Alt 05.06.13, 11:55
Standard Investoren in Europa werden vorsichtiger
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"Die Börse ist keine Einbahnstraße" heißt eine alte Börsenregel. Mit der exzessiven Geldpolitik der Notenbanken gab es für die Aktienmärkte lange Zeit nur eine Richtung: aufwärts. Nun werden die Investoren vorsichtiger. Die Sorge vor einem Zudrehen des Geldhahns durch die US-Notenbank bremst weltweit die Börsen aus. Forderungen der Fed-Gouverneure von Kansas und Dallas nach einer Drosselung der Wertpapierkäufe durch die US-Notenbank drücken auf die Stimmung an den Kapitalmärkten. Der DAX verliert 1,3 Prozent auf 8.189 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 gibt um 1,3 Prozent auf 2.719 nach.

Die am Vormittag veröffentlichten europäischen Service-Einkaufsmanagerindizes blieben in der zweiten Lesung unter den Erwartungen. Mit 47,2 Punkten im Mai wurde die Prognose von 47,5 nicht ganz erreicht. Auch wenn sich der Index nun zum zweiten Mal in Folge im Vergleich zum Vormonat erholt habe, sei doch wegen der fallenden Geschäftserwartungen eine Rückkehr zu Wachstum unwahrscheinlich, sagt Howard Archer von Global Insight. Archer geht nicht von einer Zinssenkung durch die EZB am kommenden Donnerstag aus.

Mit Spannung wartet man an den Finanzmärkten auf Konjunkturdaten aus den USA. Veröffentlicht werden ein Bericht über die Beschäftigungslage im Privatsektor, eine Umfrage unter Einkäufern sowie Auftragseingänge. Sollten die Ergebnisse eine robuste Konjunktur widerspiegeln, könnten Aktien paradoxerweise unter Druck geraten. Denn dann würde die Erwartung angeheizt, dass die US-Notenbank die Märkte nicht mehr so spendabel wie bisher mit kurstreibender Liquidität versorgt. Der Dollar dürfte von einem solchen Szenario profitieren und fester tendieren.

Andreas Klähn von der Bayerischen Landesbank rechnet dagegen mit eher schwachen Zahlen aus den USA. "Das könnte die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Staatsanleihenkäufe der Fed stützen und letztlich auch Bundesanleihen beflügeln", sagt der Rentenanalyst. Bisher rentieren die zehnjährigen Bundesanleihen kaum verändert bei 1,54 Prozent. Eine Aufstockung bei Bundesobligationen traf am Vormittag auf eine gute Nachfrage, nachdem die Renditen zuletzt deutlich angezogen waren.

Der Euro ist zum Dollar den dritten Tag in Folge am Sprung über 1,31 Dollar gescheitert und hat wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Die Gemeinschaftswährung wird mit 1,3070 Dollar bezahlt. Während in den USA ein Ende der expansiven Geldpolitik intensiv diskutiert wird, versucht die Europäische Zentralbank die Konjunktur im Euroraum mittels einer lockeren Geldpolitik anzukurbeln. "Mittelfristig bleibt dieser qualitative Unterschied in der Geldpolitik der entscheidende Faktor für niedrigere Euro/Dollar-Notierungen", sagt Thu Lan Nguyen von der Commerzbank.

Für Kursbewegungen bei den Einzelwerten sorgen verstärkt Analysten mit ihren Einstufungen. So steigt die Aktie der Deutschen Post um 1,6 Prozent, nachdem die Deutsche Bank das Kursziel auf 25 Euro hochgenommen hat. Damit trauen sie der Aktie noch ein Kursplus von 25 Prozent zu. Continental-Aktien steigen um 1,2 Prozent, nachdem HSBC das Kursziel auf 123 Euro erhöht hat. Damit sieht die Bank für den Wert noch rund 20 Prozent Luft nach oben. Berenberg ist vorsichtig gegenüber K&S eingestellt, die Aktie verliert um 1,9 Prozent.

An Europas Börsen müssen auch die großen Einzelhändler Kursverluste hinnehmen. Der Einzelhandel in der Eurozone hat sich im April mit einem Minus um 0,5 Prozent erneut schwächer entwickelt als erwartet. Die Aktien von Carrefour verlieren nach einer Abstufung auf "Untergewichten" durch die Bank HSBC 4,5 Prozent. Tesco-Aktien büßen nach einem schwachen Zwischenbericht 4,0 Prozent ein. Die Briten haben im ersten Quartal im Ausland 4,6 Prozent weniger abgesetzt. Auch die Kurse von Metro und Ahold geben nach.

Am Abend veröffentlicht die US-Notenbank den monatlichen Konjunkturausblick. Sollten sich in diesem auch Beige Book genannten Bericht Hinweise auf eine Drosselung der Wertpapierkäufe finden, könnten die Kurse an der Wall Street im späten Handel unter Druck geraten. Europas Börsen sind dann schon geschlossen und werden die Vorgaben aus den USA erst am Donnerstag nachvollziehen.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@dowjones.com

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