Alt 10.04.11, 20:50
Standard So tickt die Börse: Überraschungscoup der Commerzbank
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COMMERZBANK WILL UNABHÄNGIGKEIT.

Diese Woche hat die Commerzbank ihre Pläne zur Rückführung der Staatshilfen bekanntgegeben. Es war mit einer Rückführung über eine Kapitalerhöhung gerechnet worden, überrascht hat jedoch die Höhe der Rückführung: 14 der 16 Mrd. Euro Staatshilfe will das Unternehmen bis zum Sommer 2011 zurückzahlen.

Damit reiht sich die Commerzbank in die totgeglaubten Banken ein, die nun plötzlich mit einem großen Anlegerinteresse in die Eigenständigkeit zurückkehren. In den USA haben bereits einige Banken diesen Schritt gemacht.

Und in den USA sind die Aktienkurse dieser Banken daraufhin kräftig angestiegen, wir haben bei der Citigroup und bei der Bank of America kräftig davon profitiert. Doch seither laufen die Kurse seitwärts, immer wieder gibt es neue Hiobsbotschaften, die den Kurs nach unten drücken.

Grund dafür ist in meinen Augen der Volkszorn, der sich in den USA durch die Chefin der Verbraucherschutzbehörde Elizabeth Warren, die das Ziel ausgegeben hat, jeden Cent, den eine US-Bank verdient, an das Volk weiterzugeben, entfacht hat. Und sie ist damit sehr erfolgreich.

Im kapitalistischen USA haben die Banken ihre Staatshilfen (TARP) mit Zinsen zurückgezahlt. Die Commerzbank hat die zweijährige zinsfreie Frist genutzt, und so verdienen wir keinen Cent an der Wiederauferstehung.

Wenn ich also die Frage nach der künftigen Kursentwicklung der Commerzbank beantworten soll, dann muss ich die Psychologie sowie die Durchsetzungskraft unseres Volkes bewerten. Ohne Zweifel ist es vorteilhaft für die Commerzbank, frei wirtschaften zu dürfen ohne regelmäßig in Berlin eine Leibesvisitation über sich ergehen zu lassen. Doch nach dem Scherbenhaufen, den uns unsere ach so konservative und solide Finanzbranche beschert hat und den das Volk aufkehren durfte, ist zu erwarten, dass auch in Deutschland jeder Cent Gewinn von der Commerzbank mit Argwohn beäugt wird.

Doch wird es in Deutschland eine Institution geben, die durch neue Finanzmarktregeln, durch neue Vorschriften die Banken dazu verdonnert, ihre Gewinne an die Kunden weiterzugeben?

Die BaFin wird häufig als zahnloser Tiger bezeichnet. Unser Finanzminister hat in der Bankenbranche noch nicht viel bewegt. Und jegliche Einschnitte werden seitens der Banken natürlich mit dem Argument der Beeinträchtigung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit totgeschlagen.

In den USA ist das übrigens so: Die Banken zeigen auf, wie die inzwischen sehr strengen Regeln dazu führen, dass Kunden für ihre Bankgeschäfte auf ausländische Banken zugehen. Die Instrumente wie Währungsswaps, Kreditderivate und sonstige für Privatanleger abenteuerliche Konstruktionen haben ihre Existenzberechtigung. Diese Existenzberechtigung betrifft aber stets nur sehr seltene Spezialfälle, für die diese Instrumente sinnvoll sind.

Die Finanzkrise entstand daraus, dass diese Spezialinstrumente an Kommunen und sogar an Privatanleger verkauft wurden. Das ist so, als würden Sie mir ein Rechenzentrum ins Haus setzen, damit ich meine privaten Photos ausfallsicher und eingebunden in ein gutes backup-System sichern und verwalten kann.

Nein, ich brauche kein Rechenzentrum zu Hause. Doch wenn Rechenzentren verboten würden, dann könnte ich mein Geschäft nicht betreiben. Und so stehen in den USA die Banken derzeit mit dem Rücken an der Wand.

Ich glaube, so weit wird es in Deutschland nicht kommen. Und so erwarte ich, dass die Commerzbank in den kommenden Jahren wieder zur zweitgrößten und zweitwichtigsten Bank in Deutschland heranwachsen wird. Wer ausreichend Geduld mitbringt, der kann sich ein paar Aktien von der Commerzbank ins Depot legen.

Zu welchem Kurs? Nun, die erste Reaktion auf den Befreiungsschlag war ein Kursanstieg um 5%. Die zweite Reaktion war ein Ausverkauf aus Angst vor der Verwässerung durch die Ausgabe neuer Aktien. Beide Reaktionen sind berechtigt. Doch wo ist ein fairer Kurs für die Aktien?

Vor dem Hintergrund meiner obigen Betrachtung ist ein fairer Kurs derzeit weder errechenbar noch sinnvoll. Mit einer Marktkapitalisierung von 7 Mrd. Euro bleibt viel Raum für Phantasie bis zu den 40 Mrd. Euro, die für die Deutsche Bank bezahlt werden. Ist die Deutsche Bank wirklich mehr als fünfmal soviel wert?

Also: Ja, der Verwässerungseffekt ist ärgerlich für Altaktionäre. Und ja, es ist ärgerlich, dass die Commerzbank keinen Cent Zinsen für die Rettungsgelder zahlen muss. Doch so wie ich uns Deutsche kenne, werden Sie höchsten als Aktionär überhaupt etwas von ihrer Rettungsaktion wiedersehen.

Wenn Sie Angst haben, zum falschen Zeitpunkt oder Kurs zu kaufen, dann kaufen Sie einfach sofort einen kleinen Teil und in zwei Monaten einen weiteren Teil.

DAX +2% TROTZ NEGATIVER EREIGNISSE

Portugal ist nun doch „überraschend“ unter den europäischen Rettungsschirm geschlüpft. Dennoch sieht sich die EZB gezwungen, die Geldschraube anzuziehen, der Leitzins wurde von 1 auf 1,25% angehoben.

In Japan hat ein weiteres starkes Nachbeben erneut zu starken Schäden geführt, ein weiteres Atomkraftwerk wurde kurzzeitig undicht. Und der Ölpreis ist über 110 USD/Fass gesprungen.

In anderen Zeiten hätte ich geschworen, dass nur ein einziges dieser vier Ereignisse ausgereicht hätte, um den DAX in der Woche ins Minus zu drücken. Doch derzeit schnellt der DAX trotz solcher Ereignisse um 2% nach oben. Ist das ein Ausdruck der überaus guten Verfassung der Börse? Oder ein letztes Aufbäumen vor dem Fall?

In den Finanzmedien werden reihenweise Vergleiche zum Frühjahr 2008 gezogen, als der Ölpreis ebenfalls über 100 USD/Fass stieg und sich auf den Weg zur 147 USD/Fass machte. Wir alle wissen, wie der damalige Ausflug endete: In der schlimmsten Weltwirtschaftskrise der Nachkriegszeit.


WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (07.04.2011)

Dow Jones: 12.409 | 0,7%
DAX: 7.179 | 2,0%
Nikkei: 9.768 | 0,6%
Euro/US-Dollar: 1,441 | 1,7%
Euro/Yen: 122,888 | 3,8%
10-Jahre-US-Anleihe: 3,56% | 0,3
Umlaufrendite Dt: 3,15% | 0,1
Feinunze Gold USD: $1.467,78 | 2,3%
Fass Crude Öl USD: $111,57 | 4,1%
Kupfer in US$/to: 9.853 | 5,0%
Baltic Dry Shipping I: 1.401 | -8,4%



Rohstoffe im Höhenflug. Wie teuere Rohstoffe kann sich die Wirtschaft leisten, bevor die Unternehmensgewinne sinken und Investitionen zurückgestellt werden? Wir werden in den nächsten Wochen im Rahmen der Berichtssaison Antworten auf diese Frage erhalten.

SENTIMENTDATEN

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
18.03.- 25.03. (278): 56% / 7%
25.03.- 01.04. (278): 61% / 10%
01.04.- 08.04. (256): 52% / 8%

Kaufempfehlungen der Analysten
Siemens, dt. Börse, Hugo Boss VZ

Verkaufempfehlungen der Analysten
Commerzbank, Nordex, Praktiker

Privatanleger
12. KW: 75% Bullen (193 Stimmen)
13. KW: 68% Bullen (165 Stimmen)
14. KW: 59% Bullen (201 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Électricité de France, Porsche, Bank of Ireland

Verkaufempfehlungen der Privatanleger
Conergy


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