Alt 20.06.13, 12:43
Standard Alles außer dem Dollar auf Talfahrt
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Die Zeiten der Liquiditätshausse sind vorbei. An der Börse wird davon ausgegangen, dass die Tage der massiven Geldmengenausweitung in den USA gezählt sind. Investoren stellen Positionen glatt und horten Liquidität. Aktien- und Anleihemärkte sowie auch Gold rauschen gemeinsam in die Tiefe. Schwache Konjunkturdaten aus China verstärken zudem die Abwärtsbewegung. Der DAX fällt um 2,5 Prozent auf 7.993 Punkte und damit das zweite Mal innerhalb einer Woche unter die 8.000er Marke. Der Euro-Stoxx-50 gibt um 2,5 Prozent auf 2.616 Zähler nach.

Überraschend zuversichtlichen Anmerkungen der US-Notenbank zum Arbeitsmarkt lassen ein Ende der US-Geldschwemme immer näher rücken. "Die US-Notenbank hat einen weiteren Schock ausgelöst", meint Lewis Alexander, Volkswirt bei Nomura. Überraschend seien die Klarheit des Ausstiegszenarios und der wirtschaftliche Optimismus, den die Fed verbreite. "Die US-Notenbank signalisiert das Drosseln des Anleihenkaufprogramms", heißt es auch bei Michael Charey, Chefvolkswirt des Credit Agricole. Klarer Gewinner dieser Entwicklung ist der Dollar. Im Gegenzug fällt der Euro unter 1,32 Dollar, nachdem er vor den Fed-Aussagen noch über 1,34 USD notiert hat.

"Man kann es drehen und wenden, wie man will. Die Tage der quantitativen Lockerungen sind gezählt", sagt ein Händler. Ein leichter Zinsanstieg sei unvermeidbar. Die Fed sei in ihren Aussagen überraschend schnell und deutlich geworden. Ab September dürften bereits die Anleihekäufe zurückgeführt werden, heißt es im Handel. An den Anleihemärkten wird dieses Szenario bereits seit Tagen gespielt. In den USA steigen die Zinsen seit Wochen bereits deutlich, in Deutschland ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf Monatssicht um rund 30 Basispunkte auf 1,67 Prozent angesprungen.

Mit den kräftigen Renditeanstieg bei den Anleihen und den US-Notenbankaussagen kommt der Goldpreis kräftig unter Druck. Die Feinunze Gold fällt auf 1.291 Dollar - der tiefste Stand seit zweieinhalb Jahren. Vor den Anmerkungen von US-Notenbankpräsident Ben Bernanke kostete die Feinunze noch 1.374 Dollar. Auf Euro-Basis fällt der Goldpreis auf 981 Euro und damit erstmals seit März 2011 wieder in den dreistelligen Bereich zurück. "Die Argumente, die gegen Gold sprechen, sind klar: Niedrige Inflation, ein starker Dollar und eine geringere Liquidität mit einer Reduzierung der Anleihekäufe durch die Fed", sagt Analystin Helen Lau von UOB Kay Hian.

Eine heftige Belastung für die Aktienmärkte kommt zusätzlich von den Konjunkturdaten aus China: Der überraschende Einbruch im chinesischen Einkaufsmanagerindex von HSBC im Juni verdüstert die Stimmung. Er drückt konjunkturempfindliche Aktien kräftig ins Minus. "Der Rückgang bestärkt unsere Bedenken über die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft Chinas", warnt Analyst Zhiwei Zhang von Nomura. Negativ sei vor allem der Einbruch der Komponente der Exportaufträge. Für die Exporte des Landes sei dies ein düsterer Ausblick.

Kurzfristig positive Signale seien aus China nicht zu erwarten: Bis zur Bekanntgabe des Bruttoinlandsprodukts am 15. Juli werde sich an der Geld- und Liquiditätspolitik der Regierung nichts ändern, prognostiziert der Analyst. Indikatoren wie die Industrieproduktion oder Investments in festverzinsliche Anlagen seien zwar schwach, sie brächen aber nicht ein. "Wir vermuten, dass die Regierung kurzfristig Schmerzen hinnimmt, um langfristig die finanziellen Risiken im Zaum zu halten und Wachstum zu sichern", sagt Zhang.

Die schwächste Branche in Europa stellen die Roh- und Grundstoffwerte, der entsprechende Sektorindex stürzt um 3,4 Prozent ab. Investoren trennen sich von den Aktien, da die Nachfrage nach Rohstoffen aus China weiter zurückgehen dürfte. Unter den China-Ängsten leiden auch die Aktien der Automobilhersteller, die momentan in Asien wachsen. Mit VW-Titeln geht es 3,7 Prozent abwärts, BMW-Papiere verlieren 4,2 Prozent und Daimler-Aktien 3,4 Prozent. Der Branchenindex büßt 3,4 Prozent ein.

Eine weitere Belastung für die Aktienmärkte stellt der große Juni-Verfallstag am Options- und Terminmarkt am Freitag. Hier könnten angesichts der neuen Nachrichtenlage größere Anpassungen von Positionen nötig werden. Für den Marktverlauf mache dies Prognosen bis Freitag schwer, sagt ein Händler. Vor diesem Hintergrund gehen die europäischen Einkaufsmanagerindizes unter. Obwohl die Daten aus Frankreich und Deutschland wenigstens zum Teil besser als erwartet ausgefallen sind, spielen sie keine Rolle.

Als ein Fels in der Brandung erweist sich die Nokia-Aktie: Gegen den Markt notiert sie leicht im Plus. Hier zeigt sich erneute Übernahmefantasie. Nachdem sich zuletzt die chinesische Huawei als potenzieller Interessent an Nokia geoutet hatte, wurde nach US-Handelsschluss bekannt, dass offenbar auch Microsoft Interesse hatte.

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