Alt 30.08.12, 12:15
Standard Anleger minimieren ihr Risiko und verkaufen Zykliker
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FRANKFURT--Endlich ist es soweit. Am Abend startet das seit langem erwartete Treffen der Notenbanker in Jackson Hole in Wyoming. Alles dreht sich um die Frage, ob US-Notenbankchef Ben Bernanke in seiner Rede am Freitag eine dritte Runde geldpolitischer Lockerung und damit letztlich das Anwerfen der Gelddruckmaschine ankündigt. Vor zwei Jahren gab er bereits den Vorläufer, QE2, an diesem Ort bekannt. An der Börse wird im Vorfeld das Risiko minimiert und zyklische Aktien verkauft. Der DAX verliert 0,8 Prozent auf 6.956 Punkte. Für den Euro-Stoxx-50 geht es um 0,6 Prozent auf 2.419 Zähler nach unten.

Nach zuletzt besseren US-Konjunkturdaten nimmt die Zahl der Beobachter zu, die davon ausgehen, dass sich Bernanke am Freitag mit einer entsprechenden Ankündigung zu weiteren Anleihekäufen zurückhalten wird. Dies sorgt für Ernüchterung an den Finanzmärkten, auch wenn der US-Notenbankchef die Möglichkeit weiterer Maßnahmen grundsätzlich offen halten sollte.

Der tendenziell wieder steigende Dollar spricht ebenfalls dafür, dass die hohe Erwartungshaltung der Anleger an die Federal Reserve etwas zurückgeht. "Der Markt preist mit einer zu hohen Wahrscheinlichkeit ein, dass es zu geldpolitischen Lockerungen und Klarheit über den Zeitplan dafür kommen wird", sagt Devisenexperte David Woo von der Bank of America-Merrill Lynch. Der Euro notiert bei 1,2540 Dollar.

Die viel beachtete Auktion italienischer Staatsanleihen konnte am Vormittag gut bei Investoren untergebracht werden. Annalisa Piazza von Newedge Strategy spricht von einer ordentlichen Nachfrage, die Renditen seien gegenüber der jüngsten Auktion deutlich unter Druck geraten.

"Es ist sicher positiv, dass Italien lange Laufzeiten platzieren kann. Die Finanzmärkte hat die Auktion bislang jedoch nicht stärker bewegt", stellt ein Kreditanalyst fest. Gleichwohl sei das Zinsniveau aus Sicht des Landes "natürlich immer noch viel zu hoch", fügt der Analyst hinzu. Italien werde daher den politischen Druck aufrecht erhalten oder gar erhöhen, damit die Europäische Zentralbank das Programm zum Kauf von Staatsanleihen wieder aufnimmt.

Am deutschen Arbeitsmarkt beginnt sich die schwächere wirtschaftliche Dynamik auszuwirken. Im August waren in Deutschland rund 2,905 Millionen Menschen ohne Arbeit, das waren 29.000 mehr als im Vormonat. "Insgesamt entwickeln sich die wesentlichen Arbeitsmarktindikatoren zunehmend schwächer. Hier zeigt sich auch das geringere Wachstum der deutschen Wirtschaft", so BA-Chef Frank-Jürgen Weise.

Am Mittag sorgten die Aussagen des Wirtschaftsweisen Lars Feld für einen kleinen Abverkauf am Aktienmarkt. Er glaubt nicht daran, dass von der Europäischen Zentralbank (EZB) geplante Staatsanleihenkäufe stark genug sein werden, um die Finanzmärkte zu beruhigen. "Die EZB kann nicht die große Bazooka auspacken. Dazu hat sie nicht das Mandat", sagte Feld in Frankfurt.

Die Investoren verkaufen in die steigende Unsicherheit hinein zyklische Werte, vor allem Automobilwerte. Mit einem Plus von knapp 20 Prozent seit Jahresstart stellen sie den Sektor, der seit Anfang des Jahres den größten Gewinn auf sich vereinen kann. Der Sektor verliert am Mittag 3 Prozent. Die größten Minuszeichen verzeichnen die Aktien aus Deutschland, so fallen die Titel von Daimler um 3,6 Prozent und die BMW-Aktie gibt um 3,1 Prozent nach.

Gegen den Trend kann der Sektor der europäischen Einzelhändler zulegen. Die französische Supermarktkette Carrefour hat am Morgen unerwartet gute Halbjahreszahlen bekannt gegeben. Das Asien-Geschäft hat die Schwäche in Europa ausgeglichen. Auf dem französischen Heimatmarkt, in dem die Carrefour mehr als 40 Prozent ihrer Geschäfte macht, fiel der operative Gewinn dagegen um rund 7 Prozent auf 279 Millionen Euro. Das Carrefour-Papier steigt um 8 Prozent auf 17,02 Euro.

Aber auch für Metro geht es kräftig nach oben, die Aktie klettert um 3,4 Prozent auf 24,59 Euro. Marktteilnehmer verweisen auf einen Bericht, demzufolge Metro beim Verkauf des Auslandsgeschäfts der Real-Kette vorankommt und der französische Handelskonzern Auchan bei den Gesprächen gute Karten habe. "Über den Verkauf von Real wurde am Markt schon immer wieder mal spekuliert, neu ist das nicht. Aber es hilft dem Kurs ein wenig, denn Real war und ist eine der Schwachstellen im Konzern", sagt ein Händler. Von der Metro heißt es dazu lediglich, man prüfe weiter alle Optionen.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@dowjones.com

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