Alt 05.06.19, 22:11
Standard Zinsspekulationen treiben Wall Street weiter an
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NEW YORK (Dow Jones)--Die Spekulationen um eine mögliche Zinssenkung in den USA haben zur Wochenmitte für weitere Gewinne an der Wall Street gesorgt. Nach der Rally am Vortag allerdings mit etwas gebremstem Tempo. Am Dienstag hatten die Kurse der "Blue Chips" den besten Tag seit rund fünf Monaten verzeichnet, weil Aussagen aus dem Kreise der US-Notenbank, allen voran von Fed-Chairman Jerome Powell, als Beleg für anstehende Zinssenkungen interpretiert wurden. Eine Zinssenkung bereits im Juli wird aktuell mit einer Wahrscheinlichkeit von über 70 Prozent eingepreist.

"Die Märkte sind zwar positiv überrascht von der Unterstützung durch die US-Notenbank, doch mit der Karte Seltene Erden, die China auszuspielen droht, könnte der Handelskonflikt erst einmal noch an Schärfe gewinnen, bevor es zu einer Entspannung kommt", sagte Jasper Lawler, Head of Research bei London Capital Group. Positiv für die Börsen wird dagegen gesehen, dass die innenpolitischen Widerstände gegen die jüngste Zollinitiative von US-Präsident Donald Trump gegen Mexiko im Kongress wachsen.

Kaum Auswirkungen hatte das "Beige Book" der US-Notenbank. Die zwölf regionalen Zentralbanken meldeten für April und Mai beim Wachstum "eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorquartal". Der Bericht legt nahe, dass die Handelsspannungen den USA mit China bisher noch keine wesentlichen Auswirkungen auf die US-Hersteller gehabt haben, obwohl viele ihre Sorgen über die Zukunft zum Ausdruck brachten.

Der Dow-Jones-Index legte um weitere 0,8 Prozent auf 25.540 Punkte zu und schloss damit nur knapp unter seinem Tageshoch. Der S&P-500 erhöhte sich um 0,8 Prozent und der Nasdaq-Composite schloss mit einem Plus von 0,6 Prozent. Den insgesamt 1.515 (Dienstag: 2.437) Kursgewinnern standen an der Nyse 1.460 (554) -verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 63 (55) Titel.

Zinssenkungen lösen Probleme nicht

Allerdings gab es auch kritische Stimmen, die in sinkenden Zinsen kein Allheilmittel sehen. Die Rally könnte daher von kurzer Dauer sein, weil niedrigere Zinsen das eigentliche Problem der protektionistischen Wirtschaftspolitik von US-Präsident Trump mit den einhergehenden Wachstumsbremsen nicht lösten. So hat die Weltbank die globale Wachstumsprognose für 2019 am Vortag gesenkt. Derweil zeigt der Handelskonflikt in China immer deutlichere Spuren, denn auch bei den Dienstleistern hat sich die Geschäftsaktivität im Mai verlangsamt.

Die US-Konjunkturdaten zeigten kein einheitliches Bild. Mit 27.000 Stellen sind im Mai laut ADP-Bericht in den USA überraschend wenige Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Prognose lag bei plus 173.000. Aus Marktsicht stellt sich nun die Frage, ob es sich um einen einmaligen Ausrutscher nach unten handelt oder die Zahlen Probleme am bislang boomenden US-Arbeitsmarkt indizieren. Nun werde auf die offiziellen US-Arbeitsmarktdaten für Mai am Freitag gewartet. Volkswirte rechnen mit einem Zuwachs von 180.000 Jobs, nach einem Plus von 263.000 Stellen im April.

Das Wachstum in der US-Dienstleistungsbranche hat sich im Mai dagegen beschleunigt. Der vom Institute for Supply Management (ISM) berechnete Einkaufsmanagerindex des nicht-verarbeitenden Gewerbes erhöhte sich auf 56,9 (Vormonat: 55,5). Ökonomen hatten einen Rückgang auf 55,0 erwartet.

Ölpreise brechen nach US-Lagerdaten ein

Ein unerwarteter Anstieg der wöchentlichen US-Öllagerdaten schickte die Ölpreise auf den tiefsten Stand seit Januar. Diese stiegen nach Angaben der staatlichen Energy Information Administration (EIA) gegenüber der Vorwoche um 6,771 Millionen Barrel. Analysten hatten dagegen einen Rückgang um 1,3 Millionen Barrel vorhergesagt. "Die Lagerbestände sind nun auf dem höchsten Niveau seit Juli 2017 und haben sich seit Mitte März um rund 44 Millionen Barrel erhöht", merkte Analyst Matt Smith von ClipperData an. Damit erhielten die Nachfrage-Sorgen, die den Ölmarkt zuletzt belastet hatten, neue Nahrung.

Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI fiel zum US-Settlement um 3,4 Prozent auf 51,68 Dollar, für Brent ging es um 2,3 Prozent auf 60,52 Dollar nach unten. Der US-Ölpreis ist damit in den "Bären-Markt" abgerutscht, seit dem Hoch am 23. April hat WTI rund 22 Prozent eingebüßt.

Die Diskussion um sinkende Zinsen trieb den Goldpreis zwischenzeitlich in die Nähe seines Jahreshochs. Im weiteren Verlauf gab er jedoch einen Teil der Gewinne wieder ab. Die Feinunze verteuert sich zum US-Settlement, gestützt von den schwachen ADP-Arbeitsmarktdaten, um 0,4 Prozent auf 1.334 Dollar - der höchste Stand seit über drei Monaten.

Der eingetrübte Wirtschaftsausblick und die Warnsignale vom Arbeitsmarkt stützten die Notierungen am Anleihemarkt leicht, die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen fiel um 1,7 Basispunkte auf 2,12 Prozent. Die inverse Zinsstrukturkuve deutet weiter auf eine nahende Rezession hin.

Nach den schwachen ADP-Daten geriet der Dollar kurzfristig unter Druck, der Euro kletterte in der Spitze auf 1,1307 Dollar und damit auf ein Siebenwochenhoch. Im späten US-Handel notierte der Euro dann bei 1,1224 Dollar und damit nur knapp über seinem Tagestief. Die Daten verstärkten die ohnehin bestehenden US-Wachstumsängste und stärkten zugleich die Zinssenkungsfantasie, hieß es.

Energie-Sektor von fallenden Ölpreisen belastet

Der Rückgang bei den Ölpreisen drückte auch auf die Energiewerte, der Sektor war im S&P-500 mit einem Minus von 1,1 Prozent größter Verlierer. Für die Aktien von Exxon Mobil ging es um 0,8 Prozent nach unten, Chevron legten nach zwischenzeitlichen Verlusten schließlich um 0,3 Prozent zu.

Dagegen stiegen Apple um 1,6 Prozent. CEO Tim Cook sieht möglichen Kartellrechtsprüfungen in den USA gelassen entgegen und verneinte Monopolbildungen auf bestimmten Geschäftsfeldern.

Unitedhealth will die Quartalsdividende um 20 Prozent anheben, der Kurs des Versicherungskonzerns legte um 0,8 Prozent zu. Mit einem Aufschlag von 5,1 Prozent reagierte die Salesforce-Aktie auf eine angehobene Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr. Im ersten Geschäftsquartal verdiente der Software-Konzern auf bereinigter Basis deutlich mehr als erwartet.

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June 05, 2019 16:18 ET (20:18 GMT)

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