Alt 21.04.11, 18:28
Standard So tickt die Börse: Goldhausse in Europa nicht zu sehen
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Liebe Europäer, ich würde die Warnungen vor einer Gold- oder Edelmetallblase ignorieren und beherzt zugreifen. Denn anders als in den Massenmedien behauptet, erleben wir nicht eine Goldhausse, sondern den Ausverkauf des US-Dollars.

Wenn Sie dieses Osterwochenende Ihren erweiterten Familienkreis treffen, dann fragen Sie doch mal nach, wer tatsächlich einen nennenswerten Bestand an Gold als Vermögenskomponente besitzt. Nennenswert heißt für mich über 5% des Vermögens. Ich gehe davon aus, dass dies bei kaum jemandem der Fall ist.

Einer Studie vom Oktober 2010 zufolge liegen nur 1,5% des Vermögens in Deutschland in Form von Goldbarren in Tresoren und Schließfächern.

Ich persönlich halte 5% für viel zu wenig. 15-20% würde ich bevorzugen, je nach Ihrer persönlichen Risikoneigung und Ihren persönlichen Verhältnissen vielleicht auch mehr. Bis sich eine solche Gold-Gewichtung in der Bevölkerung widerspiegelt, ist es noch ein weiter Weg.

„Vorsicht vor dem Goldrausch“, titelt der Stern; „Nur nicht blenden lassen“, schreibt die Süddeutsche und lässt vor den fehlenden Zinsen und Dividenden warnen. Prof. Dr. Norbert Walter, ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, warnt vor Exzessen bei Gold und Silber. Doch in meinen Augen verkennen diese alarmierenden Aussagen das wahre Problem: Die ausufernde Geldmenge in den USA und die dadurch verursachte Preissteigerung, gemessen in US-Dollar, in sämtlichen anderen Werten, inklusive Euro.

Ja, inklusive Euro, denn der Euro ist in der abgelaufenen Woche um 1,2% auf 1,46 USD/EUR gesprungen. Der Ölpreis (Texas) ist erneut über 110 USD/Fass gesprungen (+3,3% auf 112 USD/Fass) , trotz der Öl-Studie von Goldman Sachs, in der von einer spekulativen Öl-Derivatenachfrage gesprochen wird, der keine reelle Nachfrage gegenüber stünde. All das, gemeinsam mit den steigenden Edelmetallpreisen, spiegelt den Ausverkauf des US- Dollars wider. Der US-Dollar wird immer weniger wert, Sie erhalten immer weniger Gegenwert für ihr Dollarpapier.

Europa wird sich, wie von mir vor einem Jahr in Aussicht gestellt, mit einer Umschuldung der Griechenlandschulden auseinandersetzen müssen. Mit anderen Worten: Die Garantien und Überbrückungskredite, die ja nur „zeitweilig nach Griechenland fließen, aber mit Zinsen zurückgezahlt werden“, wie uns von der Politik beteuert wurde, werden eben nicht voll zurückgezahlt. Der Schuldenschnitt wird meiner Ansicht nach kommen, und somit müssen auch Länder wie Irland und Portugal mit ähnlichen Schritten rechnen.

Schuldenschnitt kann übrigens auch heißen, dass die Rückzahlung zwar „voll“ erfolgt, jedoch gestreckt auf einen wesentlich längeren Zeitraum und zu einem wesentlich günstigeren Zins als sich das Land selbst hätte refinanzieren können. Auch das ist ein Schuldenschnitt, bei dem Geld für den Gläubiger verloren geht.

Der Euro müsste eigentlich vor dem Hintergrund solcher Szenarien abtauchen. Doch im Gegenteil, er haussiert gegenüber dem US-Dollar, oder wie ich es gerne formuliere, im Wettlauf der Abwertung der eigenen Währung bleibt der Euro hinter dem US-Dollar Zweiter.

Durch den haussierenden Euro jedoch bleibt der Goldpreis gemessen in Euro verhältnismäßig günstig. In der ganzen Welt wird die Feinunze Gold in US-Dollar gemessen, und aufgrund des schwachen US-Dollars steigt, genau wie der Euro, auch der Goldpreis. Über 1.500 USD/Unze steht der aktuelle Goldpreis. Seit Jahresbeginn ein Plus von 11%.

Gemessen in Euro hingegen notiert der Goldpreis heute noch unter dem Wert vom Jahreswechsel. 1.060 Euro/Unze wurden zum Jahreswechsel gezahlt, heute steht die Unze bei 1.030 Euro. Beim Blick auf meinen Bauchnabel kann ich im Jahr 2011 also noch nicht von einer Goldhausse sprechen, und so finde ich die eingangs erwähnten Schlagzeilen nicht nur verkehrt sondern irreführend.

Wir können uns nun überlegen, ob unser Euro ungeachtet der US- Defizitprobleme ein sicherer Hafen für unseren Spargroschen darstellt. Wenn Sie glauben, dass unsere Politik verantwortlich mit der Währung Euro umgeht, dann brauchen Sie sich nicht mit dem Thema Gold als Absicherung zu beschäftigen.

Ich glaube das nicht. Im Gegenteil, ich habe inzwischen mehrere widersprüchliche Aussagen von Kanzlerin Merkel gesammelt, die mich dazu drängen, unbedingt eine Absicherung zum Euro aufzusuchen.

Seit 80 Jahren hat die Ratingagentur Standard & Poors die Bestnote „AAA“ für das Land USA vergeben. Nun wurde ein Warnschuss abgegeben, dass diese Bestnote gegebenenfalls in Gefahr sein könnte. Es ist ein in meinen Augen politisch motivierter Warnschuss, S&P gilt als republikaner-nah, mit dem Obama bei den laufenden Defizit-Diskussionen zwischen seinen Demokraten und den Republikanern unter Druck gesetzt wird.

Es ist aber auch ein deutliches Signal an die Finanzmärkte, dass auch die USA nicht unantastbar sind. Es ist bereits das zweite deutliche Signal, nach PIMCO, dem Betreiber des weltgrößten Rentenfonds (Tochter der Allianz), der vor einigen Monaten den vollständigen Rückzug aus US-Staatsanleihen bekanntgegeben hat. Das Zinsniveau spiegelt das Risiko von Zahlungsausfällen nicht wider, hieß es damals.

Letztlich wäre ein Schuldenschnitt, eine Umschulding, ein Haircut, eine Rückzahlungsstreckung, oder wie auch immer Sie es nennen wollen, in Griechenland gut für den Euro und gut für Deutschland – einmal abgesehen von dem Rettungsgeld, das wir dann wohl nur zu einem kleinen Teil wiedersehen würden.

Gut, weil es den Unterschied zwischen Defizitländern und vertrauenswürdigen Ländern deutlich macht. Griechenlandanleihen haben eine hohe Rendite abgeworfen und zwar aus einem Grund: Weil deren vollständige und termingerechte Rückzahlung niemals sicher war. Nun ist Griechenland pleite, und nun müssen die Spekulanten dieser hochverzinsten Anleihen auch einen Teil des Verlustes tragen. Das kann nicht von Deutschland alles vergütet werden.

Und zum zweiten wird sodann Deutschland als Schuldnerland gesucht sein, da unsere Schuldenbremse das Ausufern der Schulden verhindert und als Vorbild für viele andere Staaten gilt, die ähnliche Regeln derzeit verabschieden. Der Zins, den Deutschland für Staatsanleihen zahlen muss, wird also wieder sinken, wie übrigens schon diese Woche bei der Umlaufrendite zu sehen ist.

Ist das also die Lösung, die den Euro zur guten und den US- Dollar zur schlechten Währung macht? Ist also Gold für uns Europäer überflüssig?

Vielleicht für ein paar Wochen oder Monate. Doch der europäische Rettungsfonds ist in meinen Augen eine tickende Zeitbombe, gegen die ich mich absichern würde.

Im Heibel-Ticker Plus habe ich wiederholt auf verschiedene Anlagemöglichkeiten für Gold hingewiesen. Schauen wir uns nun einmal die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (20.04.2011)

Dow Jones: 12.453 | 1,4%
DAX: 7.249 | 1,4%
Nikkei: 9.685 | 1,0%
Euro/US-Dollar: 1,464 | 1,2%
Euro/Yen: 120,15 | -0,1%
10-Jahres-US-Anleihe: 3,40% | -0,1
Umlaufrendite Dt: 3,10% | -0,1
Feinunze Gold USD: $1.507,00 | 2,1%
Fass Crude Öl USD: $112,13 | 3,3%
Kupfer in US$/to: 9.609 | 2,6%
Baltic Dry Shipping I: 1.262 | -3,6%



Ein Jahr nach dem Unglück in der Karibik auf der Ölplattform Deep Water Horizon von Transocean, die von BP betrieben wurde, kommt die ganze Geschichte nochmals in den Medien hoch: Zunächst hieß es, die Umweltschäden seien erstaunlich gering gewesen, die Strände im Süden der USA seien sauber wie eh und je, und die Rettungsaktion, getragen von tausenden freiwilligen Helfern, sei ein voller Erfolg. Doch nun kommen auch andere Stimmen zu Wort, Schätzungen zufolge sei nicht die ganze Menge an entwichenem Öl an die Küsten gelangt, vielmehr vermuten Wissenschaftler, dass noch große Ölblasen durch die Karibik treiben oder sich am Meeresgrund abgesetzt haben.

Ein auffällig häufiges Delfin- und Walsterben leistet dieser Theorie Vorschub. Auch Berechnungen darüber, wie viel Öl an den Stränden eingesammelt wurde und wie viel schätzungsweise aus dem Leck ausgetreten ist, ergeben eine große Differenz. Etwa die Hälfte des ausgetretenen Öls wird „vermisst“.

BP nutzt derweil den Jahrestag zur Flucht nach vorne und verklagt Transocean auf 40 Mrd. USD Schadensersatz. 40 Mrd. USD ist etwa die Summe aller Schäden, Entschädigungen und Strafzahlungen, die BP für diese Katastrophe ausgegeben hat.

Noch vor wenigen Monaten feierte die Ölbranche die erste Ausschreibung für neue Bohrungen in der Karibik. Obama hatte sein Bohrverbot aufgehoben. Doch nun sieht es so aus als liege das Problem im wahrsten Sinne des Wortes „tiefer“.

So stehen nun die Bohrungen in der Karibik wieder auf der Zielliste der Umweltschützer und der Widerstand dürfte meines Erachtens in den nächsten Wochen nochmals aufflammen. Ein weiterer Preistreiber für den Ölpreis.

Es scheint, als habe Goldman Sachs ein gutes Timing bewiesen mit der Öl-Studie, um nochmals einen guten Kaufpreis zu erzeugen.

SENTIMENTDATEN

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
01.04.- 08.04. (256): 52% / 8%
08.04.- 15.04. (260): 58% / 10%
15.04.- 21.04. (225): 55% / 8%

Kaufempfehlungen der Analysten
Infineon, Novartis, Google

Verkaufempfehlungen der Analysten
Adva Optical Networking, RWE

Privatanleger
14. KW: 59% Bullen (201 Stimmen)
15. KW: 65% Bullen (243 Stimmen)
16. KW: 71% Bullen (194 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Commerzbank, Schneider Electric, Dialog Semiconductor

Verkaufempfehlungen der Privatanleger
Danone


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel

Insbesondere bei den Privatanlegern hellt sich die Stimmung auf. Mit 71% Bullen ist ein extrem hohes Niveau erreicht, bei einem DAX-Stand von 7.300 ist meines Erachtens Vorsicht angesagt.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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