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Im Dezember hatte ich bereits ausgerufen, dass wir im neuen Jahr 2020 einen starken Fokus auf ESG legen werden: "Environment, Social, Governance", also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Die Werte, die damit beschrieben werden, sind bereits seit Jahren, Jahrzehnten, ?ewig? gültig, wurden aber in der Vergangenheit häufig hinter Profitabilitätszielen angestellt und somit oft genug nicht berücksichtigt.
Als ich zu Beginn meiner Tätigkeit als Börsenbriefschreibel auf solche Kriterien Rücksicht nahm, erlebte ich es häufig, dass andere in einer Aktie fulminante Gewinne erzielten, die ich aus moralischen Gründen nicht empfahl. Daher habe ich irgendwann den Modus angewendet, alle Aktien zu besprechen und im Zweifel auch zu empfehlen und meinen Kunden ans Herz zu legen, Gewinne mit beispielsweise Rüstungsaktien dann teilweise an Organisationen zu spenden, die sich für den Frieden engagieren. Oder Gewinne aus Ölaktien teilweise in Umweltorganisationen zu spenden. Jetzt ändert sich die Finanz-, ja die Unternehmenswelt! Im neuen Jahrzehnt wird es sich meiner Einschätzung nach lohnen, also gerechnet in Euro, wenn wir in Unternehmen investieren, die sich verantwortlich verhalten. Greta moniert zu Recht, dass wir verstärkt in unsere Umwelt investieren müssen. Doch Greta hat in meinen Augen keinerlei konstruktive Vorschläge gemacht. Kann sie als Kind auch gar nicht. Das tun nun Unternehmen. Anfang der Woche hat Larry Fink in einem Brief an Unternehmenslenker angekündigt, ab sofort Einfluss zu nehmen auf Unternehmensentscheidungen, die das Klima betreffen. Larry Fink ist der Chef von Blackrock, dem weltweit größten Vermögensverwalter mit knapp 7 Billionen USD an Geldern, die verwaltet werden. Sie werden wissen, dass der Vermögensverwalter in der Regel das Stimmrecht seiner Kunden ausübt, sofern keine andere Weisung gegeben wurde. Und die wenigsten machen sich die Mühe, Weisungen zu geben. Sprich: Larry Fink ist der weltweit einflussreichste Aktionär. In 10 der 30 DAX-Unternehmen ist Blackrock der größte Einzelaktionär. Wenn Sie also wissen möchten, wem die Deutschland AG gehört, dann haben Sie hier den Mann, der den größten Einfluss hat: Larry Fink. Es lohnt sich zuzuhören, wenn er etwas sagt. Sie können seinen Brief unter https://www.blackrock.com/corporate...fink-ceo-letter selber lesen. Die wichtigsten Aussagen: Unternehmen, Investoren und Regierungen müssen sich auf eine signifikante Reallokation des weltweiten Kapitals vorbereiten. Unternehmen werden sich hinsichtlich ihres Klima-Einflusses erklären müssen: Transparenz ist gefordert. Unternehmen, die entsprechende Informationen nicht zur Verfügung stellen, oder schlimmer noch, nicht haben, werden gezwungen, diese Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen. Larry Fink kann nicht sagen, er investiere dann halt woanders. Mit 7 Billionen USD muss er in so ziemlich alle Unternehmen der Welt investieren :-). Aber er kann seine Macht als Anteilseigner - oder zumindest als Verwalter der Anteile seiner Kunden - dahingehend nutzen, für Transparenz zu sorgen. Und seiner Überzeugung nach werden Unternehmen, die sich nicht danach richten oder die als Schmutzfink entlarvt werden, auch als Investment nicht besonders attraktiv sein. Nachhaltiges Wachstum, so sein Credo, gelingt nur unter Berücksichtigung der Umwelt. Es ist ein Wachrütteln der Finanzbranche: Jetzt ist die Zeit gekommen, in der sich Investitionen in grüne Technologien nicht nur PR-Maßnahmen sind, sondern lukrativ werden. Kaum hat Larry Fink seine Warnung ausgegeben, folgt Satya Nadella von Microsoft mit dem Versprechen, Microsoft bis 2030 nicht nur klimaneutral zu machen, sondern sogar CO2-negativ! Also mehr CO2 aus der Atmosphäre zu holen, als das Unternehmen dort hinein gibt. Zusätzlich stellt Microsoft einen Fonds zur Verfügung, der in entsprechende Technologien investiert. Volumen: 1 Mrd. USD! Hier der entsprechende Link: https://blogs.microsoft.com/blog/20...gative-by-2030/ Im Interview angesprochen auf die Finanzierung dieses teuren Versprechens sagt Nadella einfach, dass man die besten Arbeitskräfte heute nicht mehr bekommt, wenn man sich aus dieser Verantwortung stiehlt. Seine Finanzchefin Amy Hood ergänzt, dass sich aber diese Investitionen sogar rentieren würden. Jede Investition im Microsoft-Konzern werde nach den gleichen Maßstäben bewertet. Und die Investition in Klimaneutralität erfülle alle Rentabilitätsanforderungen. Wir kennen das Argument: viele Investitionen in Umwelttechnologien rechnen sich binnen kurzer Zeit von selbst. Häufig fehlt nur der Anstoß, die Verfügbarkeit oder auch das Wissen. Der größte Vermögensverwalter der Welt und das (nach dem Staatskonzern Saudi Aramco) größte Unternehmen der Welt gehen voran. Es ist eine Intitialzündung, die meiner Einschätzung nach das Potential hat, die Richtung für dieses Jahrzehnt vorzugeben. Siemens-Chef Joe Kaeser hat es trotz medialem Supergau nicht geschafft, einen Auftrag im Volumen von 18 Mio. Euro abzulehnen, obwohl sein Konzern damit beim Bau eines der größten Kohlebergwerke mitmacht, das Kohle über das gefährdete Great Barrier Rief transportieren soll ... mit Siemens Signaltechnik. Die Tage von Kaeser sind gezählt. ESG IN DER FINANZBRANCHE Wie können wir uns nun dem Thema ESG nähern, ohne dass ich mir über jedes einzelne Unternehmen eine eigene Meinung erarbeiten muss? Auf den einschlägigen deutschen Finanzseiten suchen wir vergeblich nach Informationen über die "Nachhaltigkeit" oder gar nach ESG-Kennziffern. Ganz anders in den USA, meine präferierte Informationsseite Yahoo! Finance hat schon einen eigenen Reiter "Sustainability" (Nachhaltigkeit) dafür eingerichtet. Und tatsächlich finden wir dort zum Unternehmen ESG-Risikoeinschätzungen. Es wird eine zweistufige Analyse verwendet: Zum einen wird analysiert, welche besonderen Herausforderungen für das Unternehmen in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bestehen. Im zweiten Schritt wird dann bewertet, wie das Unternehmen damit umgeht. Das Ganze gibt dann eine Risikoziffer zwischen 0 und 100. Je niedriger, desto weniger Risiko. Zur Verfügung gestellt werden die Daten von Sustainalytics, insgesamt 11.000 Unternehmen wurden bislang entsprechend eingestuft. Für American Express finde ich bspw. eine 23 (Umwelt 0, Sozial 13, Unternehmensführung 10), für TUI eine 68 (Umwelt 67, Sozial 64, Unternehmensführung 75). Weitere Details sind nicht einsehbar. Somit liefert diese Plattform zwar eine erste Einschätzung, wie einige Unternehmen wohl gesehen werden, doch es hilft nicht, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ein finnisches StartUp ist da etwas detaillierter unterwegs: Upright Project nennt sich das Unternehmen, das Daten von Unternehmen sammelt und nach verschiedenen Kategorien einordnet. Hier geht die Skala von -40 bis +40, die meisten Unternehmen tummeln sich um eine Einstufung mit Null bzw. leicht positivem Wert. American Express kommt hier bspw. auf +5,8. Das Upright Project verwendet vier Kategorien: Umwelt, Gesundheit, Soziales und Knowhow. Die vier Kategorien sind dann weiter in jeweils fünf Untergruppen unterteilt. Für Umwelt bspw. wird die Emission von CO2 und anderen klimaschädlichen Gasen beurteilt, der Einfluss auf das Frischwasser wird eingeschätzt, die Biodiversität ist eine Kategorie und der Umgang mit Abfällen. Nun kann man noch weiter ins Detail gehen und herausfinden, warum bspw. für die CO2-Emission eine -0,4 vergeben wird: Häufig werden Flüge mit der American Express Karte bezahlt, also schlägt die negative Klimawirkung der Flugbranche auch auf American Express durch. Nun kann man sich selbst überlegen und das System entsprechend konfigurieren, welche Kriterien für einen selbst wichtig sind bzw. wie stark die unterschiedlichen Kriterien gesichtet werden sollen, um eine Kennziffer zu errechnen, die den Netto-Einfluss des Unternehmens auf Umwelt, Gesellschaft und Mitarbeiter wiedergibt. Sie sehen: Die Finanzwelt ist bereits in Bewegung. Das Thema ESG wird von verschiedenen Seiten angegangen. Wenn Sie interessante Ansätze kennen, lassen Sie es mich wissen. Ich werde für unsere Portfoliowerte ab sofort stets nach entsprechenden Informationen suchen, um mir ein Bild über deren "Aufrichtigkeit" zu machen. Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indizes in der abgelaufenen Woche entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES 16.01.2020 Woche Δ Σ '20 Δ Dow Jones 29.332 1,5% 2,4% DAX 13.526 0,3% 2,1% Nikkei 24.041 0,8% 1,6% Shanghai A 3.223 -0,5% 1,2% Euro/US-Dollar 1,11 -0,2% -0,9% Euro/Yen 122,20 0,4% 0,0% 10-Jahres-US-Anleihe 1,83% 0,01 -0,10 Umlaufrendite Dt -0,26% -0,02 -0,03 Feinunze Gold $1.558 -0,1% 3,0% Fass Brent Öl $64,69 -1,1% -6,0% Kupfer 6.231 1,3% 0,3% Baltic Dry Shipping 768 -0,5% -29,5% Bitcoin 8.737 11,8% 19,8% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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