Alt 28.11.14, 12:32
Standard Ölpreisverfall sorgt für Gewinner und Verlierer
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Der Einbruch beim Ölpreis hinterlässt seine Spur am Aktienmarkt. Dabei gibt es Gewinner, aber auch Verlierer. Zu den Gewinnern gehören zum Beispiel die Fluglinien, die nun den Treibstoff billiger einkaufen können. Auch der deutsche Aktienmarkt soll einer Studie der Societe Generale zufolge zu den Gewinnern gehören. Die Verlierer kommen aus dem Sektor der Öl- und Gaswerte, deren europäischer Sub-Index um 4 Prozent einbricht. Dies belastet vor allem den Stoxx-50-Index mit den britischen Schwergewichten aus der Öl-Industrie, der am Mittag um 0,6 Prozent nachgibt. der DAX notiert mit einem Abschlag von 0,4 Prozent bei 9.937 Punkten.

Die OPEC-Länder konnten sich auf ihrer Sitzung am Vortag nicht auf eine Drosselung der Förderquoten einigen. Der Erdölpreis brach daraufhin um mehr als 6 Prozent ein und zog auch den Gaspreis mit in den Keller. Grundsätzlich sind fallende Rohstoffpreise zwar positive Nachrichten für die Konjunktur und die zukünftigen Unternehmensgewinne. Für die betroffenen Sektoren bedeuten die nachgebenden Preise aber einen schweren Belastungsfaktor.

Nach Einschätzung der Commerzbank droht ein erhebliches Überangebot an den Ölmärkten. Die Opec habe mit der Bestätigung ihres Produktionsziels klar gezeigt, dass sie noch nicht bereit sei, ihre Marktanteile zu opfern, um das Angebot an die Nachfrage anzupassen, so Analystin Barbara Lambrecht. Barclays schließt einen kurzfristigen Rückgang bei Brent auf 64 Dollar je Barrel nicht aus. Aktuell notiert ein Barrel der Sorte Brent bei knapp 73 Dollar.

Der Hauptprofiteur eines Ölpreises im freien Fall steht für den Aktienstrategen Michael Suen von der Societe Generale fest: "Der DAX dürfte am meisten vom fallenden Ölpreis profitieren". Um knapp 7 Prozent könne der deutsche Leitindex auf Monatssicht allein nach einem "Schock" durch den auf 70 US-Dollar eingebrochenen Ölpreis zulegen. Die Kursverluste des DAX am Freitag wertet Suen als unmittelbare Schockreaktion, auf die jedoch eine positive Kursreaktion folgen dürfte.

Deutschland zähle zu den acht größten Ölimporteuren. Vielen Unternehmen, auch den börsengelisteten, dürfte der niedrige Ölpreis Entlastung bei den Kosten bringen. Und den privaten Konsum dürften sinkende Ausgaben für Treibstoff und Heizung ebenfalls ankurbeln.

Die großen Verlierer sind die Unternehmen aus der Öl- und Gas-Industrie sowie deren Zulieferer. So brechen Premier Oil um gleich 12 Prozent ein, das Unternehmen ist in der Förderung von Öl tätig. Die Aktie des Öl- und Gaskonzerns Statoil, mit dem Großaktionär Norwegen, verliert 8,5 Prozent. Aber auch die Aktie von British Gas notiert 7,6 Prozent leichter.

Der Sektor war bei den Investoren beliebt, weil er sichere Einnahmen generiert und durch Aktienrückkäufe und hohe Dividenden an die Aktionäre gedacht hat. Mit einem niedrigen Ölpreis besteht die Gefahr, dass die Unternehmen in der Zukunft die Dividenden kürzen oder das Aktienrückkaufprogramm zurückfahren. Momentan wird an der Börse diese mögliche Entwicklung eingepreist. Wann der Preisverfall im Öl - und damit auch bei den Aktien aus dem Sektor - gestoppt wird, ist momentan nicht abzusehen.

Auch der Chemiesektor kann sich dem fallenden Ölpreis nicht entziehen und gibt 0,5 Prozent nach. Im DAX verlieren BASF-Aktien 2,0 Prozent. "Der Kursrutsch begann gestern Nachmittag absolut zeitgleich mit dem Preisverfall bei Öl", sagt ein Händler. Die Societe Generale merkt hierzu an: "BASF ist der einzige große Chemiekonzern, der noch immer ein bedeutendes Öl- und Gasgeschäft hat". Dies mache etwa ein Fünftel der Gewinne aus. "Ein niedriger Ölpreis ist negativ", lautet das Fazit der Analysten.

Der Ölpreisverfall hinterlässt auch bei E.ON seine Spuren, wie ein Händler sagt: "RWE trennt sich ja gerade vom künftig unlukrativen Ölgeschäft. Aber bei E.ON dürften hier die Erträge stark nachgeben". Die Societe Generale schätzt, dass bei einem Ölpreis von 70 US-Dollar je Barrel der Gewinn je Aktie von E.ON im kommenden Jahr um 7 Prozent belastet wird, 2016 um 12 Prozent und 2017 um 9 Prozent. Für 2015 sei E.ON im Fördergeschäft zu 50 Prozent gehedgt. E.ON verlieren 0,6 Prozent. RWE legen dagegen um 0,1 Prozent zu.

Gewinner des Ölpreiseinbruchs sind unter anderem die Fluggesellschaften. Treibstoffkosten stellen für die Airlines einen der größten Kostenpunkte überhaupt dar. Der Reisesektor steigt europaweit 0,7 Prozent. Im DAX zieht das Lufthansa-Papier 3,4 Prozent an. Hier stützt auch eine Kaufempfehlung der UBS.

Am Devisenmarkt rückt das Goldreferendum in der Schweiz am kommenden Wochenende in den Blick. Sollten die Eidgenossen für die Initiative stimmen, müsste die Schweizer Notenbank (SNB) den Goldanteil in der Bilanz massiv ausbauen. Beobachter sind sich uneins, ob die SNB dann noch willens wäre, den Euro-Mindestwechselkurs von 1,20 Franken zu verteidigen. Am Mittag notiert der Euro bei 1,2017 Franken. Bei der jüngsten Umfrage lag das "Nein"-Lager vorn. Der Vorsprung ist aber nicht gerade komfortabel, so die Commerzbank, zumal der Anteil derer, die noch unentschieden sind, mit 15 Prozent noch recht hoch war.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

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