Alt 19.06.20, 22:15
Standard Apple-Filialschließungen schüren Angst vor zweiter Welle
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NEW YORK (Dow Jones)--Angst vor einer zweiten Corona-Pandemiewelle hat die US-Börsen am Freitag leichter aus dem Handel gehen lassen. Waren die Aktienkurse anfangs noch von Konjunkturoptimismus nach oben getragen worden, wurde den Anlegern bald wieder bewusst, dass die USA das Coronavirus noch lange nicht im Griff haben. Nachdem die Zahl der Neuinfektionen in einigen US-Bundesstaaten Rekordstände erreicht hat, ohne dass die Behörden deshalb die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wieder verschärft hätten, hat Apple nun ein Zeichen gesetzt. Das Unternehmen schließt temporär einige Filialen in besonders betroffenen Regionen. Dazu passend warnte die Weltgesundheitsorganisation, dass die Pandemie ein neues und gefährliches Stadium erreicht habe.

In Reaktion auf diese Nachrichten drehten die Kurse an der Wall Street ins Minus. Der Dow-Jones-Index fiel um 0,8 Prozent auf 25.871 Punkte. Der S&P-500 verlor 0,6 Prozent. Der Nasdaq-Composite schloss kaum verändert. Dabei wurden 1.071 (Donnerstag: 1.299) Kursgewinner gesehen, denen 1.889 (1.661) -verlierer gegenüberstanden. Unverändert schlossen 80 (84) Titel.

Die Apple-Aktie sank um 0,6 Prozent auf 349,72 Dollar, hatte aber im frühen Handel bei 356,56 Dollar ein Rekordhoch erreicht. Die Nachricht von den Filialschließungen dürfte für viele Anleger ein willkommener Anlass gewesen sein, Gewinne mitzunehmen.

Auch das bevorstehende Wochenende dürfte die Investoren zum Rückzug bewogen haben, zumal sich die Beziehungen zwischen den USA und China wieder verschlechtert haben und hier potenziell Ungemach droht. Und nicht zuletzt trug der große Verfallstag am Freitag zur Volatilität der Börse bei.

Die Agenda der Konjunkturdaten war übersichtlich. Das Defizit in der US-Leistungsbilanz hat sich im ersten Quartal 2020 kaum verändert. Nach vorläufigen Berechnungen betrug das Minus 104,2 Milliarden US-Dollar. Volkswirte hatten mit einem Passivsaldo von 103,0 Milliarden Dollar gerechnet.

Zwischen Hoffnung auf Konjunkturerholung und Sorgen um USA/China

Marktbeobachter wollten die Kursverluste vom Freitag nicht überbewerten. Der Markt reagiere einfach auf jede neue Nachricht zur Corona-Pandemie, meinte Joe Saluzzi von Themis Trading. Seiner Ansicht nach sei der Markt lediglich etwas zu weit nach oben gelaufen, kommentierte er den Rücksetzer. Das andauernde Auf und Ab an den Börsen werde sich fortsetzen, bis endlich "Klarheit über das Virus herrsche". Das könne aber Monate dauern. Saluzzi verwies aber auch auf den Einfluss der US-Notenbank, die am Montag den Kauf von Anleihen auch einzelner Unternehmen angekündigt hatte, um die Wirtschaft bei der Überwindung der Krise zu unterstützen.

Mit Sorge wird unterdessen auf die weiteren Entwicklungen zwischen den USA und China geschaut. US-Präsident Donald Trump drohte mit dem Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen zu China. Eine "vollständige Entkoppelung" von China sei unter gewissen Umständen eine "Politik-Option", schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er widersprach damit seinem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Dieser hatte am Mittwoch bei einer Kongressanhörung gesagt, China halte sich an die Vorgaben eines im Januar besiegelten Teilhandelsabkommens zwischen beiden Ländern. Dies legte auch ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg nahe, wonach China verstärkt US-Agrarprodukte kaufen will, um die Bedingungen des Phase-1-Handelsabkommens zu erfüllen. Das Land ist hier bedingt durch die Corona-Krise im Rückstand.

Ölpreise steigen weiter

Die Ölpreise setzten ihre Aufwärtstendenz fort. Hier stützte weiterhin, dass die Gruppe Opec+ für Mai eine Einhaltungsquote von 87 Prozent an den vereinbarten Förderkürzungen ermittelt hat. Zudem hätten sich der Irak und Kasachstan, die im Vormonat mehr als vereinbart produziert hatten, zu einem Ausgleich bereit erklärt. Auch in den USA wird weniger Öl gefördert: Die Zahl der "aktiven" Förderstellen ist nach Angaben des Branchenausrüsters Baker Hughes in der laufenden Woche erneut gesunken und liegt nun auf dem niedrigsten Stand seit elf Jahren. "Die Nachfrage-Aussichten entwickeln sich zudem weiter positiv", merkte Edward Moya von Oanda an. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI stieg um 2,3 Prozent auf 39,75 Dollar, für Brent ging es um 1,6 Prozent auf 42,19 Dollar nach oben.

Der Euro fiel unter die Marke von 1,12 Dollar und notierte im späten US-Handel bei rund 1,1190 Dollar. Beobachter verwiesen auf die Unsicherheit um das geplante Corona-Hilfspaket der EU. Eine Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag hatte noch keinen Durchbruch gebracht. Die Beratungen sollen Mitte Juli fortgesetzt werden.

Das Pfund blieb unter Druck und rutschte auf rund 1,2350 Dollar. Am Vortag hatten die Aussagen der Bank of England (BoE) die Devise zunächst kurz beflügelt mit einem Anstieg auf knapp 1,2550 Dollar, ehe es abwärts ging. Die Maßnahmen der BoE reichten möglicherweise nicht aus, um die Folgen der Corona-Pandemie und die Gefahr eines No-Deal-Brexit zu kompensieren, meinte Analyst Ricardo Evangelista von Activtrades.

Die "sicheren Häfen" Gold und Anleihen waren gefragt. Der Goldpreis stieg um 1,1 Prozent auf 1.742 Dollar. Die Analysten von Goldman sehen die Feinunze in zwölf Monaten nunmehr auf 2.000 (bisherige Prognose: 1.800) Dollar steigen, gestützt von den niedrigen Zinsen und der Angst vor einer Währungsabwertung. Steigende Notierungen drückten derweil die Rendite zehnjähriger US-Anleihen um 1,2 Basispunkte auf 0,70 Prozent.

Steel Dynamics setzt Gewinnprognose hoch

Mit den neuesten Nachrichten zur Corona-Pandemie waren Pharmawerte gesucht. Der Sektor führte den Markt mit einem Plus von 0,9 Prozent an. Größter Kursgewinner im Dow Jones waren die Aktien der Apothekenkette Walgreens Boots Alliance, die um 5,1 Prozent vorrückten. Johnson & Johnson, Merck & Co und Pfizer gewannen zwischen 0,3 und 1,6 Prozent.

Nachrichten zu einzelnen Unternehmen waren erneut dünn gesät. Die Aktien von Steel Dynamics verbesserten sich um 1,5 Prozent. Der Stahlhersteller hatte seine Gewinnerwartung für das zweite Quartal angehoben auf 40 bis 44 Cent je Aktie, wohingegen die Konsensschätzung zuletzt bei 27 Cent lag. Die Aktien des Konkurrenten Nucor, der nach früheren Angaben ebenfalls besser als gedacht durch die Krise zu kommen scheint, gaben anfängliche Gewinne ab und schlossen rund 2 Prozent im Minus.

Die Microsoft-Aktie verlor 0,6 Prozent. Im Verlauf hatte die Aktie zeitweise jedoch zugelegt und die Marktkapitalisierung des Konzerns erstmals die Marke von 1,5 Billionen Dollar geknackt. Das war bislang nur Apple gelungen.

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June 19, 2020 16:11 ET (20:11 GMT)

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