Alt 23.10.10, 15:13
Standard So tickt die Börse: Abgestimmtes Verhalten zwischen China & USA
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Heute hat der US-Finanzminister Tim Geithner wieder einmal in einem Brief die Exportnationen angegriffen. Diese sind Japan, Deutschland und vorallem China, denn diese drei Länder erwirtschaften derzeit die größten Handelsüberschüsse.

Japan und Deutschland sind liebgewonnene Partner der USA. Ich denke nicht, dass die USA das weltweite Gleichgewicht korrigieren wollen, indem sie Deutschland und Japan angreifen. Vielmehr dürfte der Angriff den Chinesen gelten, denen immer wieder die Bindung des chinesischen Yuan an den US-Dollar vorgeworfen wird.

Vor wenigen Tagen haben die Chinesen den Yuan um 2% gegenüber dem US-Dollar aufgewertet. Sie tun das seit einigen Jahren regelmäßig. Und sie tun das immer dann, wenn es ihnen passt, nicht wenn es von anderen gefordert wird.

Sie wissen sicherlich, wie wichtig es für Chinesen ist, „ihr Gesicht zu wahren“. Wer bei Verhandlungen Chinesen zu einer Meinungsänderung bewegen möchte, der muss ihnen eine Argumentationsmöglichkeit eröffnen, dass die Meinungsänderung vom Chinesen gewollt und zum Vorteil der Chinesen ist. Sie werden niemals einen Chinesen sehen, der „klein beigibt“. Er würde sein Gesicht verlieren und etwas Schlimmeres gibt es kaum.

So sehe ich das Auspacken der Peitsche durch US-Finanzminister Geithner als zeitlich gut abgestimmt mit der 2%igen Aufwertung des Yuan. Die Chinesen haben aus eigenen Stücken getan, was erforderlich ist. Sie haben es in der Geschwindigkeit getan, die sie selbst für richtig halten, und nun wird es einige Wochen oder Monate Pause geben.

Zeit, die Tim Geithner nutzen kann, populistisch auf dem Feindbild der Chinesen herumzuhacken. Das ausgeuferte Handelsdefizit der USA muss ja einen Grund haben, ein Schuldiger wird gesucht. Und es liegt den Amerikanern ebenso fern, ihr Gesicht zu verlieren und Fehler in der Politik zuzugeben wie den Chinesen. Also wird China für das Handelsdefizit verantwortlich gemacht, die Begründungen sind bereits hinreichend durch die Presse gejagt worden und das amerikanische Volk hat ein gemeinsames Feindbild, das für die eigene Misere verantwortlich gemacht wird.

Die Zwischenwahlen im November lassen grüßen!

International dürfte der Brief von Geithner meines Erachtens also kaum eine Wirkung haben. Die Chinesen haben ihre Hausaufgaben bereits im Vorfeld gemacht. Und seine Forderungen wie „Steigerung der Binnenkonjunktur durch Lohnsteigerungen und Steuersenkungen in den Exportnationen“ werden von den Ereignissen in Deutschland bereits erfüllt: Brüderle fordert kräftige Lohnsteigerungen als Dank für die Entbehrungen während der Krise und Forschungsinstitute vermelden das größte Wachstum der deutschen Binnenkonjunktur seit 20 Jahren.

Der Forderung nach Lohnsteigerungen habe ich als konservativer Unternehmer im Heibel-Ticker vom 3. September übrigens bereits ein ganzes Kapitel gewidmet.

Die Forderung Geithners dürfte somit als Wahlkampfgerassel einzustufen sein. Auf dem G20 Gipfel wird dieses Thema wohl nur am Rande behandelt.

Schauen wir uns nun einmal die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an:

INDIZES (21.10.2010)

Dow Jones: 11.146 | 0.5%
DAX: 6.611 | 2,4%
Nikkei: 9.426 | -0,8%
Euro/US-Dollar: 1,393 | -1,1%
Euro/Yen: 112,875 | -1,4%
10-Jahres-US-Anleihe: 2,53% | 0,0
Umlaufrendite Dt: 2,15% | 0,1
Feinunze Gold USD: $1.323,40 | -4,0%
Fass Crude Öl USD: $82,30 | -2,0%
Baltic Dry Shipping I: 2.720 | -1,8%
Kupfer in US$/to: 8.360 | -0,4%



Hmmm, so richtig schlau werde ich aus den Bewegungen auf den ersten Blick nicht. Der DAX ist wesentlich besser gelaufen als Dow Jones und Nikkei, vielleicht einfach nur, weil die Euro-Rallye endete.

Die Goldpreis-Rallye sowie auch die ÖlpreisRallye haben eine Verschnaufpause eingelegt. Komisch, dass die beiden parallel laufen, wo doch der Ölpreis ein Pulsmesser für die Konjunktur ist (wie auch das Kupfer) und das Gold in Krisenzeiten gesucht wird.

Ich denke, wir müssen uns durch die einzelnen Quartalsergebnisse kämpfen, um ein besseres Bild über die Ereignisse zu bekommen.

Schauen wir uns einmal an, was die Stimmung unter den Anlegern hergibt:

Sentimentdaten

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
01.10.- 08.10. (189): 48% / 10%
08.10.- 15.10. (173): 51% / 6%
15.10.- 22.10. (281): 48% / 10%

Kaufempfehlungen der Analysten
Apple, HeidelbergDruckmaschinen, BASF

Verkaufempfehlungen der Analysten
Pernod-Ricard, Harley-Davidson, Infosys

Privatanleger
40. KW 2010: 53% Bullen (71 Stimmen)
41. KW 2010: 71% Bullen (74 Stimmen)
42. KW 2010: 50% Bullen (84 Stimmen)

Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 6.488

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Electricité de France, HeidelbergDruckmaschinen, Deutsche Bank

Verkaufempfehlungen der Privatanleger
Ameriprise Financial, Du Pont Nemours, BIC S.A.


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt:http://www.sharewise.com?heibel


Der überschwängliche Optimismus der Vorwoche ist bei den Privatanlegern verschwunden (71% auf 50% Bullen). Auch die Analysten sind wieder etwas vorsichtiger geworden. Ich halte das für eine gesunde Entwicklung und für beachtlich vor dem Hintergrund, dass diese Stimmungseintrübung bereits auf einem DAX-Niveau von 6.600 Punkten erfolgt. Daraus würde ich schließen, dass eine Korrektur oder Konsolidierung, die nach der Rallye der vergangenen Wochen überfällig ist, sehr verhalten ausfallen dürfte. Vielleicht reicht ja auch schon eine Phase der Seitwärtsbewegung, um die überkaufte Situation abzubauen.

Der Ölsektor ist aus der Schusslinie, heute sind die Banken dran. Die Banken haben ihre Bilanzen nach der Krise inzwischen deutlich aufgebessert. Und nun folgt auch eine erfreuliche Gewinnentwicklung. Doch in den USA torpedieren überraschende Interessengemeinschaften (bspw. BlackRock mit der New York Notenbank) den Bankensektor. Geschäfte sollen rückgängig gemacht werden, die Rechtssicherheit wird stark strapaziert.

Doch versuchen Sie einmal zu ergründen, ob die Quartalsergebnisse nun überwiegend positiv oder negativ ausgefallen sind. Aus den Kursreaktionen können Sie das nicht ablesen. Dazu ist die „Berichtssaison“, wie die drei Wochen im Quartal genannt werden, in denen die meisten Quartalsberichte veröffentlicht werden, zu turbulent.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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