedämpft wurde die Stimmung von der neuen, niedrigeren Wachstumsprognose der Weltbank für die Weltwirtschaft. Das bekamen vor allem die konjunkturempfindlichen Rohstoffwerte zu spüren. Rio Tinto sanken um 2,4 Prozent und BHP Billiton um 2,6 Prozent. Gesucht waren dagegen Bankenaktien, die zwischen 1,1 und 2,6 Prozent zulegten. In Seoul gab der Leitindex Kospi im Sog der japanischen Börse um 1,4 Prozent nach. Der Kurs des Schwergewichts Samsung, das etwas über 18 Prozent zur Marktkapitalisierung beiträgt, verlor 2,2 Prozent und schloss damit den sechsten Tag in Folge mit Verlust. Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com DJG/DJN/cln/gos Copyright (c) 2013 Dow Jones & Company, Inc. | ||
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