Alt 14.06.18, 22:18
Standard Wall Street zwischen Handelsstreit und Geldpolitik
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NEW YORK (Dow Jones)--Die Wall Street hat am Donnerstag den Schwung des europäischen Aktienmarktes in Reaktion auf die geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht in Gänze übernommen. Lediglich die technologielastigen Nasdaq-Indizes marschierten vorneweg auf neue Allzeithochs, am breiten Markt tat sich wenig. Für Zurückhaltung sorgte das leidige Thema Handelskonflikt. Laut Händlern sind die Handelsbeziehungen zwischen China und den USA zumindest kurzfristig von ebenso großer Bedeutung wie die Geldpolitik. Und da gab es neue Drohungen aus China, dass alle erzielten Kompromisse obsolet seien, sollten die USA wie angekündigt am Freitag neue Strafzölle gegen chinesische Importe verhängen.

"Investoren mögen kurzfristig sehr vorsichtig sein, aber insgesamt diskontieren sie einige der Handelsbefürchtungen", sagte James Ragan, Direktor der Vermögensverwaltung bei D.A. Davidson. Der Dow-Jones-Index verlor 0,1 Prozent auf 25.175 Punkte, der S&P-500 gewann dagegen 0,2 Prozent und Nasdaq-Composite gar 0,8 Prozent. Im Technologiesektor legten Twitter um 6,1 Prozent zu. Weder Geldpolitik noch Handelsstreit könnten dem Geschäftsmodell etwas anhaben, hieß es auch mit Blick auf die Aufschläge bei Facebook und Alphabet.

Umgesetzt an der Nyse wurden 930 (Mittwoch: 956) Millionen Aktien. Auf 1.675 (999) Kursgewinner entfielen 1.264 (1.963) -verlierer, unverändert schlossen 133 (113) Titel. Das übergeordnet beherrschende Thema stellte die Geldpolitik: Nachdem sich die US-Notenbank am Vortag im Zuge einer Zinserhöhung insgesamt falkenhafter als erwartet gezeigt hatte, signalisierte die EZB eine eher taubenhafte Haltung. Daraufhin stürzte der Euro ab und die europäischen Aktienmärkte zogen deutlich an.

In Verbindung mit guten US-Konjunkturdaten gab das auch den US-Aktienkursen zunächst Auftrieb. Denn die Einzelhandelsumsätze im Mai waren überraschend deutlich gestiegen - es war der stärkste Zuwachs seit November 2017. Zudem fielen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der Vorwoche, Volkswirte hatten hingegen einen Anstieg vorhergesagt.

EZB schickt Euro auf Talfahrt

Anders als die Fed beließ die EZB die Zinsen erwartungsgemäß unangetastet, verschob aber die Erwartungen an die erste Zinserhöhung zeitlich weiter nach hinten. Zwar hatte die EZB angekündigt, ihre Anleihekäufe ab Oktober zu halbieren, doch dies war so erwartet worden. Der neue Zinsausblick mit einer Zinsanhebung erst nach dem Sommer 2019 brachte Bewegung am Devisenmarkt, wo der Euro kräftig abwertete. Nach einem kurzen Hüpfer auf das Tageshoch von 1,1852 Dollar fiel die Gemeinschaftswährung wie ein Stein auf zuletzt 1,1594 Dollar. Der ICE-Dollarindex kletterte um 1,1 Prozent.

Der Goldpreis legte ungeachtet der Aussicht auf stärker steigende US-Zinsen zu. Die Feinunze verteuerte sich um 0,3 Prozent auf 1.304 Dollar im späten Handel und damit auf ein Zweimonatshoch. Höhere Zinsen sind eigentlich negativ für das zinslos gehaltene Edelmetall. Doch im Euroraum lasse die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise weiter auf sich warten, hieß es. Gold werde derzeit vor allem zur Absicherung gegen die steigende Inflation gekauft, erklärten Beobachter den Preisanstieg. Nach den Verbraucher- und Erzeugerpreisen waren nun die US-Importpreise im Mai wegen der höheren Ölpreise merklich gestiegen. Die Entwicklung der Importpreise ist ein Indiz für die US-Inflation. Allerdings profitierte Gold auch vom Handelsstreit.

Am Rentenmarkt stiegen die Notierungen im Fahrwasser anziehender Pendants aus Europa nach dem Rücksetzer des Vortages. Im Gegenzug sank die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen um drei Basispunkte auf 2,93 Prozent.

Die Ölpreise zeigten sich uneinheitlich. US-Leichtöl der Sorte WTI profitierte abermals von den am Vortag gemeldeten niedrigeren US-Rohölvorräten und verteuerte sich um 0,4 Prozent auf das Zweiwochenhoch von 66,89 Dollar je Barrel. Die globaler gehandelte europäische Referenzsorte Brent gab dagegen 1,0 Prozent auf 75,94 Dollar ab. Die bevorstehende Opec-Konferenz, auf der möglicherweise höhere Fördermengen beschlossen werden, dämpfte hier die Stimmung in Verbindung mit der erneut auf Rekordniveau gekletterten US-Förderung.

Comcast mit Bieterwettstreit um Fox im Fokus

Unter den Einzelwerten gewannen Comcast 4,6 Prozent. Der Kabelnetzbetreiber hatte ein Gegengebot für von 21st Century Fox zum Verkauf angebotene Vermögensteile vorgelegt. Comcast bietet mit insgesamt 65 Milliarden Dollar rund 19 Prozent mehr als bislang Walt Disney. Der Schritt kam für Marktbeobachter nicht überraschend, nachdem tags zuvor ein Gericht AT&T die Übernahme von Time Warner genehmigt hatte. Darauf war es bereits im regulären Handel am Mittwoch zu teils stärkeren Kursbewegungen in den betreffenden Sektoren gekommen. Fox gewannen 2,1 Prozent. Die Disney-Aktie stieg um 2,3 Prozent.

Tesla verbesserten sich um 3,8 Prozent. Chef Elon Musk hatte jüngst zeitgleich mit der Ankündigung von Stellenstreichungen mehrere tausend Aktien seines Unternehmens erworben. Tailored Brands brachen um 21,7 Prozent ein. Das Unternehmen aus der Modebranche hatte zwar mit seinen Geschäftszahlen die Erwartungen übertroffen, die Umsätze auf vergleichbarer Basis enttäuschten jedoch. Nach einer Abstufung durch JP Morgan fielen Oracle um 4,9 Prozent. Royal Caribbean Cruises legten um 5,1 Prozent zu. Die Kreuzfahrtreederei übernimmt 66,7 Prozent an Silversea Cruises für 1 Milliarde Dollar.

Dropbox schossen an der Nasdaq um 14,1 Prozent empor und markierten ein Rekordhoch. Die Titel das Cloudspeicheranbieters hatten bereits in den vergangenen vier Sitzungen zugelegt. Anfang der Woche hatte der Konzern Ergänzungen bei seiner SMR-Speichertechnologie bekannt gegeben. Laut Dropbox ist das Unternehmen des erste, welches diese Technologie "im Exabyte-Maßstab" einsetzt. Nach einem optimistischen Ausblick ging es für die Titel des Stahlkonzerns Nucor um 2,6 Prozent nach oben.

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June 14, 2018 16:15 ET (20:15 GMT)

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