Alt 30.12.11, 16:23
Standard XETRA-SCHLUSS/Leichte Gewinne beenden Katastrophenjahr
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FRANKFURT (Dow Jones) - Der Deutsche Aktienmarkt hat den letzten Handelstag 2011 am Freitag mit leichten Gewinnen beendet. Retten kann das Plus von 0,9% oder 50 auf 5.898 Punkten aber auch nichts mehr. 2011 wird als ein schwarzes Jahr in die Börsengeschichte eingehen und setzt ein enttäuschendes Börsenjahrzehnt fort. Im Jahresverlauf haben deutsche Standardwerte 14,7% verloren, im Jahrestief Mitte September waren es sogar 34,7%.

Geahnt hatte das die Wenigsten. Nach eher verhaltenen Prognosen für 2010 hatten die Strategen vieler Banken in Zuversicht geschwelgt und Ziele von bis zu 9.000 Punkten ausgerufen. Die boomende deutsche Konjunktur, günstige Bewertungen und niedrige Zinsen schienen damals für neue Hochs am deutschen Aktienmarkt zu sprechen.

Und tatsächlich ging es - von dem Einbruch nach dem Atomunglück in Japan einmal abgesehen - bis Anfang Mai auch stramm nach oben. Am 2. Mai wurde mit 7.600 Punkten das Jahreshoch erreicht. Doch dann kam der Motor ins Stottern. Erst belasteten Sorgen um die US-Wirtschaft den Markt, dann folgte der Streit um die Anhebung der Schuldengrenze in den USA. Doch gerade als eine Einigung gelungen war, stürzten die Märkte im August ab.

Damit nahmen sie das Hochkochen der europäischen Schuldenkrise zielsicher vorweg. Ein Gipfel der europäischen Regierungen jagt seitdem den nächsten, doch weder Rettungsschirme noch umfangreiche Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank haben die Märkte bislang beruhigen können.

Die volatile Seitwärtsbewegung der vergangenen drei Monate könnte indes nur das Intermezzo für einen erneuten Absturz sein. Im ersten Quartal 2012 müssen die europäischen Staaten Anleihen in großem Umfang an den Mann bringen und das dürfte nicht einfach werden. Die Entwicklung in den vergangenen Tagen und die ausgefallene Jahresendrally sind jedenfalls kein gutes Omen. Trotz des günstigen saisonalen Umfeldes zu Jahresende ist der Markt in den vergangenen Tagen unter dem Strich nicht vom Fleck gekommen. Das Geschäft im verkürzten Handel am Freitag war dünn. Umgesetzt wurden an DAX-Titeln auf Xetra rund 42,2 (Vortag: 59,7) Mio Aktien im Wert von rund 0,95 Mrd EUR.

Die meisten Werte haben im vergangenen Jahr erheblich Verluste erlitten. Die lange Liste der Verlierer wird von der Commerzbank angeführt. Die Aktie hat den Anlegern den sagenhafte Verlust von über 76% seit Jahresbeginn beschert. Damit sticht sie selbst im europäischen Bankensektor, dem die Schuldenkrise übel mitgespielt hat, negativ hervor. Besserung ist nicht in Sicht, denn es gilt, eine Kapitallücke von mehreren Mrd EUR zu schließen, ohne dabei Staatshilfen in Anspruch nehmen zu müssen. Die Aktie beschließt das Jahr mit 1,7% Plus bei 1,30 EUR.

Stark verloren haben auch RWE. Der Atomausstieg und höhere Rohstoffkosten, die den Betrieb von Kohlekraftwerken verteuern, sind nur ein Teil der vielen Problem, die den Wert belastet haben. Nach über 45% Verlust seit Jahresbeginn hat der Wert mit plus 0,7% auf 27,15 EUR geschlossen. Noch schwächer Metro. Personelle Querelen, die Probleme bei der Tochter Media-Saturn und schwache Zahlen haben die Aktie um 47,7% abstürzen lassen. Das Plus von 0,4 auf 28,20 am Freitag ändert daran nichts.

Die Champions League der deutschen Standardwerte überrascht wenig. Es sind die als konjunkturunabhängig geltenden Pharmawerte. An der Spitze stehen Merck KGaA, die um 28,7% zugelegt haben. Der Zugewinn relativiert sich allerdings beim Blick auf die vergangenen Jahre, in denen sich die Aktie letztlich nur seitwärts bewegt hat. Am Freitag ging es noch einmal um 0,8% auf 77,03 EUR nach oben.

Klar aufwärts gerichtet war dagegen die Entwicklung der Fresenius Familie. Beide Aktien liegen im Bereich der Allzeithoch. Dabei hat die stark in den USA vertretene FMC von der Stärke des Dollar profitiert. Zudem hatte die Muttergesellschaft Fresenius im November angekündigt, über die Börse rund 3,5 Mio weitere FMC-Aktien kaufen zu wollen. Fresenius profitierte zudem von soliden Quartalszahlen. Mit 21,4% und 13,9% Zugewinn im Jahresverlauf waren beide Titel eine sichere Bank.

Unter den besten DAX-Werten befinden sich auch adidas. Der Sportartikelhersteller hat von hohen Wachstumsraten in Nordamerika, China, Russland und Westeuropa profitiert. Schon nach neun Monaten hatte das Ergebnis den bisherigen Höchststand von 2008 übertroffen. Mit 2,8% Zuwachs seit Jahresbeginn kann sich die Entwicklung sehen lassen.

Gut geschlagen haben sich auch SAP. Ein Rekordergebnis bei den Softwareerlösen im dritten Quartal bescherte der Aktie ein Plus von 7,2%.

Die zahlreichen zyklischen Aktien im MDAX, der auf Jahressicht 12,2% einbüßte, quittierten die eingetrübten Konjunkturaussichten ebenfalls mit deutlichen Abschlägen. Am schlimmsten erwischte es Heidelberger Druck mit 66,4% Abschlag. Hier kamen noch die Probleme der Druckindustrie, die unter der Schwäche der Zeitungsbranche leidet, hinzu. Die wenigen Gewinner führten dagegen SGL Carbon an. Das Interesse von BMW und VW an der Karbonsparte hatte die Hoffnung auf einen Bieterstreit ausgelöst. Da BMW in den kommenden zwölf Monaten aber keine weiteren Aktien mehr kaufen will, ist die Aktie von Jahreshoch bei 48 EUR wieder zurückgefallen, war mit 41% Aufschlag auf 38,09 EUR aber immer noch der Outperformer par excellence.

Ein trübes Bild bietet der TecDAX, der einen Abschlag von 19,5% verzeichnete. Der hohe Anteil an Solarwerten hat dem Index die Performance verhagelt. Überkapazitäten und Preisdruck durch die chinesischen Wettbewerber haben zu Kurshalbierungen bei den Einzelwerten geführt. An der Spitze der Verlierer steht daher mit Q-Cells mit fast 80% Verlust einer der Wackselkandidaten aus der Branche. Überkapazitäten und sinkenden Preise waren es auch, die Aixtron haben einbrechen lassen. Übervolle Lager der LED-Hersteller lasten auf dem Anlagenbauer. Besserung ist nicht in Sicht.

Die Auftragslage bei den Herstellern von LED-Fertigungsmaschinen dürfte daher noch bis gut in die erste Jahreshälfte hinein schwach bleiben, meinen die Analysten von Goldman Sachs. Das Ergebnis: 64,3% Abschlag für den Highflyer der Vorjahre. Besser geschlagen haben sich dagegen die Telekomwerte, die einen Absturz des einstigen Neuen Marktes verhinderten.

DJG/mif/flf

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