Alt 16.01.15, 13:59
Standard Börsen in Zürich und Athen sehr schwach
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Die Börse in Zürich handelt auch am Freitag deutlich im Minus. Am "Tag eins" nach der überraschenden Aufhebung der Kursbindung des Franken an den Euro durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) müssen sich die Marktteilnehmer erst einmal sortieren. "Viele Investoren lecken nun ihre Wunden", so ein Marktteilnehmer. Während die Aktien in der Schweiz weiter unter dem festen Franken leiden, steigen die Staatsanleihen. Am Vormittag sind damit die Renditen der Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren in den negativen Bereich gerutscht. Der SMI, das Kursbarometer am Schweizer Aktienmarkt, verliert knapp 5 Prozent.

Deutlich nach unten geht es auch an der Börse in Athen, der Leitindex dort verliert 4 Prozent. Dass immer mehr Griechen ihr Geld außer Landes schaffen, belastet. Relativ gut hält sich der DAX, der 0,2 Prozent auf 10.046 Punkte zulegt. Der Euro-Stoxx-50 wird durch die Kursgewinne im Ölsektor gestützt, der Index notiert 0,4 Prozent fester bei 3.173 Punkten. Auch der kleine Verfalltermin an der Eurex stützt.

Die Entscheidung der SNB dürfte noch lange Zeit für Nachwehen sorgen. An der Börse in Zürich summieren sich die Kurseinbußen seit Vortag auf fast 15 Prozent. Der Schweizer Franken stabilisiert sich zum Euro leicht unterhalb der Parität, der Euro wird mit 1,015 Franken bezahlt. Am Vortag war der Franken gegen einen Korb weltweiter Devisen um rund 15 Prozent nach oben geschossen.

Lutz Karpowitz von der Commerzbank führt die Stabilisierung des Euro gegen den Franken auf Interventionen der Schweizer Nationalbank zurück. "Gestern hat die SNB ganz offen am Markt interveniert", sagt der Devisenanalyst. Auch in den kommenden Tagen könne die SNB mit offenen wie verdeckten Euro-Käufen gegen Franken versuchen, das Währungspaar an der Parität zu halten. "Man hat gestern gesehen, wie stark der Franken steigen kann. Derart hohe Franken-Kurse kann die Notenbank einfach nicht hinnehmen", sagt Karpowitz. Der Euro war am Donnerstag in der Spitze auf unter 0,86 Franken eingebrochen.

Einige Hedgefonds dürften die extreme Volatilität nicht überlebt haben, so ein Händler. Notverkäufe seien daher wahrscheinlich. "Es ist ziemlich sicher, dass die Explosion in der Devisenvolatilität gestern einige Opfer unter den zu hoch gehebelten Spielern gefordert hat", sagt ein Händler. Problematisch könnte werden, dass sie in allen Asset-Klassen abverkaufen würden, wenn sie dringend Geld brauchen. Dies könnte auch unbeteiligte Aktien treffen.

Bei den schweizerischen Einzelaktien geht es ebenfalls weiter abwärts: So fallen Roche um über 4 Prozent, Nestle um 3,6 Prozent und Credit Suisse um 5,7 Prozent. Queerbeet hagelt es Abstufungen und Kurszielsenkungen für eidgenössische Aktien. Alle Analysten von Goldman Sachs bis Exane BNP begründen dies mit der gesunkenen Wettbewerbsfähigkeit nach der Franken-Explosion vom Vortag.

Umgekehrt werden Schweizer Unternehmen aktiv als Übernehmer: Die neue Stärke des Franken hat ihre Kaufkraft beträchtlich erhöht. So teilte Roche am Morgen mit, dass der Pharmariese in Frankreich das Biotechnologieunternehmen Trophos für bis zu 470 Millionen Euro kaufen wird.

Im DAX leiden Lufthansa unter ihrer Schweiz-Beteiligung SwissAir und fallen 3,4 Prozent. Zudem hat die Credit Suisse die Lufthansa-Aktie auf "Underperform" nach "Neutral" gesenkt.

Stützend für die Märkte wirkt aber die gestiegene Überzeugung, dass die EZB in der kommenden Woche ein Wertpapierkaufprogramm bekanntgeben wird. Gerade die Aktion der SNB habe unterstrichen, dass dies sehr wahrscheinlich sei. "Tatsächlich hat die SNB den Märkten gestern indirekt gesagt, dass sie überzeugt davon ist, dass QE auf dem Weg ist", sagt Stan Shamu, Marktstratege von IG.

Mit einer kräftigen Erholung hat der Ölpreis auf Aussagen der International Energy Agency (IEA) reagiert. Laut der IEA ist eine Erholung des Ölpreises in Sicht. Für Brent und WTI geht es daraufhin knapp 3 Prozent nach oben. Eine unmittelbare Preiserholung steht laut der IEA zwar nicht zu erwarten, aber das Schlimmste könnte überstanden sein. In Europa stellt der Sektor der Öl- und Gaswerte den Gewinner, der um 2 Prozent zulegt.

Erstmalig seit Ausbruch der Finanzkrise ist der europäische Automarkt 2014 nach sechs Negativjahren wieder gewachsen. Im Gesamtjahr 2014 lag der Zuwachs bei 5,4 Prozent auf 13 Millionen Einheiten. Auch wenn die Entwicklung nicht mit der in den USA oder China vergleichbar ist, so ist doch bemerkenswert, dass gerade die von der Schuldenkrise am heftigsten betroffenen Länder Portugal, Irland und Griechenland die stärksten Zuwächse verzeichnen konnten. VW steigen 0,8 Prozent, Daimler 0,7 Prozent und BMW 0,5 Prozent. Für Fiat geht es 0,8 Prozent nach oben, Renault legen 1,1 Prozent zu.

An den Rentenmärkten geht es weiter aufwärts. Der Bund-Futures springt kurzfristig auf ein neues Rekordhoch bei fast 158 Prozent. In den USA waren die Renditen zehnjähriger Anleihen am Donnerstag den fünften Tag in Folge und auf den tiefsten Stand seit 20 Monaten gefallen. "Die Unsicherheit bringt eine Flucht in die Sicherheit von Staatsanleihen", sagt Larry Milstein von R.W. Pressprich. "Die Tatsache, dass die SNB das Handtuch geworfen hat, erschüttert das Vertrauen der Investoren. Zwar ist die Schweizer Wirtschaft relativ klein, der psychologische Effekt auf die Märkte sorgt aber für Umschichtungen in sichere Bonds."

Der Goldpreis kommt leicht zurück, was Marktteilnehmer als positives Signal empfinden. Gold war nach der SNB-Entscheidung nach oben geschossen, weil Anleger in sichere Häfen flüchteten.

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