Alt 29.06.15, 11:21
Standard Griechendrama stürzt Börsen ins Minus
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TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones) - Panikartige Verkäufe hat es zwar nicht gegeben, die Börsen in Ostasien haben aber dennoch am Montag wie erwartet mit kräftigen Verlusten auf die Zuspitzung im Griechenland-Drama reagiert. Im Schnitt ging es um über 2 Prozent abwärts mit den Kursen. Am Wochenende war die Lage durch die von Ministerpräsident Alexis Tsipras anberaumte Volksabstimmung eskaliert. Zudem wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt und Inländer dürfen maximal noch 60 Euro je Tag von ihren Konten abheben. Die Banken in Griechenland wie auch die Athener Börse sollen erst am 7. Juli wieder öffnen.

Insgesamt ist eine Pleite Griechenlands dramatisch näher gerückt, denn die Geldgeber des Landes haben das Ersuchen Athens abgelehnt, das Hilfsprogramm bis über das Referendum am 5. Juli hinaus auszudehnen. Damit ist auch die Gefahr eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone gestiegen, nachdem zum Ende der Vorwoche an den Finanzmärkten noch eine Einigung zwischen beiden Seiten in letzter Minute gespielt wurde. Die Anleger gingen angesichts dieses Szenarios auf Nummer sicher und trennten sich von Aktien.

Am Devisenmarkt geriet der Euro auf breiter Front unter Druck. Von Ständen um 1,1160 am späten Freitag in den USA fiel er zeitweise auf deutlich unter 1,10 Dollar zurück. Zuletzt zeigte er sich mit 1,1089 Dollar wieder deutlich davon erholt. Der in Krisenzeiten immer wieder als sicherer Hafen gesuchte Yen legte dagegen zu, nicht nur zum Euro sondern auch zum Dollar. Die US-Devise kostete zuletzt 122,80 Yen nach 123,88 am Freitag.

Das ebenfalls als Krisenhafen geltende Gold konnte von der Verunsicherung der Finanzmärkte über die Entwicklung im Schuldendrama dagegen kaum profitieren. Die Feinunze kostete 1.179 Dollar nach 1.175 am Freitag. Die Ölpreise gaben etwas nach aus Sorge darüber, dass die Probleme Griechenlands Ansteckungseffekte nach sich ziehen und damit auch die globale Ölnachfrage negativ tangieren könnten.

Der Nikkei-Index in Tokio verlor 2,9 Prozent auf 20.109 Punkte, in Sydney ging es um 2,2 Prozent abwärts, in Seoul um 1,4 Prozent. "Der Frust über Griechenland versetzt die Märkte global in Aufruhr. Das dürfte einige Tage so bleiben. Für Anleger, die schon investiert sind, scheint es sinnvoll, den Sturm auszusitzen", rät Aktienexperte Nicholas Smith von CLSA.

Besonders unter Druck standen in Tokio wie üblich bei einem anziehenden Yen die Aktien von exportsensitiven Unternehmen. Dennoch gab es auch positive Stimmen: "Der Ausverkauf heute könnte für vorausschauende Anleger eine sehr gute Kaufgelegenheit bieten", sagte Fondsmanager Naoki Fujiwara von Shinkin Asset Management. "Die breiten Ausverkäufe haben nicht mehr die ganz große Schärfe und dauern auch nicht mehr so lange dank der Unterstützung durch die Zentralbank, staatliche Pensionsfonds und andere große Anleger, sowohl heimische als auch ausländische", begründete er seine Zuversicht. Außerdem beeindrucke der Nikkei-Index immer noch mit seinem Aufwärtsdrang. Seit Jahresbeginn liegt er gut 15 Prozent im Plus.

Ganz konkret bekamen die Kurse koreanischer Werften die Krise in Griechenland zu spüren. Hier ging die Angst um, dass zum einen die Aufträge aus Griechenland und auch allgemein zurückgehen könnten und es zum anderen zu Problemen beim Bezahlen bereits laufender Aufträge für neue Schiffe kommen könnte. Hyundai Heavy verloren 6,4 Prozent und Daewoo 6,8 Prozent

Ein Eigenleben führte wieder einmal die chinesische Börse. Hier setzte sich der panikartige Kursabsturz der vergangenen Tage nach der monatelangen Rally unvermindert fort, obwohl die chinesische Notenbank am Wochenende mit einer drastischen Zinssenkung aufgewartet hatte. Sie senkte erstmals gleichzeitig die Leitzinsen und die Höhe der Reserven, die bestimmte Institute vorhalten müssen. Beide Schritte sollen dazu führen, die Kreditkosten zu senken und zur "Wachstumsstabilisierung" beitragen, wie die People's Bank of China mitteilte. Aber auch den anhaltenden Kursverfall an den chinesischen Börsen dürften die Währungshüter mit ihrer normalerweise die Kurse stützenden Zinssenkung im Auge gehabt haben.

Tatsächlich half die Zinssenkung nur zu Beginn des Handels, ehe die Kurse im Verlauf in einen rasanten Sturzflug übergingen. Phasenweise lag der Shanghai-Composite mit 7,5 Prozent im Minus. Am Ende reduzierte sich das Minus auf immer noch stattliche 3,3 Prozent. Damit verringerte sich das Plus seit Jahresbeginn weiter von vor kurzem noch 55 auf etwa 25 Prozent. Allein seit dem 20. Juni hat der Index rund 20 Prozent verloren und befindet sich nach der Definition der Börsianer damit im Bärenmodus.

Die späte Erholung führten Marktbeobachter auf beruhigende Aussagen der Finanzmarktaufsicht zurück, wonach das Geschäft mit kreditfinanzierten Aktienkäufen immer noch wachsen könne. Aktienhandelsexperte Yunfeng Wu verwies zudem auf Zeichen dafür, dass staatlich gelenkte Fonds versuchten, den Markt mittels Käufen von Schwergewichten vor weiteren Einbußen zu schützen.

"Es ist immer noch zu früh, auf eine nachhaltige Erholungsrally zu setzen. Dafür ist unsere Konjunktur einfach zu schwach", so ein Anlageexperte. Andere Analysten begründeten die fortgesetzten Abgaben in Schanghai mit Notverkäufen von Anlegern, die ihre Aktienkäufe kreditfinanziert hätten und nun ihre Kredite zurückzuzahlen müssten. "Die Lage hat sich noch ganz und gar nicht beruhigt. Einige institutionelle Teilnehmer bereinigen immer noch ihre Positionen. Die geldpolitischen Lockerungen reichen nicht aus, die Panik der vergangenen beiden Wochen aus dem Markt zu nehmen", kommentierte Zhang Gang, Analyst bei Central China Securities.

Der Absturz vom Freitag habe am Montag ganze Schübe von Nachschusspflichten für kreditfinanzierte Käufe ausgelöst, sagte Marktstratege Hao Hong von der Bank of Communications. Der Berufshandel dürfte vor diesem Hintergrund erst einmal verkaufen und dann versuchen, die kurzfristige Volatilität des Marktes für sich zu nutzen.

Unter den Einzelwerten in Sydney verzeichneten Rohstoffaktien die stärksten Einbußen. Woodside Petroleum verloren 2,4 Prozent und Origin Energy 3,5 Prozent. Gegen den Trend zulegen konnten einige Goldförderer wie Newcrest Mining, OceanaGold, Alacer Gold und Evolution Mining. Im Bankensektor reichten die Verluste bis 3,1 Prozent.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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