Beitrag gelesen: 1841 x |
||
FRANKFURT (Dow Jones) - Der deutsche Aktienmarkt hat am Mittwoch auf die Nachricht vom deutschen Alleingang bei ungedeckten Leerverkäufen mit deutlichen Abschlägen reagiert. "Die Investoren reagieren verschreckt darauf, wenn die Spielregeln über Nacht geändert werden", sagt ein Marktteilnehmer. "Das politische Signal ist verheerend, weil es zeigt, dass es keine Koordination in der Euro-Zone gibt", sagte ein weiterer Händler. Der DAX verlor 2,7% bzw 167 Punkte auf 5.989.
Umgesetzt wurden in DAX-Titeln auf Xetra rund 184,8 (Vortag: 121,7) Mio Aktien im Wert von rund 5,14 (Vortag: 3,42) Mrd EUR. Was war passiert? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bis zum 31. März 2011 ungedeckte Leerverkäufe in Aktien der zehn führenden deutschen Finanzinstitute, in Schuldtiteln von Staaten der Eurozone sowie bestimmten Credit Default Swaps (CDS) untersagt. Von dem Verbot betroffen sind Aktien der Aareal Bank, Allianz, Commerzbank, Deutschen Bank, Deutschen Börse, Deutschen Postbank, Generali Deutschland, Hannover Rückversicherung, MLP und Munich Re. Der Euro geriet nach Bekanntgabe des deutschen Leerverkaufsverbots zunächst unter erheblichen Abgabedruck. Im asiatischen Geschäft fiel die Einheitswährung mit 1,2143 USD auf ein Vierjahrestief. Die neuen Regulierungen führten dazu, dass Anleger ihre Euro-Vermögenswerte weiter zurückfahren, lautete die Begründung. Am Nachmittag kletterte der Euro dann wieder über die Marke von 1,23 USD, im Handel wurde über die Möglichkeit eine Intervention spekuliert. "Geradezu lächerlich mutet das Verbot von CDS-Leerverkaufsgeschäften an", sagte ein Händler. 90% des Handels fänden in den USA und in London statt. Die Verbote seien auch insofern problematisch, weil sie als Signal gesehen werden könnten, dass weitere Turbulenzen drohten. Schließlich seien nicht nur Bankenaktien, sondern auch Staatsanleihen von dem Verbot betroffen. "Die Politik lenkt von den wirtschaftlichen Problemen ab", sagte ein weiterer Händler. Deutsche Finanzaktien entwickelten sich schwach, hielten sich allerdings besser als in Resteuropa, wo der Sektor 3,5% verlor. Händler meinten, das Verbot ungedeckter Leerverkäufe könnte "ganz kurzfristig" zu einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung der betroffenen Titel führen. "Der Effekt wird aber schnell verpuffen", so der Händler. Allianz verloren 3,2% auf 82,04 EUR, Deutsche Bank 2,9% auf 48,40 und Deutsche Postbank schlossen kaum verändert bei 24,97 EUR. Commerzbank gaben um 1,7% auf 5,93 EUR nach. Die Bank mit dem Staat als Großaktionär liebäugelt mit einer früheren Rückzahlung der SoFFin-Hilfe. Eine Kapitalerhöhung, die sich die Bank bei ihrer am Berichtstag stattfindenden Hauptversammlung genehmigen lassen will, ermögliche eine eventuell vorzeitige und vollständige Rückzahlung der SoFFin-Hilfe. Analyst Martin Peter von der LBBW geht davon aus, dass die eingeführten Einschränkungen bei ungedeckten Leerverkäufen von Finanztiteln und Staatsanleihen in Deutschland sich kaum auf das Geschäft der Deutschen Börse auswirken werden. Die entsprechenden Handelsumsätze auf den Plattformen des Börsenbetreibers seien vernachlässigbar. Die Aktien der Deutschen Börse verloren dennoch 3,7% auf 53,18 EUR. Im Fokus standen zudem Unternehmen mit Analysten-Umstufungen. So nahmen HSBC und Bank of America-Merrill Lynch die Aktie von BMW herunter. Die Aktien verloren 6,7% bzw 2,65 EUR auf 37,00 EUR. Darin enthalten ist auch eine Dividendenausschüttung von 0,30 EUR. Die Strafe der EU-Kommission wegen unzulässiger Preisabsprachen wird sich nach Aussage von Infineon nicht auf das Ergebnis 2010 auswirken. "Wir haben Rückstellungen für eine mögliche Strafe gebildet und während der Untersuchung mit der EU kooperiert", sagte ein Sprecher des DAX-Konzerns am Mittwoch mit Blick auf die verhängte Strafzahlung von 56,7 Mio EUR. Die Aktie schloss trotzdem 6,4% tiefer bei 4,73 EUR. Vergleichsweise gut hielten sich SAP; die Aktie verlor 0,7% auf 35,14 EUR. Händler meinten, die Entwicklung um "Business ByDesign" stütze das Sentiment. Wie ein SAP-Sprecher in Frankfurt sagte, soll die Mietsoftwarelösung pro Monat und Anwender 133 bzw 149 USD kosten. Im Juli 2010 soll das Volumengeschäft starten - deutlich später als ursprünglich einmal geplant. Nach dem Leerverkaufsverbot rückt laut Händlern nun die Diskussion um eine mögliche Transaktionssteuer in den Blick. "Sollte auch sie im deutschen Alleingang kommen, können hier einige schließen", so ein Händler. Negativ wäre sie unter anderem für Wertpapierhandelshäuser und Direktbanken. Die im SDAX gelistete comdirect gab um 2,9% auf 7,30 EUR nach. DJG/thl/reh Copyright (c) 2010 Dow Jones & Company, Inc. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|