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Noch immer zeigen sich die Börsen voller Stärke. An fünf Tagen in Folge hatte der Dow Jones bis Mittwoch dieser Woche neue Allzeithochs erklommen bevor er ein wenig konsolidierte. Natürlich kommen dann die Panikmacher wieder in den Flimmerkasten, die vom Ende der Hausse reden. Aber sie sehen nicht, daß die Pause des Dow Jones im Nasdaq genutzt wird, um eben dort wieder neue Höchststände zu erzielen. Von einem Ende der Rallye kann also keine Rede sein, es steigen eben nur nicht immer alle Aktien gleichzeitig an.
Als Verursacher dieses Umschwungs wurde der angestiegene Ölpreis herangezogen, der insbesondere den im Dow Jones enthaltenen Industrieunternehmen zu schaffen machen solle. Der Ölpreis ist um knapp 3 % auf 61 USD angestiegen. Die im Nasdaq enthaltenen Technologietitel sind vom Energiepreis weniger abhängig. HALBLEITERINDUSTRIE Für einen Sonderschub im Chipsektor sorgte das Quartalsergebnis von Analog Devices (ADI). Das Unternehmen produziert Chips für so ziemlich alle Branchen, von Handys bis Autos. Der Chipsektor unterliegt schon immer starken Schwankungen. Die Schwankungen werden jedoch weniger von der Nachfrageseite her initiiert, als vielmehr von der Angebotsseite. Die Nachfrage steigt kontinuierlich an. Investitionen in neue Chipfabriken werden getätigt, die Produktionsstätte wird aufgebaut und verschluckt eine Menge Geld bis sie dann endlich produziert. Da bei Chips die steigenden Skalenerträge gelten, je mehr produziert werden kann, desto günstiger sind die Produktionskosten je Stück, werden neue Fabriken meist überdimensioniert. Wenn dann eine neue Fabrik den Betrieb aufnimmt, wird der Markt plötzlich mit einer größeren Anzahl an Chips überflutet. Die erzielbaren Verkaufspreise sinken, die Gewinne der Chipunternehmen fallen. Mit der Zeit steigt die Nachfrage ausreichend an, um die Überkapazitäten abzubauen und dann plötzlich sind die Lager leergefegt und es gibt keine neuen Produktionskapazitäten. In dieser Phase steigen die Chippreise stark an, Chipunternehmen machen dicke Gewinne. Während im vergangenen Herbst noch von vollen Lagerhallen in der Chipindustrie die Rede war, hat Analog Devices nun die Einschätzung vieler Analysten bestätigt, daß die Lagerhallen leergefegt sind. Die Preise steigen wieder und in den nächsten Monaten werden Chipunternehmen wieder dicke Gewinne einfahren. Ich weiß, es wird nach diesen Äußerungen wieder Leserfragen zu Infineon hageln. Infineon ist in meinen Augen nach wie vor ein Wackelkandidat. Die Abspaltung von Quimonda wurde als das Ende der Restrukturierung gefeiert, doch die Realität sieht anders aus: Noch immer brechen Infineon die Umsätze weg, zuletzt durch die Pleite von BenQ. Die Nachricht, daß Infineon Chips an Nokia liefern wird, hat dem Kurs zu einem Sprung von 12 % verholfen, allerdings schrieb ich schon damals, daß Infineon damit lediglich die Chance hat, ein kleines Scheibchen des Kuchens von Texas Instruments abzujagen – noch ist es jedoch nicht geschafft. Der Kurs bewegt sich in Richtung seines Hochs vom Herbst 2003 bei 14 Euro, aktuell steht der Kurs bei 11,96 Euro. Wenn in den nächsten zwei Quartalen die Gewinne der Chipbranche und somit auch die von Infineon ansteigen, und ich erwarte das, dann kann ich mir einen Kursanstieg bis an das alte Hoch bei 14 Euro vorstellen. Darüber hinaus allerdings nicht. Dazu müßte Infineon eine wesentlich stärkere Position als Zulieferer von Nokia einnehmen. Das Quartalsergebnis von Analog Devices hatte bislang noch gar keinen Einfluß auf den Aktienkurs von Infineon. In den USA ist man sich der Bedeutung jedoch sehr wohl bewußt und so stiegen die Aktien von Analog Devices um 10,4 % an. Im Kielwasser legten Seagate 2 % und National Semi sogar 7,5 % zu. Texas Instruments stieg um 3,2 % und Broadcom legte 2,8 % zu. Na, wenn das mal kein Tag für die Halbleiterindustrie war. Wir sind im Chipsektor bereits investiert, und ich erwarte für die nächsten Monate einen kräftigen Kursschub bei unserem Kandidaten. Wer eine Aktie sucht, die im Sommerloch durch positive Überraschungen ausbrechen kann, der sollte sich im Chipsektor umschauen. Mein Favorit ist nach wie vor die Chipaktie aus unserer Empfehlungsliste. BIO-SUPERMÄRKTE Am 13. Oktober letzten Jahres riet ich Ihnen, die Aktien der Öko-Nahrungsmittelkette Whole Foods Market zu verkaufen. Ich bin begeistert von dem Wachstum des Unternehmens, auch die Produkte sind absolut gefragt. Doch das Unternehmen war an die Grenzen seiner Wachstumsmöglichkeiten geraten. Nur wenige Tage später gab CEO John Mackey bekannt, daß das Unternehmen vorerst mit langsameren Wachstumsraten vorlieb nehmen müsse. Der Kurs brach über Nacht um 30 % ein. Sowohl Produkte, als auch Management haben mich seither immer wieder dazu bewogen, ein Auge auf das Unternehmen zu haben. Denn die Produkte treffen genau den Zeitgeist: Gesunde biologische und ökologisch sinnvolle Ernährung wird bei der immer mehr ansteigenden Lebenserwartung immer wichtiger. Selbst McDonalds verkauft inzwischen leckere Salate. Und der Mitbegründer und CEO Mackey hat sein Können bislang immer ehrlich und aktionärsfreundlich in den Dienst seines Unternehmens gestellt. So hat er gestern verkündet, den Wettbewerber Wild Oats zu kaufen. Das Angebot wurde 23 % über dem aktuellen Marktwert von Wild Oats abgegeben. Für die beiden Unternehmen bedeutet dies einen Sprung über die kritische Masse bei vielen Märkten in Randgebieten. Beide Unternehmen sind in den USA und in Kanada tätig, Whole Foods Market hat zusätzlich noch England ins Visier genommen. Größe ist auch hier wichtig (siehe steigende Skalenerträge!) und so ist diese Übernahme (bei Wild Oats spricht man von Fusion) sicherlich sinnvoll. Aktien von Wild Oats (OATS) brauchen Sie nun nicht mehr kaufen. Das Übernahmeangebot steht, der Preis ist bekannt und die Aktien spiegeln diesen Preis wieder. Kursanstiege in den Aktien von Wild Oats werden nun nicht mehr durch die Geschäftsentwicklung verursacht, sondern nur noch durch eine eventuelle Erhöhung des Angebots. Und darauf zu spekulieren gleicht einem Lotteriespiel. Wer in Aktien investiert, der sollte die Geschäftsentwicklung beobachten, nicht irgendwelche Übernahmepoker, in denen es noch um die dritte Stelle hinterm Komma geht. Whole Foods Market befindet sich, wie von Mackey angekündigt, im Jahr 2007 in einem Transformationsjahr. Bislang erfolgte superschnelles Wachstum (über 30 % p.a. über mehrere Jahre hinweg bei hohen Gewinnmargen), künftig wird der Wettbewerb härter, die Gewinnmargen werden also sinken, und die lukrativsten neuen Märkte sind bereits erschlossen. Es müssen nun auch kleinere Städte in Angriff genommen werden. Durch die Übernahme von Wild Oats beginnt Whole Foods Markets nun auch durch Kosteneinsparungen zu verdienen. Das Unternehmen wird also reifer, das Bewertungsniveau wird sich entsprechend verändern. Bislang wird Whole Foods Market noch mit einem KGV von 36 bewertet. Für die bisherige Geschichte ist das ein sehr niedriges KGV. Aber aufgrund der Transformation würde ich das KGV auch nicht mehr viel höher ansetzen. Die Übernahme ist die konsequente Folge dessen, was Mackey im vergangenen Oktober angekündigt hat. HIT MUSIK INDUSTRIE Ja, alles ist eine Industrie. Sogar die Musikhits, die Sie täglich im Radio hören, haben eine Industrie begründet. Doch dieser Industrie geht es ziemlich dreckig. Seit jeder auf seinem PC Lieder zu einer kleinen MP3-Datei komprimieren und an den MP3-Spieler schicken, auf der Stereo-Anlage abspielen oder ins Internet stellen kann, hat die Musikindustrie nichts mehr zu Lachen. Und dann ist da noch Apples iTunes, die Musikplattform auf der alle Musiktitel für 99 Cents völlig legal herunterladbar sind. Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Sie für ein tolles Lied ein ganzes Album für 25 Mark oder 15 Euro kaufen mußten? Heute kostet es Sie nur noch 99 Eurocents und Sie können sogar auf dem Sofa sitzen bleiben. Der Musikindustrie brechen die Umsätze weg, und Megahits werden wichtiger denn je. Insbesondere Warner Music Group und EMI, die beiden letzten auf Hits spezialisierten Musikkonzerne spüren den Druck. Die Wettbewerber Walt Disney, Time Warner, Sony Music und Fox haben sich alle zusätzlich in alternative Geschäftsfelder diversifiziert, so daß ein Flop leicht auszubügeln ist. Warner Music und EMI jedoch sind ausschließlich auf Hitjagd. Um das Risiko auf breitere Schultern zu verteilen, haben die beiden nun eine Fusion vereinbart. Die Kartellbehörde in den USA, sowie in der EU, muß diesem Zusammenschluß noch zustimmen. Bei der erwarteten Entscheidung ist mir der Unterschied des europäischen und des US-amerikanischen Systems nochmals vor Augen geführt worden. Während die amerikanische Wettbewerbsbehörde aus Sicht der Unternehmen die Wettbewerbssituation beurteilt und dabei klar zu dem Ergebnis kommen wird, daß Warner Music und EMI keine andere Überlebenschance haben, als sich zusammen zu schließen, wird in Europa der Konsument in den Mittelpunkt gestellt. Und der wird von einem solchen Zusammenschluß nicht profitieren, sondern hat mit höheren CD-Preisen zu rechnen. Ich bin gespannt, wie diese Geschichte ausgeht. Wir investieren in keines der beiden Unternehmen, denn die Musik spielt meines Erachtens wo anders. Und das entsprechende Unternehmen befindet ich ebenfalls bereits in unserer Empfehlungsliste. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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