Alt 24.10.09, 16:44
So tickt die Börse: Vergebliche Suche nach der Krise
Beitrag gelesen: 1314 x 

APPLE MIT ÜBERRAGENDEM ERGEBNIS.

Kennen Sie jemanden, der von Apple MacIntosh-Rechnern zur Windows-Welt gewechselt hat? Ich nicht.

Kennen Sie jemanden, der nach dem iPhone ein anderes Smartphone kaufte? Ich nicht.

Apple gewinnt weiterhin Marktanteile in all seinen Geschäftsbereichen und dennoch ist der Weltmarktanteil im Bereich der Computer und Handys nur bei 4% bzw. 3%. Erzählen Sie mir also nicht, dass das Wachstum nun bald sein Ende finden muss. Wieder einmal hat Apple die Schätzungen der Analysten lächerlich gemacht. Um 28% hat Apple mehr verdient, als die Analysten sich vorstellen konnten. Wenn Sie berücksichtigen, dass ein Übertreffen der Erwartungen von 5% gut ist, von 10% super und von 15% unglaublich, dann fällt mir beim Apple-Ergebnis kein passender Begriff mehr ein.

Apple entwickelt bestehende Märkte, die von den technischen Möglichkeiten zwar bereits erobert wurden, in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Lifestyle jedoch stiefmütterlich behandelt werden. Der Vorwurf, den Windows-Protegisten gerne aus der Tasche ziehen, Apple würde nichts Neues entwickeln, mag stimmen. MP3-Player gab es schon lange vor dem ersten iPod. Und Smartphones gab es auch schon lange vor dem iPhone. Die nächste Geschichte könnte ein Tablet-PC sein, den es auch schon seit Jahren gibt. Die Idee ist toll, die Umsetzung bislang stümperhaft. Hier wünschen sich viele, dass Apple sich diese Idee einmal zu eigen macht und ein brauchbares Gerät hervor bringt.

Ich schaue übrigens kein Fernsehen mehr. Schon seit Jahren. Mich nervt die Werbung und derzeit fällt es mir schwer, die Sendezeiten von interessanten Sendungen zu treffen. Auch hier warte ich sehnsüchtig auf eine entsprechende Entwicklung von Apple, um das Fernsehen wieder attraktiver zu machen. Bislang sammelt Apple gerade mal erste Erfahrungen in diesem Bereich.

Nun, ich will an dieser Stelle mit der Lobeshymne aufhören, sonst halten Sie mich noch für einen Apple-Vertriebsangestellten.

Nein, doch nicht, eines noch. Das muss ich noch erzählen: Für das iPhone gibt es eine Anwendung „Babyphone“. Egal wo ich bin kann ich also das iPhone neben meinen Sohnemann legen und lasse das Handy meiner Frau anrufen, wenn er sich rührt. Wir haben das schon öfter genutzt, wenn wir nur kurz aus dem Auto springen mussten um etwas zu besorgen, während der Kleine tief in seinem Sitz schlief. So mussten wir ihn nicht aufwecken.

Wer mich nun für einen Rabenvater hält: Ich bin (als ehemaliger Marathonläufer) schneller am Auto als andere im zweiten Stockwerk ihres Hauses.

Den Kunden des Heibel-Ticker PLUS hatte ich vor dem Quartalsergebnis von Apple geraten, einen Teil der Position zu verkaufen, um nach einem eventuellen „Sell the good news“ zu einem günstigeren Kurs wieder einzusteigen. Das hat nicht funktioniert, denn Apple ist um 10% angesprungen. Zum Glück halten wir noch eine halbe Position in Apple und so konnten wir diesen Sprung zumindest halb mitnehmen – ein Vorteil meiner Strategie des schrittweisen Ein- und Ausstiegs bei Langfristpositionen.

Schwerer wird es nun, nachdem der Kurs abgehoben ist: Sollten Sie auf einen Rücksetzer warten, um die Apple Aktien zu kaufen oder kauft man Apple am besten egal zu welchem Preis? Nun, zu dieser Frage habe ich im Kapitel 06 Stellung genommen.

Übrigens: Einen Tag später hat der Flash-Memory Hersteller Sandisk (SNDK) sein Quartalsergebnis vermeldet: Ebenfalls eine positive Überraschung bei Gewinn und Umsatz. Speicherkarten finden immer mehr Einsatzgebiete, immer mehr spezialisierte Kleinstgeräte (Digitalkamera, Handy, Spielekonsole, Navi, ...) bauen auf Flashspeicher auf. Und auch bei Laptops halten SSD-Speicher nun verstärkt Einzug. Von Zurückhaltung bei diesen vergleichsweise teuren Speicherplatten kann keine Rede sein.

KREDITKARTENKRISE ... WO DENN?

American Express und Capital One, zwei der aktivsten Kreditkartenbetreiber in den USA, deren Kunden gigantische rollierende Kredite am Laufen haben, meldeten gestern ihre Quartalszahlen. Wie oft haben Sie in den vergangenen Monaten von der drohenden Kreditkartenkrise gehört?

Nun, ich habe einige Male versucht, diese Mär zu enttarnen – mit mäßigem Erfolg. Vielleicht schauen sich die Weltuntergangspropheten einmal die Quartalsergebnisse von American Express und Capital One an. American Express übertraf die Erwartungen um „unglaubliche“ (um mir treu zu bleiben) 15,8%! Wo sind da die hohen Abschreibungen auf Kreditausfälle?

Und Capital One meldete einen Gewinn von 0,94 USD je Aktie, erwartet wurden aufgrund eines hohen Abschreibungsbedarfs 0,14 USD je Aktie. Ich komme hier auf einen Überraschungseffekt von 570%. Versuchen Sie das mal mit Worten zu beschreiben. Die Aktie notiert vorbörslich 10% im Plus.

Visa hat die Dividende erhöht. Das macht man auch nicht, wenn Ungemach in den Büchern steckt.

Vergessen Sie also das Märchen von der Kreditkartenblase.

Es ist richtig, dass die Folgen der Immobilien- und Finanzkrise noch nicht vollständig ausgestanden sind. Doch es gibt keine Risiken mehr, die in den Büchern der Banken schlummern, denen ich es zutrauen würde, unsere Weltwirtschaft erneut in die Knie zu zwingen.

Die Bank of America hat noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen, bevor sie sich aus den TARP-Klauen des Staates befreien kann. Die Citigroup ist schon einen Schritt weiter, dennoch fehlt auch ihr noch immer das Kapital, um die TARP-Hilfen zurückzuzahlen.

Aber es gibt schon wieder Bereiche, die funktionieren: Goldman Sachs und JP Morgan haben bombenstarke Investmentgeschäfte gemacht. Nachdem ich dies am vergangenen Freitag ausgeführt hatte, wurde ich wieder mit einigen E-Mails beschossen, die mir erklärten, dass die Investmentgewinne der Investmentbanken keine stabile Geschäftsbasis darstellen.

Das Gleiche gilt übrigens für die Deutsche Bank: Sie hat diese Woche überraschend und vorzeitig gemeldet, dass im dritten Quartal erneut kräftige Investmentgewinne erwirtschaftet wurden. 1,4 Mrd. Euro betrage der Gewinn, das ist etwas weniger als im Quartal zuvor. Auch für die Deutsche Bank gilt: An wen sonst wendet man sich in Deutschland, wenn man eine Anleihe platzieren möchte? Das Geschäft landet meistens bei der Deutschen Bank. So mag das Geschäft nicht planbar sein, dennoch halte ich das damit erreichte KGV von 9 für sehr attraktiv bei der Deutschen Bank.

EINZELHANDELSKRISE ... WO DENN?

Amazon hat gestern Abend im Quartalsergebnis 50% mehr Gewinn vermeldet als erwartet. Die Aktie steht heute 20% über ihrem gestrigen Schlusskurs. Wenn Sie sich überlegen, warum Quelle die Tore schließen musste, dann schauen Sie sich mal auf den Seiten von Amazon um. Da finden Sie alle Informationen zu Produkten, Sie finden Bewertungen und meistens auch den günstigsten Preis. Lieferung binnen ein oder zwei Tagen, und das noch kostenfrei.

Amazon unterhält in logistisch gut angebundenen, vom Preisniveau jedoch extrem günstigen Gegenden Lagerhallen, von denen aus die Produkte direkt an den Kunden geschickt werden. Sie haben das Päckchen meistens innerhalb von 24 Stunden.

Schon längst sind es nicht mehr nur Bücher, die Sie bei Amazon kaufen können. Die Produktpalette ist so breit, dass ich hier mit dem Aufzählen gar nicht beginnen möchte.

Von Zurückhaltung kann bei den Konsumenten also keine Rede sein. Krise? Rezession? Ich kann keine Anzeichen dafür entdecken. Lediglich strukturelle Veränderungen, leider zum Nachteil der Quelle-Angestellten.

TECHNOLOGIEKRISE ... WO DENN?

Unzählige Male hörte ich das Argument, dass die Großkunden der Technologiebranche zu einem großen Teil aus der Finanzbranche kommen und dass daher die Investitionen im IT-Bereich auf absehbare Zeit nicht mehr das Niveau der Zeit vor der Krise erreichen könnten.

Nun haben Sie gesehen, wie Intel überraschend gute Zahlen meldete (+18%) und heute hat Microsoft die Erwartungen um 25% übertroffen. Okay, ich gebe es auf, auch für diese positiven Überraschungen Begriffe zu suchen. Schauen Sie sich diese Quartalsergebnisse an und überlegen Sie sich, ob Ihnen das als Beweis dafür reicht, dass wir aus der Rezession heraus kommen, ohne einen doppelten Boden durchlaufen zu müssen. Ich gehe davon aus, dass wir eine fulminante Weihnachtssaison haben werden.

JAHRESVERGLEICH ODER SEQUENTIELL

Ach so, nun kommt noch ein Totschlagargument der Bären: Ich werde, wenn ich es hier jetzt nicht anspreche, wieder darauf hingewiesen, dass ich mir doch nur die Umsatzentwicklung im Vergleich zum Vorjahresquartal anschauen müsste, um zu sehen, wie katastrophal die wirtschaftliche Lage ist.

Und tatsächlich, bei vielen Unternehmen ist der Umsatz im Jahresvergleich rückläufig. Oh Schreck! Wie kann ich da investiert sein? Wie kann jemand Aktien kaufen, dessen Unternehmen rückläufige Umsätze verzeichnet?

Nun, wer so denkt, dem wird es sicherlich nichts ausmachen, auf die 60% Kursgewinn, die der DAX in den vergangenen 8 Monaten erzielt hat, zu verzichten. Denn eigentlich dürfte der DAX gar nicht gestiegen sein, wenn doch der Umsatz so vieler Unternehmen rückläufig ist. Nein, da kehren wir der Börse lieber den Rücken und überlassen es den schlecht informierten, die 60% Kursgewinn einzustecken...

...wenn Sie so denken, dann sind Sie hier falsch.

Die Wirtschaft stockte im vergangenen Herbst und es folgte ein Einbruch an den Aktienmärkten. Phasenweise fürchtet man eine Weltwirtschaftskrise und entsprechend stark fielen die Kursverluste aus. Doch inzwischen hat sich der Umsatz auf einem niedrigen Niveau stabilisiert, die Weltwirtschaftskrise ist vom Tisch und die Unternehmen haben sich auf das niedrigere Umsatzniveau eingestellt (Kosten eingespart, Leute entlassen). Die Trendwende ist bereits erfolgt und in den vergangenen Wochen haben wir sogar von den meisten Unternehmen erfahren, dass der Umsatz wieder ansteigt. Das ist zwar auf einem niedrigen Niveau und im Vergleich zum Vorquartal, also sequentiell, aber das reicht uns schon aus, um die positive Entwicklung zu erkennen. Schließlich stehen die Aktien ja auch nicht mehr auf dem Niveau von vor einem Jahr.

Und gar nicht so selten ist der Umsatz sogar schon wieder auf dem Vorjahresniveau oder sogar etwas höher. Die Aktienbörse nimmt die künftigen Entwicklungen vorweg. Wenn der Umsatz zu steigen beginnt, dann stehen die Aktien schon wieder deutlich höher (in unserem Fall um durchschnittlich 60%). Wenn die Unternehmen wieder das Umsatzniveau von 2007 erreichen, dann werden die Aktien auch wieder auf dem damaligen Niveau stehen: Der DAX steht dann bei 8.000.

Lassen Sie sich also nicht von Jahresvergleichen abschrecken, sondern achten Sie auf den aktuellen Trend der Geschäftsentwicklung. Und der zeigt steil nach oben.

Vergangenen Freitag habe ich vor einer Verschnaufpause gewarnt. Diese ist tatsächlich eingetreten, wie Sie am DAX sehen. Der Dow Jones hingegen hat gestern Abend, nachdem die deutsche Börse schon geschlossen hatte, seinen Wochenverlust mit einer heftigen Rallye ausgeglichen. Der DAX folgt heute. Schauen Sie sich die Wochenperformance selbst einmal an:

INDIZES (22.10.2009)

Dow Jones: 10.081 | 0,2%
DAX: 5.763 | -1,2%
Nikkei: 10.283 | 0,3%
Euro/US-Dollar: 1,505 | 1,2%
Euro/Yen: 137,79 | 1,7%
10-Jahre-US-Anleihe: 3,42% | 0,0
Umlaufrendite Dt: 3,09% | 0,0
Feinunze Gold USD: $1.060,97 | 1,4%
Fass Crude Öl USD: $81,99 | 4,7%
Baltic Dry Shipping I: 3.001 | 11,6%


Auslöser der Korrektur war meiner Ansicht nach ... nein, das wäre Spekulation. Ich weiß es nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Ölpreis über 80 USD/Fass und der Wechselkurs über 1,50 USD/EUR bei einigen Anlegern Panik ausgelöst hat. Wird ein hoher Ölpreis als Zeichen einer gesunden Weltwirtschaftsentwicklung begrüßt, so fürchtet man einen zu hohen Ölpreis als Bremse für die energieintensiven Branchen.

Freuen sich die Amerikaner über die exportfördernde Wirkung des schwachen US-Dollars, so bekommen sie es offensichtlich mit der Angst zu tun, wenn der US-Dollar sich anschickt, völlig wertlos zu verfallen.

Die psychologischen Marken für das Umschwenken von Dankbarkeit zu Angst waren offensichtlich bei 80 USD/Fass und 1,50 USD/EUR. Nun sind die Angsthasen aus dem Markt gejagt worden und die Rallye kann weiter gehen.

HINWEIS

Im Eifer des Gefechts verdreht Ihr Autor schon mal Fakten und Ereignisse. Meine Leser weisen mich auf solche Fehler hin. So habe ich das Pflanzenschutzmittel von Monsanto Ready-up statt Roundup genannt. Und, schlimmer noch, ich habe Infineon aus dem DAX verbannt :-( Dabei wurde Infineon schon lange wieder in den DAX aufgenommen. Ich sprach von Gerüchten über eine DAX-Aufnahme von Infineon, obwohl das Unternehmen schon wieder dabei ist. Das Gerücht hatte ich zu HeidelbergCement gehört.

STEUERFREIHEIT DER POST DIVIDENDE

Ich hatte Ihnen die attraktive Dividende bei der Deutschen Post vorgestellt. Die Dividendenrendite beträgt 4%. Da die Deutsche Post ihre Dividende aus dem steuerfreien Einlagenkonto ausschüttet, fällt bei der Ausschüttung keine Steuer an.

Wenn Sie die Aktien der Deutschen Post jedoch innerhalb der Spekulationsfrist (bei Käufen bis zum 31.12.2008 betrugt diese 12 Monate) verkaufen, so wird der Dividendenbetrag dem Kursgewinn hinzugerechnet. So wird die Dividende also dennoch versteuert.

Wer von Ihnen also Aktien der Deutschen Post hält und die steuerfreie Dividende ausgeschüttet bekam, der sollte darauf achten, dass er die Aktien nicht vor Ablauf der Spekulationsfrist verkauft. Sonst muss die Dividende nachversteuert werden.

Wer die Aktien erst im Jahr 2009 gekauft hat, der kommt aufgrund der Abschaffung der Spekulationsfrist nicht mehr um die Nachversteuerung beim Verkauf der Position herum.

SENTIMENTDATEN

ANALYSTEN:
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
02.-09. Okt (176): 73% / 27%
09.-16. Okt (154): 83% / 17%
16.-23. Okt (172): 73% / 27%

ANALYSTEN KAUF
MAN, KPN, Air Liquide

ANALYSTEN VERKAUF
Peugeot, GlaxoSmithKline, ThyssenKrupp

PRIVATANLEGER:
Aktuell 67% Bullen (76 Stimmen)
Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 5.815

PRIVATANLEGER KAUF
Nur Pennystocks

PRIVATANLEGER VERKAUF
Fannie Mae, Schmack Biogas, Commerzbank


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel


Bislang hat Apple in den USA für iPhone-Vertragspartner AT&T für gute Geschäfte gesorgt. In Deutschland profitiert iPhone-Partner T-Mobile von dem Run auf das iPhone. O2 profitiert in Großbritannien und so könnte die Liste noch lange weiter aufgeführt werden.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
 Es ist 18:17 Uhr.
Top 



copyright: imagine Grafik - DTP - Webdesign - [AGB / Datenschutz]