Alt 07.09.10, 18:02
Standard XETRA-SCHLUSS/Leichter - Risikoaversion belastet Finanzwerte
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FRANKFURT (Dow Jones) - Nach einem neuerlichen Schub an Risikoaversion ist der deutsche Aktienmarkt mit Kursverlusten aus dem Dienstag gegangen. Auch andere als Maßstab für den Wagemut der Anleger geltende Vermögenswerte wie der Euro zeigten sich von ihrer schwächeren Seite. Die Gemeinschaftswährung fiel zum Dollar im Tagestief unter 1,27 USD, zum Schweizer Franken gab sie bis in den Bereich des Allzeittiefs von 1,2851 CHF nach.

Einmal mehr waren es Nachrichten aus dem Finanzsektor, die für schlechte Stimmung sorgten. So wiesen gleich mehrere Verbände auf die Belastungen der deutschen Banken durch die Basel-III-Eigenkapitalrichtlinien hin. Darüber hinaus bemängelte das "Wall Street Journal", dass die Belastungstests für den europäischen Bankensektor nicht das wahre Ausmaß der Investitionen in Anleihen von Ländern mit Haushaltsproblemen reflektiert hätten.

Unter dem Strich stand für den DAX ein Minus von 0,6% oder 37 auf 6.118 Punkte. "Ein Blick auf die Charttechnik lässt uns den Rücksetzer aber relativ gelassen betrachten", sagte ein Händler. Der Leitindex sei im Bereich von 6.000 Punkten recht gut unterstützt. Dort lägen mit dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt und einem Mitte April gerissenen Kurs-Gap Haltemarken, die es dem DAX erlauben sollten, weiter in Richtung des Jahreshochs von 6.387 Punkten zu laufen.

In der zweiten Reihe ging es für den MDAX um 0,5% oder 45 auf 8.464 Punkte nach unten. Der TecDAX verlor 1,4% oder 11 auf 758 Punkte. Nach einem lebhaften Geschäft am Morgen brach die Liquidität am Nachmittag abermals ein. Umgesetzt wurden in DAX-Titeln auf Xetra rund 82,0 (Vortag: 63,5) Mio Aktien im Wert von rund 2,09 (Vortag: 1,79) Mrd EUR.

Nur kurz zeigten sich die Börsianer vom enttäuschend ausgefallene Auftragseingang der deutschen Industrie im Juli beeindruckt. Binnen Monatsfrist sanken die Orders saisonbereinigt um 2,2%, Volkswirte hatten im Mittel ihrer Prognosen hingegen ein Plus von 0,4% erwartet.

"Insgesamt weisen die Daten nicht darauf hin, dass der Aufschwung der deutschen Industrie kurzfristig abbricht. Sie lassen aber den Schluss zu, dass die Dynamik ihren Höhepunkt zur Jahresmitte überschritten hat", kommentierte Heinrich Bayer, Ökonom im volkswirtschaftlichen Research der Deutschen Postbank. Im laufenden Quartal werde die deutsche Industrie aufgrund des Auftragsschubs in den Vormonaten noch einen ordentlichen Wachstumsbeitrag liefern. Gegen Jahresende könne der Aufschwung dann aber eine Pause einlegen.

Überdurchschnittlich fielen die Kursverluste im DAX bei den Finanzwerten aus. Die deutschen Kreditinstitute verlieren nach Einschätzung des Bundesverbands Öffentlicher Banken auf Grundlage der neuen Basel-III-Regeln Kernkapital in Höhe eines mittleren zweistelligen Milliarden-Euro-Betrags. Der Bundesverband deutscher Banken erwartet für die zehn größten Kreditinstitute unter Basel III einen zusätzlichen Kapitalbedarf von 105 Mrd EUR.

"Die Abschläge bei den Banken sind aber in erster Linie der wieder gestiegenen Risikoaversion geschuldet", sagte ein Marktteilnehmer jedoch. Mit den genannten Zahlen versuchten Lobbyisten lediglich eine Drohkulisse aufzubauen um ihre Verhandlungsposition zu stärken. Deutsche Bank fielen dennoch um 1,7% auf 49,33 EUR, Commerzbank gar um 2,1% auf 6,34 EUR. Für Allianz ging es um 1,0% auf 83,34 EUR nach unten.

K+S verbilligten sich um 2,0% auf 41,47 EUR. Unter Börsianern machten Spekulationen die Runde, der Düngemittelhersteller versuche die Erwartungshaltung der Analysten nach unten zu korrigieren. "Bereits die bestehende Prognose war aber eine Enttäuschung", kommentierte ein Händler. Er begründete die Kursverluste mit Gewinnmitnahmen, nachdem Übernahmefantasie den Kurs auf 44 von 41 EUR getrieben habe. Da der russische Großaktionär Andre Melnichenko sein Paket nicht verkaufe, werde diese Spekulation nun wieder ausgepreist.

Die Aktien des Halbleiterherstellers Infineon gaben um 3,6% auf 4,33 EUR nach und waren damit Tagesverlierer. Der Vorstandsvorsitzende Peter Bauer hatte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einer Sonderausschüttung oder Aktienrückkäufen wegen der Einnahmen aus dem Verkauf der Mobilfunksparte an Intel eine Absage erteilt. Allerdings belasteten schwache Vorgaben den Sektor auch insgesamt, im TecDAX gaben Dialog Semiconductor um 3,2% auf 10,09 EUR nach.

Wider Erwarten können HeidelbergCement nicht sonderlich von dem am Vortag von US-Präsident Barack Obama angekündigten Konjunkturprogramm profitieren. Um ein neuerliches Abrutschen der größten Volkswirtschaft der Welt in die Rezession zu vermeiden, solle 50 Mrd USD in Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Flughäfen investiert werden. Neben der schweizerischen Holcim und der französischen Lafarge macht auch der deutsche Zementhersteller einen nennenswerten Teil seines Umsatzes in den USA. "Die immer höheren Kosten der Rettungsmaßnahmen müssen irgendwann bezahlt werden und schweben wie ein Damoklesschwert über den Finanzmärkten", merkten die Analysten des Bankhauses Metzler an. Für eine leichte Outperformance reichte es trotzdem, HeidelbergCement gaben nur um 0,4% auf 35,00 EUR nach.

Im TecDAX verbilligten sich SMA Solar um 3,5% auf 81,36 EUR. Das "Handelsblatt" hatte unter Berufung auf eine Studie des Fachmagazins "Photon" vor der Konkurrenz durch einen südkoreanischen Anbieter gewarnt. WestLB-Analyst Peter Wirtz sagte jedoch, dass die Dasstech-Produkte qualitativ deutlich schlechter als jenes des deutschen Herstellers von Wechselrichtern seien.

DJG/jej/ros

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