Alt 12.08.11, 15:25
Standard USA verliert „AAA-Rating“ bei Standard & Poor’s
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„Langzeit-Rating der Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund politischer Risiken, sowie steigender Schuldenlast auf ‚AA+’ gesenkt“, heißt es in der Überschrift des Research Update der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) vom vergangenen Freitag. S&P ist somit die erste der drei großen Ratingagenturen die Nägel mit Köpfen machte und die Bonität der USA nach dem – aus ihrer Sicht unzulänglichen – Schuldenkompromiss herab setzte (siehe auch Bondsweekly-Spezial). Die Stimmung an den Börsen weltweit war in dieser Woche entsprechend aufgeheizt. Der DAX hat innerhalb von 10 Tagen 1.700 Punkte verloren und in dieser Woche sein Tief unter 5.500 Punkten markiert. Der Bund-Future wiederum schickte sich an seine alten Rekordstände von August des vergangenen Jahres zu knacken, und konnte bis auf 134,54 Punkte ansteigen. Selbst mit einer kleinen DAX-Erholung notiert das Anleihenbarometer zum Wochenausklang stabil bei 133,75 Punkten.

Im Weißen Haus zeigte man sich ob der Herabstufung empört: „Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika, und egal, was einige Agenturen sagen: Wir waren immer ein AAA-Land und wir werden es immer bleiben“, so Barack Obama. Falls der US-Präsident damit meint, dass sich die Refinanzierung durch das Downgrade nicht verteuern wird, so könnte er am Ende vielleicht sogar recht behalten. Zumindest zu Beginn der Woche konnten US-Bonds noch einmal deutlich zulegen. Die Begründung hierfür ist relativ simpel: Der Gesamtmarkt für US-Staatsanleihen umfasst nach Schätzungen gut 35 Billionen US-Dollar und ist somit der mit Abstand liquideste Rentenmarkt der Welt. Anlegern fehlt oft schlicht und ergreifend eine adäquate Alternative.

Auch die EZB reagierte prompt auf die Herabstufung der USA und ging dazu über spanische und italienische Staatsanleihen zu kaufen. Mit diesem Schritt wollen die Notenbanker weiteren Druck aus dem europäischen Schuldenkessel ablassen und die Märkte beruhigen. „Wir haben beobachtet, dass unsere Entscheidungen in der Euro-Zone nicht angekommen sind. Deshalb haben wir entschieden, von unseren Regeln in der Geldpolitik abzuweichen”, verteidigt EZB-Chef Trichet im ZDF die Maßnahmen, „wenn die Märkte in Aufruhr sind, erreichen unsere geldpolitischen Maßnahmen, unsere Zinsentscheidungen, nicht mehr alle Volkswirtschaften. Dann können wir aus geldpolitischen Gründen auch außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel die, Sicherheiten aufzukaufen.” Das Vorgehen der EZB mag ohne Zweifel nobel sein, doch was Trichet mit „außergewöhnlichen Maßnahmen“ meint, heißt nichts anderes, als dass im Zuge dieser Maßnahmen bestehendes (EU-) Recht ein wenig gedehnt wird. Was interessiert heute noch das Geschwätz das man vor fast 20 Jahren im Vertrag von Maastricht niedergeschrieben hat. Was soll’s, dass Art. 21, Abs.1 explizit und unzweideutig jegliche Kreditvergabe, sowie den „unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln“ von öffentlichen Haushalten (Staaten) durch die EZB untersagt. Hinsichtlich der Unabhängigkeit der EZB und ihrer Mitglieder (nach Art.7 ist bereits eine versuchte Einflussnahme nicht erlaubt), will man im Spätsommer 2011 auch nicht mehr päpstlicher als der Papst sein. Doch bei aller (teilweise sicherlich berechtigter) Kritik am Vorgehen der EZB, was ist die Alternative? Weder die Politik, noch die schärfsten Kritiker aus der Wissenschaft konnten bislang einen Gegenentwurf präsentieren, der von den Märkten akzeptiert wurde. Zudem muss man den Stützungskäufen zu Gute halten, dass diese die Märkte kurzfristig wirklich beruhigen konnten.

Die mit Spannung erwartete FED-Sitzung am Dienstagabend brachte keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Die US-Notenbank wird am bisher gültigen Leitzins von 0,0 – 0,5 Prozent festhalten und ein Quantitative Easing III wird vorerst auch nicht kommen. Einzig die Ankündigung Ben Bernankes, wonach der Leitzins mindestens bis Mitte 2013 auf dem historisch niedrigen Niveau belassen werde, sorgte für spürbare Entspannung am US-Aktienmarkt.

Bondm-News

Entsprechend der vorherrschenden Marktlage konnten sich auch Bondm-Anleihen dem allgemeinen Abwärtstrend nicht entziehen. Folglich hatten die Mittelstands-Unternehmensanleihen durch die Bank mit teilweise erheblichen Kurseinbußen zu kämpfen. Der Anstieg der Risikoaufschläge war dabei von Branche zu Branche unterschiedlich.

Insbesondere Anleihen aus dem Solarbereich wie Payom, Centrolsolar oder auch eine 3W Power Solutions waren von den Kursausschlägen stark betroffen.

Gegen Mitte der Woche drehte der Wind jedoch wieder, was bspw. bei einer 3W Power Solutions zu einer signifikanten Kurserholung führte. Möglicherweise unterstützte die Veröffentlichung der äußerst guten Q2/11 bzw. Halbjahreszahlen diese Stabilisierung.

Windreich 2011(16) (-0,91%), German Pellets (-1,79%) und KTG (-2,04%) haben die Turbulenzen der vergangenen Woche mit moderaten Abschlägen überstanden.

Starke Kurseinbußen verzeichneten Payom Solar (-8,72%), Centrosolar (-8,46%) und Air Berlin 2011(18) (-5,71%).



Börse Stuttgart TV

Es war – wenngleich nicht gänzlich unerwartet – ein Schock für die Märkte: Die Ratingagentur S&P stuft die Bonität der USA herab! Der Imageschaden für die USA ist enorm! Doch was machen die US-Bonds? Sie steigen! Und der Bund-Future fällt. Es sind verrückte Tage an den Börsen. Dietmar Zantke, Geschäftsführer von Zantke Asset Management analysiert bei Börse Stuttgart TV die Lage an den Rentenmärkten.


Neues Anleihenformat im deutschen Anlegerfernsehen

Die EZB kauft massiv spanische und italienische Anleihen, die Renditeaufschläge gehen etwas zurück. Aber nicht alle Marktexperten sehen dies unkritisch. Die „EZB entwickelt sich zur Bad Bank“, so der Finanzexperte Michael Bloss. Und auch Frankreich gerät ins Visier der Ratingagenturen und sorgt für Gesprächsstoff. Wie schätzt der Experte die Situation ein und was muss passieren, damit die Finanzmärkte wieder in ruhigere Gewässer zurückkehren können? Antworten in der aktuellen Ausgabe des DAF-Anleihenforums.


Bondsweekly-Spezial: Die Folgen des „US-Downgrades“

Das (fast) Undenkbare ist doch noch eingetroffen: Standard & Poor’s (S&P) hat vergangenen Freitag die USA aus dem Club der Staaten mit bester Bonität verstoßen. Die beinahe schon sakrosankte Kreditwürdigkeit von „AAA“ für die USA, wurde von S&P auf „AA+“ revidiert. Das Echo an den Börsen weltweit ließ nicht lange auf sich warten: Egal ob in Asien, den USA oder auch Europa – die Märkte und die Anleger sind hochgradig nervös und verunsichert. In der Presse verschafft sich eine Weltuntergangsstimmung Luft, die mittlerweile selbst den deutschen Boulevard erreicht hat. Der Blick auf die Börsen gibt der Stimmung Recht. Selbst langjährige Börsenhändler finden kaum Vergleiche für ähnliche Börsenstürze (die etwas älteren auf dem Parkett ziehen bereits Vergleiche zum Börsencrash 1987), unter Wirtschaftsexperten ist immer häufiger die Rede von einer erneuten Wirtschaft-, Schulden- und/oder Finanzkrise. Allerdings ist Panik meist kein besonders guter Ratgeber.

Im Zuge des Schuldenstreits hat die USA im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kredit bei S&P verspielt. Es ist nicht einmal primär die ausufernde Schuldenlast von derzeit 14,3 Billionen Dollar (die in den kommenden Monaten sogar noch ansteigen wird) die S&P sauer aufstößt. Die Ratingagentur führt die Herabstufung primär auf einen massiven Vertrauensverlust in die US-Innenpolitik zurück: „Die Herabstufung spiegelt unsere Sicht wider, wonach die Effektivität, Stabilität und Verlässlichkeit der politischen Entscheidungsfindung, sowie der politischen Institutionen im Allgemeinen, angesichts der bestehenden fiskalpolitischen und ökonomischen Herausforderungen deutlich gelitten habe […]“ (S&P Research Update vom 05.08.2011). Das sitzt: S&P wirft der US-Regierung schlichte Unfähigkeit vor, die bestehenden Probleme lösen zu können!

Haben wir es am Ende in erster Linie mit einer Vertrauenskrise in die Politik zu tun? Egal ob diesseits oder jenseits des Atlantiks wird der Unmut über die politischen Entscheidungen lauter. Während in den USA die Zerstrittenheit der Republikaner und Demokraten die „Effektivität und Verlässlichkeit“ der Politik konterkarieren, hat man sich in Europa mittlerweile schon fast daran gewöhnt, dass bestehende (EU-) Verträge und bestehendes (EU-) Recht aufgeweicht und/oder de facto (sanktionslos) gebrochen werden.

Die ökonomischen Auswirkungen der Herabstufung der USA durch S&P halten sich – nüchtern betrachtet – in Grenzen. Was ist schon passiert möchte man sagen? Solange die beiden anderen Ratingagenturen Moody’s und Fitch stillhalten und die USA weiterhin unter „AAA“ führen, können die meisten institutionellen Anleger weiterhin in US-Anleihen investieren (vielen fehlt auch schlicht die Alternative, da der US-Bond-Markt der mit Abstand größte und liquideste ist). Ein schwerwiegender Abverkauf findet nicht statt und wird aller Voraussicht nach nicht stattfinden. Im Gegenteil: Seit der Herabstufung sind US-Staatsanleihen nochmals gestiegen, d.h. US-Bonds werden (vorerst) weiterhin als sichere Anlage vom Markt akzeptiert. Selbst ein möglicher Renditeaufschlag, bedingt durch die Herabstufung, würden die USA laut Expertenschätzungen im schlimmsten Fall gut 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten – ärgerlich, aber bei einer Gesamt-Staatsschuld von über 14 Billionen US-Dollar nicht mehr ein ausschlaggebender Faktor für eine erneutes abdriften in die Rezession. Es ist ja auch nicht so, dass „AA+“ schlecht wäre: Es ist zwar keine Eins mit Sternchen mehr, aber immer noch eine Bonität allererster Güte. Auch aus rein empirischer Sicht ist es zweifelhaft, ob sich diese Herabstufung überhaupt an den US-Rentenmärkten bemerkbar machen wird. Als Japan im Juni 2000 auf „AA+“ herabgestuft wurde, sanken – wie jüngst bei US-Bonds – die Renditen sogar.

Aber wie kommen die Nervosität und die teilweise panikartigen Züge an die Börsen? Die Frage wird sich endgültig wohl erst aus der Retrospektive beantworten lassen. Doch fest steht bereits heute, dass sich die Märkte erst wieder beruhigen werden, „wenn ein glaubwürdiges und belastbares Sanierungskonzept vorliegt“, wie Wirtschaftsprofessor Klaus Zimmermann in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt konstatiert. Was der Wirtschaftsprofessor für die USA konstatiert, lässt sich mühelos auf Europa adaptieren. Hier schließt sich denn auch der Kreis: Die Marktteilnehmer trauen genau das den politischen Akteuren, den politischen, sowie finanzpolitischen Institutionen in Europa und den USA nicht mehr zu!

Quelle: boerse-stuttgart AG
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Bonds weekly die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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