Alt 29.07.15, 11:04
Standard Börse Schanghai beendet Talfahrt mit Plus von 3,4%
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TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones) - Die Börse in Schanghai hat am Mittwoch ihre dreitägige rasante Talfahrt fürs erste gestoppt. Nach dem Kursdebakel am Montag und den heftigen Schwankungen am Dienstag zeigte sich der Shanghai-Composite im Handelsverlauf mit deutlich geringerer Volatilität. Erst im Schlussgeschäft nahmen die Kursschwankungen stärker zu, als der Index doch noch kräftig zulegte und zum Ende des Börsentages 3,4 Prozent höher schloss bei 3.790 Punkten. Seit Donnerstag der Vorwoche hatte das Marktbarometer 11 Prozent an Wert verloren, den Großteil davon am Montag, als die Kurse durchschnittlich um 8,5 Prozent eingebrochen waren. Der Index der kleineren Börse in Shenzhen erholte sich um 4,1 Prozent. In Hongkong legte das Marktbarometer ebenfalls zu, aber nur leicht.

Die Kurse an den anderen Plätzen der Region wurden geprägt zum einen von der laufenden Quartalsberichtssaison, zum anderen aber auch von guten internationalen Vorgaben und der Vorsicht vor der im späteren Tagesverlauf erwarteten Zinsentscheidung der US-Notenbank. Die Verkündung der von der Fed für dieses Jahr avisierten ersten Zinserhöhung seit Jahren wird mehrheitlich zwar noch nicht erwartet. Gleichwohl hoffen die Akteure aber auf konkretere Signale, ob der Zinsschritt im September oder - nach zuletzt eher enttäuschenden US-Konjunkturdaten - womöglich doch erst später ansteht.

In Tokio gab der Nikkei-Index um 0,1 Prozent nach auf 20.302 Punkte. Gebremst wurde er von enttäuschten Quartalsberichten prominenter Unternehmen wie Fanuc, Tokyo Electron und Advantest. In Sydney legten die Kurse dagegen zu.

Marktbeobachter schrieben die Erholung in China den diversen in den vergangenen Tagen von offizieller Seite angekündigten Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes und Beruhigung der handelnden Akteure zu. "Noch ist es zwar viel zu früh davon zu sprechen, dass der Markt ein stabileres Niveau gefunden hat, (...) es scheint aber so, dass die Ankündigungen zur Unterstützung des Marktes, die den Investoren Vertrauen einflößen sollen, zu greifen beginnen", kommentierte Gerry Alfonso, Handelsdirektor bei Shenwan Hongyuan Securities, die Entwicklung in Schanghai.

Am Dienstag hatte die Wertpapieraufsicht des Landes Untersuchungen dazu angekündigt, ob hinter dem Kursabsturz vom Montag koordinierte Verkäufe stehen. Bereits am späten Montag hatten die Marktregulierer angekündigt, ihre Bemühungen zur Stabilisierung des Marktes noch zu verstärken. "Der Markt muss wieder Wohlstandseffekte erzeugen, erst dann werden die Anleger wieder Vertrauen zurückgewinnen", brachte Analyst Tang Yonggang von Shenwan Hongyuan Securities die eigentliche Problematik der Stabilisierungsanstrengungen auf den Punkt.

Beobachter berichteten unterdessen von einem veränderten Verhalten der Akteure. Sie hätten ihre Käufe und Verkäufe am Mittwoch zunächst stärker auf Nebenwerte konzentriert, nachdem die als sichere Häfen geltenden Blue Chips am Montag massiv unter dem Rückzug von Fonds gelitten hätten. Das könnte sich aber schnell wieder ändern, glaubt Alfonso, sollte es bei den Nebenwerten zu einer weiteren Ausverkaufswelle kommen.

Unterdessen sank das Volumen der im Zuge des Kurseinbruchs seit dem Hoch Mitte Juni in Verruf geratenen kreditfinanzierten Aktiengeschäfte weiter. Laut Daten von Wind Information ging es am Dienstag weiter zurück von 1,43 auf 1,38 Billionen Yuan (umgerechnet rund 200 Milliarden Euro), das niedrigste Niveau seit dem 19. März. Zudem geht aus anderen Daten hervor, dass als Folge der Marktverwerfungen die Zahl neu eröffneter Konten für Aktiengeschäfte in der Woche zum 24. Juli im Vergleich zur Vorwoche um 26 Prozent auf gut 390.000 gesunken ist.

Bei den Einzelwerten brachen Fanuc in Tokio um fast 11 Prozent ein. Der Hersteller von Robotern und Werkzeugmaschinen sorgte mit einem gesenkten Gewinnausblick für Enttäuschung. Analysten schätzen, dass sich die von Fanuc zur Begründung angeführte Nachfrageschwäche auf das Smartphone-Geschäft bezieht. Advantest litten unter einer um rund 5 Prozent gesenkten Prognose für den Auftragseingang im ersten Geschäftshalbjahr. Der Chiphersteller revidierte zugleich zwar sein operatives Gewinnziel nach oben und bestätigte den Ganzjahresausblick, dennoch gab die Aktie um fast 8 Prozent nach.

Für Tokyo Electron ging es um 11,4 Prozent ebenfalls steil abwärts nach einem gesenkten Ausblick für das Gesamtjahr. Darin spiegelten sich niedrigere Investitionen insbesondere der Mikroprozessorhersteller wider, hieß es von Analysten.

Amir Anvarzadeh, Aktienstratege bei BGC Partners befürchtet, dass dies erst der Anfang einer längeren Abwärtsbewegung bei den Herstellern von Elektronikbauteilen ist. "Wir glauben, dass wir eine längere Talfahrt vor uns haben angesichts deutlich schwierigerer Jahresvergleiche für die Apple-Zulieferer, weiterer Schwäche bei den Android-Geräten in einem schnell reifenden Markt und zweistelliger Umsatzrückgänge bei Tablets und PCs." Neben den genannten Aktien stehen auch Murata Manufacturing, Taiyo Yuden und Alps Electric unter Druck und gaben um bis zu 3,2 Prozent nach.

Kobe Steel büßten 2,7 Prozent ein. Das Unternehmen hatte mit seinen Erstquartalszahlen die Prognosen zwar knapp übertroffen, jedoch die Projektion für die Tochter Kobelco Construction Machinery deutlich gesenkt, begründet mit einem verlangsamten Wachstum in China und Südostasien.

Eine kleine Kursexplosion verzeichneten Toho Titanium. Nach besser als erwartet ausgefallenen Geschäftszahlen und einem angehobenen Ausblick schoss der Kurs um über 17 Prozent nach oben.

In Hongkong stand die Wiederaufnahme des Handels mit der am 30. Juni suspendierten Aktie von Air China im Fokus. Air China hatte zur Wiederaufnahme zwar starke Halbjahreszahlen angekündigt, die Aktie gab aber dennoch um 6,7 Prozent nach. Beobachter begründeten das Minus in erster Linie mit Nachholbedarf mit Blick auf die Kursturbulenzen an den chinesischen Aktienmärkten während der Zeit der Aussetzung. Zudem teilte die Fluglinie Details zu ihrer 12-Milliarden-Yuan schweren Kapitalerhöhung mit. Sie soll in erster Linie dem Flottenausbau dienen.

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