Alt 05.06.13, 11:41
Standard Abes dritter Pfeil trifft Finanzmarkt in den Rücken
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Größer hätte die Enttäuschung kaum ausfallen können. Der japanische Ministerpräsident Abe hat mit der Vorstellung seines Strategiepapiers den hoffnungsvollen Erwartungen der japanischen Finanzmärkte einen starken Dämpfer verliehen. Der japanische Aktienmarkt ist daraufhin am Mittwoch einmal mehr eingebrochen. Diesmal rutschte der Nikkei-Index um über 500 Punkte bzw. 3,8 Prozent ab auf 13.015 Zähler, nachdem es bereits in den vergangenen beiden Wochen immer wieder zu massiven Tagesverlusten gekommen war.

Im Tageshoch hatte der Index schon bei 13.711 Punkten gelegen, ehe die Ausführungen Abes zur Wachstumsstrategie, genannt "Der dritte Pfeil", für einen kompletten Stimmungswandel sorgten. Von seinem Jahreshoch am 23. Mai hat sich der Nikkei-Index damit bereits um über 18 Prozent nach unten bewegt. In Japan droht damit ein Bärenmarkt. Gemeinhin wird ein Kursrückgang von mindestens 20 Prozent in einem Zeitraum von mindestens zwei Monaten als der Eintritt in einen Bärenmarkt definiert. Seit Jahresbeginn steht aber immer noch ein Plus von 25 Prozent zu Buche.

"Nach einem solchen Einbruch dürfte es drei oder sechs Monate dauern, bis sich der Aktienmarkt wieder erholt", meinte Adam Fisher, Investmentexperte von Commonwealth Opportunity Capital in Los Angeles.

Am Devisenmarkt rutschte der Dollar wieder deutlich unter die 100-Yen-Marke ab. Beobachter erklärten dies mit der Flucht vieler Anleger in den ungeachtet der Probleme Japans weiter als sicherer Hafen geltenden Yen. Auch japanische Anleihen wurden gekauft. Die Erwartungen an Abe seien einfach zu hoch gewesen, meinte ein Anleihehändler. Die Rendite der zehnjährigen Staatstitel sank um 2,5 Basispunkte auf 0,85 Prozent.

"Ein paar neue Aspekte gibt es, insgesamt hat er die Erwartungen aber enttäuscht", sagte Volkswirt Dai Sato von der Mizuho Corporate Bank zur Rede Abes. Zu Beginn der Rede hatte der Dollar noch bei 100,47 Yen gelegen, gestützt von spekulativen Käufen. Das Aufwärtsmomentum brach dann aber abrupt ab parallel zu deutlich zurückfallenden Kursen an der Tokioter Börse.

Für Enttäuschung habe unter anderem gesorgt, dass der Ministerpräsident nichts zur Wiederinbetriebnahme der still liegenden japanischen Kernreaktoren gesagt habe, so ein Marktteilnehmer. "Da gibt es eindeutig Enttäuschungen in der Rede. Die Details fehlen. Außerdem hat er von sehr langen Zeiträumen gesprochen, erhofft hatte man sich aber eine kurzfristigere Fokussierung, zumal wenn man gesehen hat, was sich in nur einem halben Jahr am Aktienmarkt getan hat", kommentierte Marktstratege Daisuke Uno von Sumitomo Mitsui Banking.

"In der Rede wimmelte es von bedeutungslosen Zahlen", kritisierte Volkswirt Masamichi Adachi von J.P.Morgan Securities Japan. "Ich weiß nicht, wie sie die erreichen wollen". Beispielhaft verwies er auf die angestrebte Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens um 1,5 Millionen Yen in 10 Jahren und die Verdopplung der ausländischen Direktinvestitionen bis 2020. "Abe muss nach den Oberhauswahlen im Juli konkrete Maßnahmen vorstellen, wie er diese Ziele erreichen will", so Adachi weiter.

Bei den Einzelwerten standen die schwer gewichteten Fast Retailing stark unter Druck und verloren 9,5 Prozent, nachdem der Einzelhändler ein flächenbereinigtes Umsatzminus in seinen Uniqlo-Läden von über 10 Prozent berichtet hat. Höhere Verluste verzeichneten auch exportsensitive Aktien wie Mitsubishi Motors, Sony und Tokyo Electron. Im Finanzsektor gaben Nomura Holdings um 7,6 Prozent nach.

Auch an den anderen Börsen der Region ging es zum Teil deutlich abwärts, wenn auch längst nicht so stark wie in Tokio. Übergeordnet wurde zur Begründung auf die negativen Vorgaben der US-Börsen verwiesen und die anhaltenden Sorgen vor einer möglichen Drosselung der noch extrem expansiven Geldpolitik der US-Notenbank.

Dass dies in den USA weiter thematisiert werde im Vorfeld des Treffens der EZB, verunsichere und sorge für Nervosität, sagte ein Analyst von Woori Investment & Securities. Für Zurückhaltung habe außerdem gesorgt, dass im späteren Tagesverlauf noch der Konjunkturbericht "Beige Book" der US-Notenbank auf der Agenda stehe, der Signale für die weitere geldpolitische Ausrichtung liefern könne.

Die Spekulationen über das weitere Vorgehen der US-Notenbank dürften den Markt noch lange begleiten und immer wieder die Tagestrends bestimmen, glaubt Analyst Matthew Sherwood von Perpetual. Insbesondere den US-Arbeitsmarktdaten am Freitag sehen die Akteure gespannt entgegen, da die Fed ihre geldpolitische Ausrichtung stark mit der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt verknüpft hat.

Hinzu kamen als Belastungsfaktoren unter den Erwartungen gebliebene BIP-Wachstumszahlen aus Australien sowie wenig inspirierende chinesische Konjunkturzahlen. Der von HSBC ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor ist mit 51,2 im Mai zwar etwas höher ausgefallen als im Vormonat und liegt außerdem weiter im expansiven Bereich. HSBC-Volkswirt Hongbin Qu sprach aber gleichwohl von weiter bestehenden Abwärtsrisiken im zweiten Quartal, nachdem die entsprechenden Daten für das verarbeitende Gewerbe zuletzt eher enttäuscht hatten.

Der A&P/ASX 200 verlor 1,3 Prozent, in Schanghai und Hongkong ging es um jeweils rund 1,5 Prozent abwärts. Der australische Dollar gab nach den unter Erwarten ausgefallenen australischen BIP-Daten nach und kostete zuletzt nur noch 0,9563 US-Dollar. Im Tageshoch hatte er rund 0,9650 US-Dollar erreicht.

Im Mittelpunkt des Interesses standen in China Solaraktien, nachdem die EU-Kommission im Solarstreit mit China zunächst reduzierte Strafzölle auf Solarpaneele, Zellen und Wafer aus dem Reich der Mitte verhängt hatte. Statt der ursprünglich geplanten durchschnittlichen 47 Prozent wird ab diesem Donnerstag bis zum 6. August ein Antidumpingzoll von 11,8 Prozent erhoben. Die in Hongkong notierten Aktien von GCL-Poly Energy und Solargiga reagierten positiv auf diese Entwicklung und gewannen 5 bzw 2,6 Prozent.

In Seoul bremste der weitere Anstieg des Won zum Dollar die Kauflust, da dies die Exportbedingungen für Produkte aus Korea verschlechtert. Abwärts ging es auch für Samsung und zwar um 1,2 Prozent, obwohl das Unternehmen einen Importstopp für die iPhones des großen Konkurrenten Apple erwirken konnte.

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