Alt 31.12.14, 15:03
Standard Ölpreis sorgt 2014 für maues Jahr an Europas Börsen
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Für die wenigen europäischen Börsen, die an Silvester zu verkürzten Sitzungen noch geöffnet waren, ging das Jahr 2014 versöhnlich zu Ende. Der Euro-Stoxx-50 stieg am Mittwoch um 0,3 Prozent auf 3.146 Punkte. Während die Börse in Madrid kaum verändert schloss, verzeichneten London, Paris und Amsterdam Gewinne, die von 0,3 bis 0,7 Prozent reichten.

Die belastenden Themen der vergangenen Tage, der Ölpreisverfall und die bevorstehenden Neuwahlen in Griechenland, schienen am letzten Tag des alten Jahres abgehakt. Dass der HSBC-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in China im Dezember auch in der endgültigen Lesung unter der Expansionsschwelle lag, schien die Anleger ebenfalls nicht zu stören.

China hat unter den allen Ländern der Erde den zweithöchsten Ölverbrauch. Schwächelt dort die Konjunktur, so könnte sich das Problem des Überangebots an Öl noch verschärfen. Was die Aktienbörsen kalt ließ, belastete den Ölmarkt. Der Preis für ein Barrel der europäischen Referenzsorte Brent fiel am frühen Mittwochnachmittag um 3,1 Prozent auf 56,10 Dollar.

Am Devisenmarkt kostete der Euro rund 1,2135 Dollar. Seit Jahresbeginn hat die Gemeinschaftswährung zum Greenback um fast 12 Prozent abgewertet.

Für viele Börsen endete das Jahr indessen schon am Dienstag. So auch für den deutschen Markt. Im Schlussspurt drückte dabei erneut der Preisrutsch im Rohöl auf die Kurse. Der DAX gab um 1,2 Prozent nach auf 9.805 Punkte. Auf Jahressicht konnte er damit nur noch 2,65 Prozent zulegen. Damit hat sich der deutsche Leitindex aber besser geschlagen als der Euro-Stoxx-50, der nur eine magere Rendite von 1,2 Prozent aufzuweisen hat.

Investoren sind hier besseres gewöhnt: Im vergangenen Jahr war der Blue-Chip-Index um 18 Prozent gestiegen und ein Jahr davor um 14 Prozent. Mit Europas Börsen hatten Anleger damit unter dem Strich nicht viel Freude. Lediglich Börsen wie die der Schweiz, die von starken Pharma-Werten profitierten, konnten deutlicher zulegen. Die Wirtschaft in der Eurozone ist aber trotz historisch niedriger Zinsen nicht in Fahrt gekommen. Deflationäre Tendenzen sprachen auch nicht gerade für Aktienkäufe.

Der Einbruch des Ölpreises erwischte die Investoren in diesem Jahr vollkommen auf dem falschen Fuß. Im Schnitt hatten Analysten zum Ende 2014 mit einem Ölpreis von deutlich über 100 US-Dollar für die Nordseesorte Brent gerechnet. Stattdessen halbierte sich der Preis von August bis Dezember nahezu und rutschte unter 60 Dollar. Das dürfte zwar in den kommenden Quartalen zunehmend als Konjunkturmotor wirken, lastete aber schwer auf den Aktien der Öl- und Gasproduzenten. Der Sektor büßte 15 Prozent ein.

"Die Preise von Energieträgern sind stark gefallen, sie spiegeln die weltweit schwache Nachfrage bei gleichzeitig steigendem Angebot wider", sagt Roland Kaloyan von der Societe Generale. Weil Ölkonzerne wie BP, Royal Dutch Shell und Total in den Aktienindizes schwer gewichtet sind, verhinderte deren Kurseinbruch größere Gewinne an vielen europäischen Börsen. Zumal die "Big Oils" ausgewiesene Dividendenzahler sind und die Ausschüttungen an die Aktionäre künftig nicht mehr so üppig sprudeln dürften wie bisher.

Davon können Investoren in Russland ein Lied singen. Die Moskauer Börse ist in diesem Jahr um 45 Prozent eingebrochen. Die Krise in der Ukraine, die Sanktionen gegen Russland und der Ölpreisverfall waren zu viel für die Nerven der Anleger. Um den Einbruch des Rubel zu bremsen, schraubte die Notenbank den Leitzins hoch auf 17 Prozent. "Das gibt den Banken etwas Zeit, ihre Bücher zu bereinigen, aber die Zuspitzung der finanziellen Risiken dürfte die Rezession Anfang nächsten Jahres noch verschärfen", sagt Jevgeny Koshelev von der Rosbank.

Profiteure des einbrechenden Ölpreises sind die Fluggesellschaften. Der europäische Branchenindex der Reisewerte sprang um über 17 Prozent nach oben. Doch hier trennt sich die Spreu klar vom Weizen: Während die angelsächsischen Airlines EasyJet, Ryanair und IAG zwischen 13 und stolzen 57 Prozent zulegen konnten, mussten die Lufthansa und Air France-KLM wegen Streiks und zunehmender Konkurrenz gleich mehrmals die Gewinnziele senken. Lufthansa sind seit Jahresbeginn um 8 Prozent gefallen. Air France-KLM beendeten das Börsenjahr nach einem äußerst volatilen Verlauf mit einem kleinen Plus.

En vogue waren in diesem Jahr Pharma-Aktien. Fusionen und Übernahmen trieben die Bewertungen großer europäischer Pharmakonzerne in die Höhe. Bayer verkauft das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten für 14 Milliarden Dollar an Merck & Co und bringt die Kunststoffsparte an die Börse. AstraZeneca musste sich eines Übernahmeversuchs durch Pfizer erwehren und erhielt dabei sogar Rückendeckung durch den britischen Premier David Cameron. Der Pharmasektor legte um fast 18 Prozent zu.

Novartis übernimmt für 14,5 Milliarden Dollar das Geschäft mit Krebsmedikamenten von GlaxoSmithKline. Roche kauft für 8,3 Milliarden Dollar die auf Lungenerkrankungen spezialisierte Intermune. Novartis-Aktien sprangen in diesem Jahr um 34 Prozent nach oben und Roche um 12 Prozent. Weil beide Titel im Zürcher Leitindex SMI schwer gewichtet sind, konnte dieser auf Jahressicht um fast 10 Prozent zulegen. Damit liegt der Schweizer Markt unter den europäischen Börsen ganz vorn.

Auf dem Bankensektor lasteten 2014 milliardenschwere Strafzahlungen europäischer Geldhäuser in den USA ebenso wie die immer deutlicher werdenden Folgen der Regulierung der Finanzbranche. Auch die historisch niedrigen Zinsen erschweren die Geschäfte, vor allem am Bondmarkt. Und angesichts der schwachen Konjunktur hält sich die Kreditnachfrage von Unternehmen nach wie vor in engen Grenzen.

Europas Bankensektor gab um 3 Prozent nach. Weil Banken im Euro-Stoxx-50 mit fast einem Fünftel gewichtet sind, hielt auch der schwache Bankensektor den Blue-Chip-Index zurück. Allerdings waren die Unterschiede innerhalb des Sektors groß. Während beispielsweise Aktien der Deutschen Bank wegen zahlloser Ermittlungen und Klagen um 23 Prozent nachgaben, schossen Papiere der italienischen Intesa Sanpaolo um 38 Prozent nach oben. Sie profitierten vor allem von der Aussicht auf Bondkäufe durch die EZB.

Größter Verlierer im Euro-Stoxx-50 waren Airbus, die 2014 um über 25 Prozent eingebrochen sind. Kurz vor dem Jahresende kündigte das Management vor Investoren an, dass 2015 und 2016 die Gewinne wohl nicht steigen dürften. Das brachte den Aktienkurs, der zuvor wegen stornierter Airbus-Bestellungen bereits gefallen war, zusätzlich unter Druck.

Größter Gewinner im Euro-Stoxx-50 waren die Papiere des französischen Telekomanbieters Orange, die um 66 Prozent haussierten. Anfang März trieben Aussagen zur Dividende und eine optimistische Prognose den Kurs nach oben. Dieser Ausblick bewahrheitete sich im weiteren Jahresverlauf, was weitere Käufe nach sich zog.

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