Alt 11.06.12, 12:09
Standard Spanien-Euphorie beginnt bereits zu bröckeln
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Die Euphorie über die Rettung der spanischen Banken ist bereits am Schwinden. Die Kursgewinne der ersten Stunde halten nicht lange an. Sicher ist, dass mit erwarteten 100 Milliarden Euro die Löcher in den Bilanzen der spanischen Banken gestopft werden und das Risiko eines Flächenbrandes damit erlischt. Zurück bleibt die Frage, ob das Problem gelöst oder nur einmal mehr Zeit erkauft wird. Der Euro-Stoxx-50 notiert mit einem Plus von 1,8 Prozent bei 2.183 Punkten, nach einem Tageshoch bei 2.202 Stellen.

Bis zu 100 Milliarden Euro an Krediten sollen den spanischen Geldinstituten über den dortigen Rettungsfonds FROB zur Verfügung gestellt werden. Die Summe bekommt Spanien aus den Töpfen des ESM oder des EFSF und reicht das Geld an die Banken weiter. Damit müssen die Iberer das Geld nicht teuer über den Kapitalmarkt aufnehmen, sondern zahlen voraussichtlich drei Prozent Zinsen an die Gläubiger. Im gleichen Atemzug erhöht sich allerdings die Verschuldungsquote Spaniens deutlich. Einer Studie der Societe Generale zufolge dürfte die Staatsschuldenquote Spaniens bis 2013 sprunghaft in Richtung 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen.

Nachdem die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone bei der Staatsverschuldung bisher zu den Musterschülern gehörte, gilt es nun, die Hausaufgaben doppelt so gut zu machen. Die Weichen hat die spanische Regierung gestellt und Reformen sowie Haushaltsdisziplin auf den Weg gebracht.

Nicht überall wird gejubelt, es gibt auch skeptische Stimmen. So erwartet Justin Knight von der UBS, dass Spanien den Zugang zum Kapitalmarkt irgendwann wahrscheinlich komplett verlieren wird. Nobelpreisträger Josef Stiglitz warnt davor, die Dynamik der Märkte zu unterschätzen. Die Krise sei akut und die einzige Chance sei ein Ja aus Deutschland zu einer europäischen Banken-Union. "Kommt es nicht dazu, wird das System ziemlich schnell auseinanderfallen", so der Wirtschafts-Professor.

Ein Blick auf die Anleihemärkte zeigt, dass dort die Skepsis bereits überwiegt. Während am Morgen die Renditen der spanischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren kurzfristig unter die Marke von 6 Prozent fielen, notieren sie nun mit 6,16 Prozent bereits wieder auf dem Niveau von Freitag. Viele Gläubiger der spanischen Anleihen dürften sich fragen, in wie weit sich ihre Stellung geändert hat. Aktuell ist noch nicht klar, ob die Darlehen von EFSF oder ESM zukünftig Vorrang gegenüber den Krediten privater Gläubiger genießen. "Damit geht die Spekulation um, dass es im Fall der Fälle wie bei Griechenland wieder so genannte Haircuts geben wird", heißt es dazu aus dem Handel. Das Interesse nach Altanleihen dürfte bei einer Schlechterstellung der Gläubiger deutlich zurückgehen.

Trotz Staatsschuldenkrise laufen die Geschäfte beim Gesundheitskonzern Fresenius bestens. Wegen "der sehr guten Geschäftsentwicklung" in allen Bereichen hob der DAX-Konzern seinen Ausblick für das Gesamtjahr an. "Das bestätigt zwar die positive Entwicklung, kommt aber nicht ganz unerwartet", sagt Ulrich Huwald, Analyst bei Warburg Research. Die Tochter Kabi profitiere in den USA im Geschäft mit intravenös verabreichten Arzneimitteln gegenwärtig von einer Verknappung des Angebots, was sich nun positiv im Ergebnis niederschlage. Die Aktie legt verhalten um 0,7 Prozent auf 77,38 Euro zu.

Der spanische Telekomkonzern Telefonica trennt sich von fast der Hälfte seiner Beteiligung an dem chinesischen Mobilfunkanbieter Unicom. Für rund 1,13 Milliarden Euro verkauft der Konzern einen Anteil von 4,56 Prozent an die Unicom-Mutter China United Network Communications. "Damit kann das Unternehmen die Verschuldung weiter zurückfahren und sich auf Lateinamerika als zentralen Wachstumsmarkt konzentrieren", heißt es im Handel. Die Aktie steigt in Madrid um 2,2 Prozent auf 10,01 Euro.

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