Alt 27.08.11, 15:29
Standard So tickt die Börse: Steve Jobs & Warren Buffet
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STEVE JOBS ZIEHT SICH ZURÜCK.

9.000% Kursgewinn hat Steve Jobs den Apple-Investoren geschenkt seit er 1997 zurück an die Spitze des von ihm gegründeten Unternehmens kam. Diese Woche hat er aus Gesundheitsgründen sein Amt als CEO von Apple abgegeben. Er wird als Vorsitzender des Verwaltungsrates, der in den USA wesentlich mehr Einfluss auf strategische Entscheidungen nimmt als der entsprechende Aufsichtsrat in Deutschland, dem Unternehmen erhalten bleiben. Doch das Tagesgeschäft wird fortan von Tim Cook, seiner rechten Hand bei der Umsetzung seiner Pläne und Ziele geleitet.

Seit vielen Jahren ist Steve Jobs immer wieder durch Krankheiten ausgefallen, und dieser Schritt kam, wenn auch plötzlich, so doch nicht überraschend. Er verlässt sein Unternehmen wenige Tage nachdem es Exxon als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt überholt hat. Mit einem um die Barreserven bereinigten KGVe 2012 von 6 ist die Aktie so günstig bewertet, dass ein weiterer Kurseinbruch aufgrund seines Abschieds wohl kaum erfolgen kann.

Doch damit ist längst nicht alles gesagt. Steve Jobs hat wie kein anderer die Computerwelt revolutioniert. Mit seinen hohen Ansprüchen blieb sein Unternehmen zeitweilig hinter den vorschnell und überhastet agierenden Wettbewerbern wie Intel und Microsoft zurück. Die wirklich grenzenlosen Möglichkeiten der Computerwelt erschließt man sich heute noch besser mit Windows-Rechnern.

Doch die überwältigende Mehrzahl der Computernutzer sind mit einem kleineren Angebot von Nutzungsmöglichkeiten zufrieden, solange diese zuverlässig funktionieren, leicht zu bedienen sind und vielleicht sogar noch ästhetisch ansprechend präsentiert werden. So gibt das geschlossene System, für das sich Apple frühzeitig entschieden hat, dem Nutzer die Sicherheit, sein Rechengerät im Griff zu haben, seine Möglichkeiten ausnutzen zu können.

Mit diesem Anspruch hat Steve Jobs sodann bestehende Märkte aufgerollt und neue Märkte geschaffen. Der Walkman von Sony war in die Jahre gekommen und unzählige MP3-Player verschiedenster Hersteller eröffneten Möglichkeiten, die von einzelnen geschätzt und genutzt, von der Masse jedoch nicht verstanden wurden. Erst Steve Jobs machte den MP3-Player massentauglich, indem er seinen iPod an iTunes koppelte und die Bedienung stark einschränkte und dadurch vereinfachte, das Design verschönerte (Apple orientierte sich übrigens stets am Design von Braun-Geräten – nicht mehr zeigen als unbedingt notwendig) und dem Gerät ein hippes Image verpasste.

Können Sie sich an diese Aussage erinnern: „Ich will mit meinem Handy einfach nur telefonieren“. Die Kunden waren genervt von den angeblich unbegrenzten Möglichkeiten ihrer Smartphones, die jedoch so kompliziert in der Nutzung waren, dass man am Ende eben einfach nur noch telefonieren wollte mit den Handys. Einige vertreten heute noch diese Ansicht.

Das iPhone hat mit dieser Resignation Schluss gemacht. Auch hier sind wieder die Geräte der Konkurrenz vielfach technisch überlegen, bieten mehr Möglichkeiten an. Doch Steve Jobs hat das iPhone auf das Wesentliche reduziert, ein schickes Design geschaffen und die Anwendungen so stark vereinfacht, dass wirklich jeder die tollsten technischen Spielereien nutzen kann.

Nun, und das Gerät, das die Welt nicht braucht, das iPad, wird schneller gekauft als es im weltweiten Netzwerk Apples produziert werden kann. Wieder hat Steve Jobs jeglichen technischen Schnickschnack aus dem Konzept verbannt und ein leicht zu bedienendes Gerät geschaffen, das keinen Wettbewerb zu fürchten braucht.

Mit dem iPod hat Apple Sony in die Schranken verwiesen. Der Technologiekonzern bastelte jahrelang an MP3-Playern – ohne den Erfolg des Walkman wiederholen zu können.

Mit dem iPhone hat Apple Nokia in die Schranken verwiesen. Die Finnen wurden über Nacht vom Premium- zum Billiggeräteanbieter degradiert.

Und mit dem iPad hat Apple Hewlett Packard in die Schranken verwiesen. Der weltgrößte Computerbauer hat trotz gigantischer Investitionen (Kauf von Palm) das Geschäft mit den Touchpads eingestellt, derzeit werden die letzten Geräte zu einem Viertel des ursprünglichen Preises verramscht.

Obwohl Apple inzwischen das weltweit wertvollste Unternehmen ist, agiert der Konzern noch immer wie ein Start-up. Nicht schneller als die Konkurrenz, aber frei von Altlasten werden neue Märkte angegangen. Für das iPhone wurde nicht wie bei Microsoft und vielen anderen Wettbewerbern ein bestehendes Betriebssystem vergewaltigt, sondern einfach ein neues geschaffen.

Misserfolge und Pannen bleiben auch bei einem so großen Unternehmen nicht aus. Doch Sony, Nokia und Hewlett Packard von ihren Thronen zu stoßen, das macht man nicht mal eben so nebenbei. Steve Jobs hat wie kein anderer Technologieverliebtheit mit Perfektionismus und Ästhetik verknüpft. Man würde sagen: Er ist den Weg zu Ende gegangen, bevor er ein neues Produkt präsentiert hat.

Der US-Chef von SAP Bill McDermott berichtete gestern, dass SAP der größte Abnehmer von iPads ist. Daraufhin rief Steve Jobs persönlich bei Bill McDermott an und erkundigte sich, warum zum Teufel er all diese iPads haben wolle. McDermott erklärte ihm, dass bei SAP ohnehin bereits alles über die Cloud liefe und eine Präsentations-Applikation leicht auf dem iPad zu installieren war. Für seine Mannschaft sei das iPad damit ein ideales Arbeitsgerät.

Heute rufen viele Unternehmenschefs nach einem großen Auftragseingang als erstes die Personalabteilung an um sich ausrechnen zu lassen, welchen Einfluss die Transaktion auf den eigenen Gehaltsbonus hat. Steve Jobs war bis ins letzte Detail an der Sache interessiert.

Nun, Apple ist ein geheimnisumwobener Konzern. Es ist niemals transparent, welchen Einfluss Steve Jobs nun tatsächlich auf die Produktentwicklung genommen hat. Vielleicht kann Apple ja inzwischen auch ohne ihn ganz gut laufen. Für die nächsten ein bis zwei Jahre dürfte in jedem Fall erst einmal gesorgt sein, an diesem Fahrplan wird Jobs akribisch gearbeitet haben.

Doch ob Apple weiterhin neue Märkte erschließen und revolutionieren kann, bleibt abzuwarten.

Steve Jobs wünsche ich alles Gute für seine Gesundheit. Seinen Ruhestand hat er sich trotz seiner erst 56 Jahre redlich verdient. Dennoch hoffe ich natürlich, dass er von der Möglichkeit der Einflussnahme auf die künftige Strategie Apples als Verwaltungsratschef (Chairman) von Apple aus gesundheitlicher Sicht Gebrauch machen kann und aus Anlegersicht Gebrauch machen wird.

WARREN BUFFET INVESTIERT 5 MRD. USD IN BANK OF AMERICA

Ein Analyst hat ausgerechnet, dass die Bank of America ungefähr 100 Mrd. USD unter ihrem Buchwert notiert. Selbst wenn nun noch Schadensersatzforderungen von geschädigten Immobilienderivate-Investoren in Höhe von 100 Mrd. USD auftauchten und bezahlt werden müssten, wäre das Unternehmen mit dem aktuellen Kursniveau fair bewertet.

Ein solcher Betrag steht aber nicht mehr im Raum. Die letzten, exorbitant hohen Schadensersatzleistungen wurden an private Gläubiger im Juni überwiesen. Es waren 8,5 Mrd. USD. Nun wird die Bank of America von der US-Justiz verklagt, man fürchtet Schadensleistungen „in Milliardenhöhe“ – keine Rede von zig Milliarden, geschweige denn von 100 Milliarden.

Warren Buffet bezeichnet sich als schlecht beim Timing. Den Boden könne er nicht erkennen, selbst wenn man ihn darauf hinwiese. Vielmehr hat Buffet kalkuliert, dass die Bank of America (BofA) derzeit durch die Krise übertrieben in den Keller geprügelt wurde. Gleichzeitig könnte die neue Schadensersatzklage der US-Justiz das Unternehmen dazu zwingen, eine Kapitalerhöhung oder ähnliches durchzuführen. Da griff er nach eigener Aussage zum Telefonhörer und rief Bill Moynihan, CEO der BofA an und fragte, ob er 5 Mrd. USD investieren dürfe.

Wie schon bei Goldman Sachs vor drei Jahren ist das Kalkül von Buffet einfach: Die Bank of America als größte US-Bank wird nicht verschwinden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Aktienkurs wieder näher an den inneren Wert heran läuft, und das ist für ihn dann schon ein ordentlicher Gewinn.

Es waren jedoch alle Bankaktien in Folge dieser Meldung in die Höhe geschossen. Die Aktion von Warren Buffet geht also noch viel weiter als nur zur BofA. Sie erinnert daran, dass die Börsen tatsächlich nicht immer den „richtigen“ Kurs für eine Aktie ermitteln. Und derzeit sind die Kurse für Bankaktien zu niedrig. Insbesondere die Bank of America, aber auch die Citigroup, Wells Fargo und andere US-Banken.

Auch der europäische Bankensektor wurde von der Euphorie ergriffen, die Commerzbank und die Deutsche Bank waren gestern Tagessieger im DAX. Doch ob das grüne Licht, das Buffet für die BofA anzündete, auch für den europäischen Bankensektor gilt, bleibt abzuwarten.

Heute sind die europäischen Banken wieder am unteren Ende der Listen. Ihre Beteiligung an der Rettung Griechenlands wird die Bilanzen schädigen. Und mangels brauchbarem Stresstest in Europa, ich berichtete darüber, sind die europäischen Banken damit sofort wieder Gegenstand von Gerüchten über eine fehlende Kapitaldecke, über Kapitalbedarf und ähnliches. Wo ist der Warren Buffet Europas?

Den gestrigen „überraschenden“ Kursrutsch im DAX führe ich übrigens auf das Verbot von Leerverkäufen zurück.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (25.08.2011)

Dow Jones: 11.150 | 1,5%
DAX: 5.584 | -0,3%
Nikkei: 8.780 | 0,7%
Euro/US-Dollar: 1,443 | 0,9%
Euro/Yen: 111,352 | 2,0%
10-Jahres-US-Anleihe: 2,22% | 0,1
Umlaufrendite Dt: 1,91% | 0,0
Feinunze Gold USD: $1.770,35 | -4,9%
Fass Crude Öl USD: $84,98 | 6,5%
Kupfer in US$/to: 8.907 | 1,7%
Baltic Dry Shipping: 1.582 | 11,9%


Einmal mehr hebt sich der DAX vom Dow Jones negativ ab. Während der DAX knapp im Minus endet, konnte der Dow Jones erstmals seit fünf Wochen leicht zulegen. Ich habe das Gefühl, die gesamte Börsenkrise spitzt sich immer mehr auf Deutschland zu. Gleichzeitig sehe ich in den deutschen Medien immer wieder den Fingerzeig in die USA als Ursache unserer schlechten Börsenkurse. Hmmm, irgendwas stimmt da nicht...

Der Goldpreis ist diese Woche endlich eingebrochen. Nach einem parabolischen Anstieg brach der Kurs Mitte der Woche ein. Von 1.900 auf 1.700 USD/Oz war der Preis vorübergehend gefallen, also 10,5%. Das ist genug um die Goldrallye bis auf weiteres zu beenden. Wer also eine spekulative Goldposition hat, der sollte nun ans Sichern der Gewinne denken.

Wer hingegen Goldbarren und Münzen als mittel- und langfristige Versicherung gegen politische Willkür und finanzielle Misswirtschaft im Safe hat, der sollte diese Versicherung weiterhin behalten.

Schauen wir einmal, was die Stimmungsindikatoren zeigen:

SENTIMENTDATEN

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
05.08.- 12.08. (624): 59% / 8%
12.08.- 19.08. (523): 56% / 9%
19.08.- 26.08. (399): 54% / 10%

Kaufempfehlungen der Analysten
VTG, Daimler, Dt. Telekom

Verkaufempfehlungen der Analysten
Air Berlin, RWE, Roth + Rau

Privatanleger
32. KW: 53% Bullen (263 Stimmen)
33. KW: 67% Bullen (211 Stimmen)
34. KW: 66% Bullen (184 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
BNP Paribas, AlcatelLucent, Société Générale

Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Praktiker



Anleger und Analysten bleiben verhältnismäßig optimistisch. Die niedrigen Kurse werden also vorwiegend als Kaufgelegenheit betrachtet.

Ich sehe das ähnlich, allerdings würde ich völlig andere Titel auswählen als die Privatanleger. Auch halte ich es noch für zu früh, um schon auf einen Boden zu spekulieren.

Der Goldpreiseinbruch ist ein wichtiger Punkt, aber eben nur einer von vielen. Auch das Investment von Warren Buffet ist richtungsweisend, aber auch ein Buffet kann alleine die Weltwirtschaft und die Weltbörsen nicht drehen.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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