Beitrag gelesen: 486 x |
||
TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones) - Die Börsen in Ostasien haben am Montag mit Kursverlusten auf das "Nein" der Griechen im Referendum über weitere Sparauflagen reagiert. Von panikartige Ausverkäufen war aber nichts zu sehen. Der Nikkei-Index in Tokio verlor 2,1 Prozent auf 20.112 Punkte, in Sydney ging es um 1,1 Prozent nach unten und in Seoul um 2,4 Prozent.
Aus der Reihe schlugen die Börsen in Schanghai und Hongkong. In Schanghai sorgte eine Reihe von am Wochenende beschlossenen Maßnahmen der Regierung zur Stabilisierung des Aktienmarktes für Kursgewinne, in Hongkong büßte der Index gut 3 Prozent ein. Am Devisenmarkt stand der Euro zunächst unter Abgabedruck, erholte sich aber im Verlauf wieder fast auf das Niveau vom Freitag. Die Griechen haben mit gut 61 Prozent "Nein" zu den Sparvorschlägen der Gläubiger gesagt und ihrer Regierung damit den Rücken gestärkt. Während in Athen Tausende zu spontanen Freudenkundgebungen zusammenkamen, wurden europaweit Krisensitzungen anberaumt. Unklar ist, wie es nun in Europa weitergeht, zumal das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditgebern Griechenlands und dessen Ministerpräsident Alexis Tsipras als schwer belastet gilt. Unklar ist auch, ob die EZB die Notkredite für Griechenland aufstocken wird, um die Banken des Landes halbwegs am Leben zu halten, denen das Geld auszugehen droht. An den Finanzmärkten sorgte diese Gemengelage für Verunsicherung. Viele Anleger gingen daher zunächst auf Nummer sicher und verkauften Aktien bzw. flüchteten sich in vermeintlich sichere Häfen wie den Dollar und den Yen. Beide legten zum Euro zunächst deutlicher zu, der Yen außerdem zum Dollar auf 122,21, verglichen mit Tageshochs am Freitag von über 123 Yen je Dollar. Im Verlauf des Handels beruhigte sich die Lage aber wieder. Von seinem Ruf als sicherer Hafen einmal mehr nicht profitieren konnte das Gold. Die Feinunze zeigte sich mit 1.166 Dollar kaum verändert. Im Zaum gehalten werde der Goldpreis übergeordnet von der Erwartung steigender Zinsen in den USA, womit das Edelmetall an Attraktivität verliere, so Beobachter. Die wieder höhere Risikoscheu der Anleger machte sich dagegen beim Ölpreis negativ bemerkbar. Das Barrel der Nordseesorte Brent kostet nur noch 59,17 Dollar, verglichen mit 60,50 am Freitag. Auf die Ölpreise drückte aber auch die Ankündigung aus dem Iran, bei einer Aufgabe der westlichen Sanktionen die Ölexporte verdoppeln zu wollen. Damit würde das bereits jetzt preisbelastende Überangebot noch ausgeweitet. Insgesamt ähnelte die Reaktion an den Märkten jener vor einer Woche nach der Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras, die Griechen zu einer Volksabstimmung zu rufen. Vor Wochenfrist hatte sich die Stimmung an den Börsen nach einer ersten negativen Reaktion an den Folgetagen wieder deutlich entspannt. "Die Ablehnung kam nicht völlig überraschend, sie bringt Griechenland aber einem Ausstieg aus der Eurozone näher, wofür es bislang keinen Präzedenzfall gibt", sagte Analyst Masayuki Doshida von Rakuten Securities. "Viel von der Griechenland-Krise ist bereits letzten Montag eingepreist worden", vermutete Kenichi Hirano, CEO bei K Asset Management in Tokio mit Blick auf den seinerzeit stärksten Tagesverlust in Tokio seit Jahresbeginn. Ein Eigenleben führten die chinesischen Börsen. Der Shanghai-Composite stieg nach seinen drastischen Verlusten der Vorwoche um 2,4 Prozent. Gestützt wurde er von einer Reihe von Maßnahmen, die Peking am Wochenende beschlossen hat aus Sorge, dass der Kursverfall bei den Aktien von rund 30 Prozent in den vergangenen drei Wochen auf die Realwirtschaft überspringen könnte. Beschlossen wurde eine vorläufige Aussetzung neuer Börsengänge, weil diese dem Aktienmarkt Liquidität entziehen; außerdem die Schaffung eines Stabilisierungsfonds, an dem sich 21 Brokerhäuser beteiligen. Zudem stellte die chinesische Notenbank eine Liquiditätsspritze bereit. Sie stattet die zur Börsenaufsicht gehörende China Securities Finance mit zusätzlichem Kapital aus, das für kreditfinanzierte Aktienkäufe dienen soll. Zum Start des Handels am Montag war es daraufhin mit dem Marktbarometer in Schanghai zunächst um fast 8 Prozent nach oben gegangen. Zwischenzeitlich drehte der Index dann aber sogar kurz ins Minus, um dann doch wieder zu steigen. Das in dieser Form noch nie gesehene Vorgehen der Notenbank unterstreiche die Angst der Pekinger Regierung, dass erhöhte Nachschusspflichten einen freien Fall der Kurse an der Börse auslösen könnten, sagte Analyst Li Bin von Capital Securities. Gleichzeitig befürchtet er, dass die Maßnahmen keine allzu große Durchschlagskraft haben werden. "Eine solche Politik zielt auf die Stabilisierung des kurzfristigen Vertrauens in den Märkten ab, sie schafft es aber nicht, die Erwartung zu schüren, dass der Markt auf ein höheres Niveau steigen wird", sagte Jacky Zhang, Analyst bei BOC International. Sein Fazit: "Die Anleger dürften für ihre langfristigen Anlagen vorsichtig bleiben". Andere Marktexperten zeigten sich dagegen zuversichtlicher. Die Finanzaufsicht verfüge über noch weitere Mittel, um für eine Stabilisierung zu sorgen. Seien die kreditfinanzierten Aktienpositionen erst einmal bereinigt, dürften die Akteure wieder risikobereiter werden, hieß es bei HSBC. Das überdurchschnittliche Minus in Hongkong, zugleich das größte Tagesminus seit 2012, erklärten Beobachter damit, dass einige Anleger angesichts der beschlossenen Stützungsmaßnahmen kurzfristig eher die Nachbarbörsen in Festlandchina favorisiert haben dürften. Nachdem sich in den vergangenen Wochen der Hongkonger Markt überraschend robust gegenüber den teils massiven Tagesschwankungen in Schanghai gezeigt habe, könnte es nun auch hier zu verstärkter Volatilität kommen, meinte ein Teilnehmer. Allerdings sei das Bankensystem in Hongkong sehr liquide, um damit gut zurechtzukommen. Im Tagesverlauf hatte der Hang-Seng-Index schon über 5 Prozent zum Vortag eingebüßt. Zu den größten Verlierern in Tokio gehörten Aktien aus dem Finanzsektor wie Sumitomo Mitsui Financial Group, Daiwa Securities Group und Dai-ichi Life mit Einbußen bis 4 Prozent. Toshiba fielen um 2,7 Prozent, belastet von der Nachricht, dass das Unternehmen womöglich seine operativen Ergebnisse zwischen 2009 und 2013 neu ausweisen muss. Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com DJG/DJN/gos/smh Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|